ALLEAKTIEN : BöRSENBRIEF-ANBIETER BUCHT UNERWARTETE ZAHLUNGEN AB

Einige ehemalige Kunden von AlleAktien sind wütend: Ihnen wurden nach eigenen Angaben 490 Euro abgebucht – für ein Jahresabo, das sie nicht wollten.

Florian P. staunte, als er jüngst seine Banking-App öffnete. Sein Konto war mit einer Lastschriftabbuchung von 490 Euro belastet, Zahlungsempfänger: „AlleAktien“. Doch sein Abonnement bei dem Börsenbrief-Anbieter habe er bereits im November 2023 gekündigt, sagte Florian P. dem Handelsblatt. Zum Beweis sendete er einen Screenshot der Kündigungsbestätigung, die er von AlleAktien erhalten hatte.

Als er sich testweise mit seinem alten Zugang auf der AlleAktien-Website einloggte, entdeckte er zu seiner Überraschung, dass er im System offenbar mit einem Jahresabo vermerkt ist.

So oder so ähnlich wie Florian P. geht es rund 50 weiteren Betroffenen, die sich an das Handelsblatt gewandt haben. Bei den meisten ist es dasselbe Schema: Sie haben laut eigenen Angaben ihr AlleAktien-Abo längst gekündigt, dennoch wurden im April entweder 490 Euro für ein Jahresabo abgebucht – oder die Buchung wurde vorgemerkt und von ihnen rechtzeitig verhindert.

So konnte beispielsweise Christopher M. erreichen, dass ihm sein Finanzdienstleister den Betrag erst einmal gutgeschrieben hat, schreibt er. Er habe sein Abo im September 2022 gekündigt, eine Kündigungsbestätigung sendete er als Beweis zu. Vergangene Woche sei seine Kreditkarte mit 490 Euro belastet worden, er habe den Betrag daraufhin bei seinem Finanzdienstleister reklamiert.

Diese beiden und drei weitere konkrete Fälle schilderte das Handelsblatt in einer Mail an AlleAktien. Das Unternehmen ließ die Anfrage durch einen Anwalt beantworten. Ihm zufolge hätten die genannten Personen „teilweise“ zwei Accounts und nur eine Mitgliedschaft gekündigt. „Teilweise“ hätte es noch offene Forderungen aus dem Vorjahr gegeben. Und „teilweise“ sei die „angebliche Kündigung“ nicht eingegangen.

Allerdings haben alle fünf Betroffenen dem Handelsblatt einen Screenshot einer Kündigungsbestätigung gesendet. Auch auf der Bewertungsplattform Trustpilot machen viele betroffene Kunden ihrem Ärger Luft. Der Anwalt betont, mehr als 80 Prozent der Bewertungen für AlleAktien hätten fünf Sterne. AlleAktien gehe davon aus, dass zahlreiche der negativen Bewertungen von Wettbewerbern stammen, die dem Unternehmen schaden möchten: „Bekanntlich kann jedermann bei Trustpilot Bewertungen abgeben, ohne überhaupt Kunde gewesen zu sein.“

AlleAktien: Von der Verbraucherzentrale verklagt

AlleAktien stand in der Vergangenheit in der Kritik, unter anderem wegen seiner Marketing-Methoden. Das Start-up verfasst Aktienanalysen und lädt sie auf seiner Website hoch. Lesen kann sie, wer aktuell 49 Euro im Monat oder 490 Euro im Jahr bezahlt.

Im Juni vergangenen Jahres erstritt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg am Landgericht München ein Urteil gegen AlleAktien. Grund war unter anderem, dass AlleAktien die Bestellschaltfläche, mit der Kunden ein Abo abschließen können, zeitweise nur mit dem Hinweis „Jetzt Mitglied werden“ beschriftet hatte. Laut der Verbraucherzentrale würde aber eine solche Beschriftung den gesetzlichen Vorgaben nicht genügen, da Verbraucher klar darüber informiert werden müssten, dass sie mit dem Betätigen des Buttons einen kostenpflichtigen Vertrag eingehen.

In einem weiteren Verfahren der Verbraucherzentrale gegen AlleAktien vor dem Landgericht Regensburg wurde dem Börsendienst unter anderem untersagt, an Verbraucher ohne deren ausdrückliche Einwilligung Werbemails zu senden.

Ende des vergangenen Jahres hat die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zudem AlleAktien abgemahnt. AlleAktien hat demnach eine Unterlassungserklärung abgegeben und sich unter anderem verpflichtet, nicht mehr damit zu werben, dass die von AlleAktien ermittelten und beworbenen Renditeergebnisse durch eine Studie belegt seien, wenn diese Studie von AlleAktien selbst durchgeführt wurde und der Verbraucher über diesen Umstand nicht informiert ist.

Lastschrift zurückgeben

Auf der Website, auf der die Verbraucherzentrale über ihre juristischen Erfolge informiert, finden Verbraucher zudem einen Musterbrief, mit dem sie Erstattungsansprüche geltend machen können. „Denn sofern die Bestellsituation nicht gesetzeskonform gestaltet wird, kommt ein Vertrag nicht zustande,“ heißt es vonseiten der Verbraucherzentrale.

Niels Nauhauser, der für die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die Klagen betreut hat, rät Betroffenen, die Lastschrift zurückzugeben. Zudem könnten sie den Vorgang gut dokumentiert bei ihrer Verbraucherzentrale melden. Diese könnten das Unternehmen zur Unterlassung gegebenenfalls rechtswidriger Praktiken auffordern.

Erstpublikation: 18.04.2024, 16:38 Uhr.

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