ALIX PARTNERS: US-BERATUNG KAUFT DEUTSCHEN KONKURRENTEN

Die auf Restrukturierung spezialisierte Gesellschaft Alix Partners übernimmt eine bekannte Automobil-Beratung. Der Deal verändert die Branche und hat auch international Potenzial.

Alix Partners kauft in Deutschland erstmals zu. Die US-Beratung übernimmt den auf die Automobilbranche fokussierten Konkurrenten Berylls aus München. Das bestätigte Deutschlandchef Andreas Rüter dem Handelsblatt.

„Deutschland ist für uns ein strategisch wichtiger Wachstumsmarkt. Wir verstärken uns hier jetzt deshalb erstmals mit einer Übernahme“, erklärte Rüter (61) dem Handelsblatt. Das Beratungsgeschäft von Berylls sei „eine exzellente Ergänzung“.

Der Deal bewegt die Branche. Mit den rund 160 Beratern von Berylls hat Alix erstmals in Deutschland mehr Berater als der ebenfalls auf die Restrukturierung und Transformation von Unternehmen konzentrierte Erzkonkurrent Alvarez & Marsal aus den USA.

Alix und A&M haben seit einigen Jahren Krisenkonjunktur. Auch der zunehmende Transformationsdruck spielt ihnen in die Bücher: Zu den Kunden in Deutschland zählen unter anderem Thyssen-Krupp, Douglas, Siemens Energy, Bosch, Bayer oder Benteler.

Und damit nicht genug. Die Übernahme von Berylls ist auch international motiviert und ausgerichtet. „Gemeinsam“, erklärt Rüter im Gespräch, „wollen wir international die neue Nummer eins in der Beratung der Automobilindustrie werden und deren Transformation mit vorantreiben.“

Die Partner und Berater von Berylls, so Rüter weiter, hätten die Kontakte und die Expertise in der deutschen Automobilindustrie, die von Alix das internationale Netzwerk und das Know-how in Restrukturierung und Transformation. Auch kulturell stimme es. Berylls sei wie Alix eine nach wie vor durch den Gründer und die Partner geprägte Gesellschaft.

Das Geschäft der Restrukturierungsberater boomt

Mit Alix und Berylls verbünden sich zwei Schwergewichte zu einem wichtigen Zeitpunkt. Die Rezession beschert gerade den Restrukturierungsberatern von Alix und anderen ähnlich spezialisierten Beratungshäusern, den Sanierungsteams von Strategieberatungen wie McKinsey und Roland Berger sowie den entsprechenden Einheiten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften EY, Deloitte, KPMG und PwC beste Geschäfte.

Im Fokus der Krisenberater und Sanierer steht dabei die Automobilindustrie, die mit dem Wechsel zur Elektromobilität vor der größten Transformation ihrer Geschichte steht – und hohen Beratungsbedarf hat.

Berylls hat sich genau dort positioniert. Die Beratung wirbt mit ihrer Expertise in Produktion und Digitalisierung und ist auch in China, Korea und den USA vertreten.

Die Geschichte von Berylls ist kurz, aber erfolgreich. Vor 13 Jahren von Jan Burgard (50), Jan Dannenberg (61) und Andreas Radics (50) gegründet, hat sie sich zu einer der führenden Beratungen für die deutsche und europäische Automobilindustrie entwickelt. Die drei Gründer hatten sich nach Karrieren bei der Beratung Oliver Wyman und in der Autoindustrie selbstständig gemacht.

Kaufsumme im dreistelligen Millionenbereich

Bestätigung ihres Erfolgs kommt auch von außen: „Berylls ist die führende Automobilberatung in Deutschland. Die Berater und Partner schlagen selbst die Kollegen von McKinsey mit ihrer tiefen Expertise, insbesondere in Themen wie Software im Fahrzeug“, sagt Daniel Schwartmann, Geschäftsführer der auf die Beratungsbranche spezialisierten Investmentberatung Servteq Capital Advisors.

Schätzungen des Marktanalysten Lünendonk zufolge ist Berylls zuletzt stark gewachsen. Nach 50 Prozent plus zum Vorjahr betrug der Jahresumsatz 2022 rund 62 Millionen Euro. 2023 soll Berylls erneut um 30 Prozent auf knapp 80 Millionen Euro zugelegt haben.

