ANLEGERSTIMMUNG - DIE US-LEITZINSEN BLEIBEN HOCH – WAS DAS FüR DIE BöRSEN BEDEUTET

„High for longer“ statt „Higher for longer“ ist die neue alte Devise der Fed. Warum die Entwarnung an der Zinsfront nur kurzfristig wirken dürfte.

Spürbares Aufatmen: „Die Rede von Jerome Powell lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Erleichterung!“, beschreibt Eric Vanraes, Anleihenchef beim Genfer Assetmanager Eric Sturdza, das Aufatmen der Anleger rund um den Globus.

Die Fed räumte zwar ein, dass die Inflationsentwicklung in den USA mit 3,5 Prozent im März nicht ihren Erwartungen entspricht. Doch was Investmentprofis Wochen zuvor noch die Sorgenfalten auf die Stirn getrieben hatte, wurde plötzlich als Entschärfung interpretiert. Mindestens eine Zinssenkung gilt in diesem Jahr als wahrscheinlich. Doch wichtiger ist, was unwahrscheinlich ist, nämlich „dass der nächste Schritt eine Zinserhöhung ist“, so die eigentliche Beruhigungspille von Fed-Chef Jerome Powell.

Die Wirkung setzte prompt ein. Die Aktienmärkte befreiten sich aus der Schwäche der vergangenen Wochen und nahmen unbekümmert wieder Kurs auf alte Höchststände auf. Und mit ihnen drehten die Auguren ihr Fähnchen in den Wind. Lediglich die ewig Skeptischen gaben vorsichtig zu bedenken, dass sich Powells Beruhigungspille früher oder später als Placebo erweisen könnte. „Bei der jüngsten Sitzung der Fed suchten die Investoren gar nicht mehr nach Hinweisen, wann die Notenbank das erste Mal die Zinsen senken würde, sondern waren schon zufrieden damit, dass es keine Hinweise auf eine mögliche Leitzinserhöhung gab“, konstatierte etwa Jochen Stanzl, Chefanalyst des Brokers CMC Markets.

Eine erste Zinssenkung im Juni oder Juli ist vom Tisch

An den Terminmärkten wird die Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinssenkung der Fed bei ihren Sitzungen im Juni und Juli mittlerweile auf nur noch rund zehn Prozent und knapp 30 Prozent geschätzt. Damit ist sie praktisch vom Tisch.

Im Dezember hatten Investoren noch mit sechs Zinsschritten für 2024 gerechnet. Fallende Zinsen im Sommer waren mehr oder weniger ausgemacht. Jetzt gehen die meisten Marktteilnehmer nur noch von einer geldpolitischen Lockerung im Herbst oder Winter aus.

DZ-Bank-Analysten Henseler erwartet nur noch eine Zinssenkung 2024

So auch DZ-Bank-Analystin Birgit Henseler: „Wir erwarten statt drei Zinssenkungen nur noch eine Zinssenkung der Fed in Höhe von 25 Basispunkten im Dezember.“

Die Entscheidungsfindung der US-Währungshüter wird durch einige jüngst veröffentlichte Konjunkturdaten nicht gerade vereinfacht. Der ISM-Index der Industrie fiel für April unerwartet unter 50 Punkte. Er signalisiert somit ein Schrumpfen der Industrie. Dies trifft auf einen nicht mehr ganz so robusten Arbeitsmarkt.

Das wiederum deutet auf einen beharrlichen Preisdruck hin. „Die Fed dürfte den Kampf gegen die Inflation priorisieren und somit die Zinswende im Zweifelsfall eher später als früher angehen“, fürchtet Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Deutschen Bank. So gesehen, könnte Jerome Powell Anlegern doch noch die Stimmung verderben.

2024-05-09T05:28:47Z dg43tfdfdgfd