ANWESEN UM 42 MILLIONEN EURO üBERBEWERTET? BAFIN NIMMT DIESEN IMMOBILIENKONZERN INS VISIER

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) prüft eine Immobilienbewertung von Gateway Real Estate.

Jetzt wird genau hingeschaut: Die Finanzaufsicht Bafin nimmt den Immobilien-Konzern Gateway Real Estate ins Visier. Die Wirtschaftsprüfer legen ihren Fokus dabei auf die Bewertung einer Immobilie in Augsburg. Der börsennotierte Projektentwickler soll die Liegenschaft um 42 Millionen Euro überbewertet haben.

Das Areal in der Großstadt stand bis zum 30. Juni vergangenen Jahres mit einem Wert von 141,5 Millionen Euro in den Büchern des Wohnentwicklers. Die Liegenschaft machte einen enormen Teil des Gesamtwerts des Portfolios von Gateway Real Estate aus. Alle „vom Konzern gehaltenen Renditeimmobilien“ hätten laut des Halbjahresfinanzberichts einen Wert von 271,2 Millionen Euro gehabt.

Wertverlust in Höhe von 42 Millionen Euro

Nach der Veröffentlichung dieses Berichts folgte die Neubewertung des Grundstücks in Augsburg – und damit auch die Abwertung. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin hat den Wert der Liegenschaft um 42 Millionen Euro, beziehungsweise 30 Prozent, senken müssen.

Auf Nachfrage von Business Insider versucht die Gateway Real Estate zu erläutern, wie eine Immobilie um 42 Millionen Euro falsch bewertet werden kann. „Die Bewertung der Immobilien erfolgt jährlich zum Jahresende auf Grundlage von Gutachten externer Sachverständiger auf Basis aktueller Daten mithilfe international anerkannter Bewertungsverfahren", erklärt der Sprecher Sven Annutsch. Zum Abschluss des Halbjahres 2023 sei der Gutachtenwert für die Immobilie in Augsburg fortgeführt worden, weil zu diesem Zeitpunkt keine Anhaltspunkte für eine Abwertung bestanden haben.

Auf Wunsch des Finanzierungspartners habe der Konzern ein neues Wertgutachten in Auftrag gegeben. Dass dieses Ergebnis so stark von der ersten Bewertung abweiche, liege daran, „dass der externe Gutachter eine andere Bewertungsmethodik anwenden musste, weil die zuvor angewendete Methodik zu unplausiblen Ergebnissen führte", so der Sprecher. Das neue Verfahren habe einen um 42 Millionen niedrigeren Wert ergeben. Der Wert brach damit im Vergleich zur vorherigen IAS40-Bilanz um 30 Prozent ein. Das sei auch für die Gesellschaft überraschend gewesen.

Der Sprecher betont, dass Gateway Real Estate diese Abwertung unverzüglich selbst bekannt gemacht habe. Und in der Tat: Der Immobilien-Konzern hatte die Abwertung am 30. September mitgeteilt – in einem Satz in einer 14 Seiten langen Zwischenmitteilung.

Der Aktienkurs des Immobilien-Konzerns ist nach der Abwertung der Liegenschaft total eingebrochen.

Nun hat die Finanzaufsicht bekannt gemacht, dass sie diesen Fall unter die Lupe nehme. Am 16. April hatte die Bafin eine Prüfung des verkürzten Abschlusses zum Stichtag 30. Juni 2023 und des zugehörigen Zwischenlageberichts von Gateway Real Estate angeordnet.

Laut der Finanzaufsicht liegen „Anhaltspunkte für Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften vor“, heißt es in einer Bekanntmachung der Bafin. Sie hätte zudem „Anhaltspunkte dafür, dass die Liegenschaft möglicherweise in wesentlichem Umfang überbewertet“ sei. Die Bafin prüfe, ob dies den Anforderungen an eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert – also zum Marktpreis zu einem bestimmten Stichtag – entspreche.

Bafin hat Anhaltspunkte für massive Überbewertung

„Unternehmen müssen Wertrückgänge infolge des veränderten beizulegenden Zeitwerts in der Periode erfolgswirksam erfassen, in der sie entstanden sind“, erklärt die Bundesanstalt dazu. Eine Anfrage von Business Insider an die Finanzaufsicht ist bislang unbeantwortet geblieben. Weiteren Angaben zu den Hintergründen der Prüfung gibt es entsprechend bislang nicht. So bleibt unklar, um welche „konkreten Anhaltspunkte“ für Verstöße es sich handelt.

Medienberichten zufolge, die Gateway Real Estate Business Insider bestätigte, handelt es sich bei der überbewerteten Immobilie um ein Projektentwicklungsgrundstück in Augsburg. Es wird in Teilen gewerblich beziehungsweise industriell genutzt. Dabei soll es sich um das 12.000 Quadratmeter große Gelände handeln, auf dem die Firma Osram einst produziert hatte. Der Konzern hatte die Fläche im Jahr 2019 erworben.

Den Plänen von Gateway Real Estate zufolge soll der Fokus für das Areal in der Zukunft vor allem auf der Wohnungswirtschaft liegen. Sprecher Sven Annutsch bestätigt das. Demnach arbeite das Unternehmen an diesem Vorhaben „seit mehr als drei Jahren gemeinsam mit der Stadt Augsburg“. Aus operativer Sicht sehe der Konzern die Projektentwicklung weiterhin auf einem positiven Weg.

Sven Annutsch betont, dass Gateway Real Estate davon überzeugt sei, dass der Halbjahresfinanzbericht regelgerecht erstellt wurde. Zu diesem Zeitpunkte habe es „noch keine Veranlassung zu einer Wertberichtigung“ gegeben, so der Sprecher. Der Konzern kooperiere uneingeschränkt mit der Bafin, um den Sachverhalt aufzuklären. Man gehe davon aus, „dass die Anlassprüfung in einem konstruktiven und professionellen Dialog zielführend zu einem einvernehmlichen Abschluss gebracht werden kann“, teilt er mit.

Konzern mit Vorsteuerverlust von 185 Millionen Euro

Der Konzern veröffentlichte kürzlich vorläufige Geschäftszahlen für das vergangene Jahr. Er machte demnach einen Vorsteuerverlust von 185 Millionen Euro. Prognostiziert war ein Verlust von 52 Millionen Euro, schreibt die Immobilienzeitung. Dem Unternehmen zufolge gibt es zwei Gründe für diese Abweichung. Zum einen habe man Wertberichtigungen von Finanzforderungen über gut 100 Millionen Euro vorgenommen. Zum anderen habe man eine Abschreibung auf Immobilienprojekte in Höhe von 29,7 Millionen Euro vorgenommen.

Ursprünglich hatte Gateway Real Estate geplant, am 30. April den geprüften Konzernabschluss für 2023 zu veröffentlichen. Diesen geplanten Termin hat das Unternehmen aber kurzfristig verschoben. Ob es einen Zusammenhang zur Bafin-Prüfung gibt, ist unklar. Offiziell begründete es der börsennotierte Konzern damit, dass man das Ergebnis laufender Verhandlungen zweier Projekttransaktionen und die avisierte Verlängerung einer Projektfinanzierung abwarten wolle.

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