Welchen Preis Alix Partners für Berylls gezahlt hat, darüber haben die Beteiligten Stillschweigen vereinbart. Branchenbeobachtern zufolge sind derzeit Preise zwischen dem Zwei- bis Dreifachen des Umsatzes in der Beratungsbranche üblich – je nach Profitabilität, Digitalisierungsexpertise und wie lange die Gründer und entscheidenden Partner sich verpflichten, dabei zu bleiben. Demnach könnte Alix rund 160 bis 240 Millionen Euro bezahlt haben.

Der Konsolidierungsdruck in der Branche ist hoch. Gerade die international führenden Beratungshäuser kaufen zu. Der deutsche Markt ist attraktiv, und Größenvorteile sind im Beratungsgeschäft durch Digitalisierung und Globalisierung entscheidender denn je.

Der börsennotierte IT-Beratungsriese Accenture verkündete erst vergangene Woche eine weitere Übernahme in Deutschland. Es war die vierte seit Beginn des Geschäftsjahrs im September hierzulande und der 24. Deal weltweit.

Alix Partners stammt wie Accenture aus den USA. Die nach ihrem Gründer Jay Alix benannte Gesellschaft wurde 1981 in New York gegründet und hat sich auf die Restrukturierung und Transformation von Unternehmen in Krisen konzentriert.

Zu Bekanntheit kam Alix durch prominente Fälle wie die Enron-Pleite in den 2000er-Jahren. Das Unternehmen hat heute rund 3500 Mitarbeiter weltweit in 25 Büros und steht für einen Umsatz von knapp zwei Milliarden US-Dollar. In Deutschland ist Alix seit 2003 vertreten. Nach einem Intermezzo mit dem Finanzinvestor CVC gehört Alix heute wieder mehrheitlich dem Gründer und geschäftsführenden Partnern.

Die drei Gründer von Berylls bleiben an Bord

Die Marke Berylls soll als „Berylls by Alix Partners“ bis auf Weiteres erhalten bleiben. Die Gründer bleiben nicht nur für mindestens vier Jahre in der Organisation, sie übernehmen auch Führungspositionen.

Jan Burgard, CEO und Mitgründer von Berylls, wird die Rolle des Co-Leaders der globalen Automobil- und Industriesparte von Alix übernehmen. Er sagt: "Wir machen weiter wie bisher. Wir wollen nun auch die Nummer eins in der Beratung der Automobilindustrie international werden."

Jan Dannenberg, geschäftsführender Partner und Mitgründer von Berylls, wird künftig gemeinsam mit Andreas Rüter das hiesige Geschäft von Alix leiten. Der Dritte im Bunde, Andreas Radics, soll die Integration von Berylls verantworten und die Einheit weiter leiten.

Wie das Handelsblatt aus der Branche erfahren hat, stand Berylls schon länger im Fokus von international positionierten Beratungen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Die Gespräche mit Alix sollen sechs Monate gedauert haben.

Zu einer Einigung kam es mit anderen Branchengrößen nicht, weil es kulturell nicht passte oder diese zum Teil andere Strategien verfolgen.

Alix ist nun führend in Deutschland

Die nun erste Übernahme von Alix in Deutschland wird das Beratungsgeschäft von Berylls Strategy Advisors und Berylls Mad Media und damit 160 Berylls-Mitarbeitende umfassen. Damit wird Alix in Deutschland, Österreich und der Schweiz eigenen Angaben zufolge auf über 400 Mitarbeitende wachsen – und damit den Erzkonkurrenten aus den USA, Alvarez & Marsal (A&M), deutlich überholen.

A&M kommt in der Region auf rund 300 Mitarbeiter. Die ebenfalls auf Restrukturierung spezialisierte Beratung ist seit 2002 in Deutschland aktiv und zuletzt auch stark gewachsen. International ist sie mit rund 7500 Mitarbeitern und rund drei Milliarden Dollar Umsatz deutlich größer als Alix.

Mit der Übernahme von Berylls hält Alix hierzulande zudem die Konkurrenz von FTI/Andersch weiter auf Abstand. Die börsennotierte US-Restrukturierungsberatung hatte vor einigen Jahren die deutsche Beratung Andersch übernommen und firmiert seitdem hierzulande als FTI/Andersch. Für sie arbeiten inzwischen eigenen Angaben zufolge in Deutschland rund 130 Mitarbeiter.

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