AUTOINDUSTRIE : MAHLE-CHEF ARND FRANZ BRINGT AUTOZULIEFERER AUS DER VERLUSTZONE

2023 hat der viertgrößte deutsche Autozulieferer erstmals seit vier Jahren wieder etwas Gewinn erzielt. In diesem Jahr soll die Verschuldung weiter sinken. Was der neue Chef außerdem vorhat.

Es ist eine große Aufgabe für Mahle-Chef Arnd Franz: Er soll den viertgrößten deutschen Autozulieferer neu ausrichten und durch die Transformation zur Elektromobilität führen. Dabei verzeichnet der 58-Jährige nun erste Erfolge.

Der gebürtige Stuttgarter, der nach drei Jahren in einem anderen Unternehmen 2022 als Chef zu Mahle zurückkehrte, hat auf der Ertragsseite eine Trendwende geschafft: Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verfünffacht auf 304 Millionen Euro.

Unter dem Strich blieben davon noch knapp 26 Millionen Euro übrig. 2022 hatte Mahle noch einen Fehlbetrag von 332 Millionen Euro verbucht. Der Umsatz war 2023 leicht um drei Prozent auf 12,8 Milliarden Euro gestiegen.

Autozulieferer Mahle: Nettoverschuldung gesunken

Viel wichtiger für Mahle: Die Nettoverschuldung sank auf 1,35 Milliarden Euro. Das Verhältnis von Nettoschulden zum Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) hat sich damit verbessert.

Diese Kennziffer ist wichtig für Kreditkonditionen: je niedriger, desto günstiger die Zinsen. Und Mahle musste in den vergangenen Wochen seine Finanzierung durch das Konsortium aus elf Banken über ein Volumen von 1,6 Milliarden Euro aushandeln.

Der neue Finanzchef Markus Kapaun machte zu den Konditionen dafür keine konkreten Angaben. Im vergangenen Jahr lastete auf Mahle eine Zinslast von 137 Millionen Euro. Das sei auch das für dieses Jahr erwartete Volumen, sagte Kapaun.

Wir werden die Verschuldung weiter deutlich senken.

„Wir werden die Verschuldung weiter deutlich senken“, kündigte Mahle-Chef Franz an. Ein Schritt in diese Richtung gelang Anfang April mit dem Verkauf des Gemeinschaftsunternehmens Behr-Hella-Thermocontrol mit mehr als 3000 Beschäftigten an die taiwanische AUO Corp. Mahle floss die Hälfte des Kaufpreises von 600 Millionen Euro zu.

Erlöse und Gewinn hängen von Verbrennern ab

„Auch wenn wir aktuell ein äußerst volatiles Jahr vor uns haben – Mahle ist stabilisiert“, versicherte Franz. Der Stiftungskonzern befindet sich aktuell wie andere Autozulieferer auch in einer schwierigen Situation: Auf der einen Seite hängen laut Franz knapp 40 Prozent der Erlöse und ein Großteil des Gewinns von Autos mit Verbrennungsmotor ab. Auf der anderen Seite muss das Unternehmen viel Geld investieren, um den Wandel hin zur Elektromobilität bewältigen zu können und um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Kostendruck ist dadurch enorm.

Die Branche leidet erheblich darunter, dass die Nachfrage nach batterieelektrischen Autos deutlich geringer war als geplant. Mahle-Chef Franz nannte die Situation „enttäuschend“. Denn Zulieferer wie Mahle können die hohen Entwicklungskosten für Elektrokomponenten zunächst einmal nicht weiterreichen. Werke mit den neuen Linien sind nicht ausgelastet.

Selbst dem mit Teilen für Verbrennungsmotoren wie Kolben und Zylinder erfolgreich gewordenen Zulieferer hilft es da wenig, dass sich Verbrenner und Plug-in-Hybride zuletzt vor allem in den USA und China wieder etwas besser verkauften.

Denn: Insgesamt müsse sich die Branche auf Europa bezogen eher darauf einstellen, dass der gesamte Fahrzeugabsatz bei 18 Millionen verharren werde, so Franz. Vor Corona waren es noch 22 Millionen Fahrzeuge in Europa. Das deutet auf gewaltige Überkapazitäten hin.

In der gesamten Branche werden deshalb Tausende Stellen abgebaut. Eine Standortsicherung schützt die 10.000 Mahle-Beschäftigten in Deutschland noch bis Ende 2025 vor betriebsbedingten Kündigungen.

Weltweit hatte Mahle die Beschäftigtenzahl in den vergangenen Jahren auf jetzt 72.000 massiv gesenkt. Franz wollte keine konkrete Zahl zur weiteren Entwicklung nennen. Das hänge von der schwer zu prognostizierenden Nachfrage ab.

Großauftrag für Mahle über 1,5 Milliarden Euro

Der Zulieferer hatte erst vergangene Woche zwei Großaufträge für Thermomanagement-Module mit einem Volumen von insgesamt knapp 1,5 Milliarden Euro verkündet. Sie steuern die Temperierung von Batterie, Fahrzeuginnenraum, Antriebsstrang und Leistungselektronik. „Wir sind sehr stolz darauf, das gesamte Modul an die Kunden zu liefern“, sagte Franz.

Thermomanagement gehört neben Elektrifizierung und weiterentwickelten Verbrennungsmotoren zu den zentralen Strategiefeldern, auf die Franz Mahle ausrichten will. Deshalb ist dieser größte Auftrag der Unternehmensgeschichte für Mahle besonders wichtig, da auch die anderen großen Zulieferer wie Bosch, ZF oder Schaeffler inzwischen in das Spezialgebiet des mahle-Konzerns drängen.

Mahle hatte seit 2010 den Kühlungsspezialisten Behr schrittweise übernommen und damit Produkte, die auch in der Elektromobilität gebraucht werden. Kunden sollen laut Branchenkreisen der größte chinesische Hersteller von Elektroautos BYD sein sowie der Stellantis-Konzern.

Der Mahle-Chef hatte seine Karriere nach dem BWL-Studium in Tübingen 1992 begonnen. Über Magna kam er 2001 zu Mahle Filtersysteme. Sein Aufstieg im Unternehmen führte ihn 2013 bis in die Konzerngeschäftsführung. 2019 verließ er Mahle und wurde Chef des Ersatzteilhändlers LKQ Europe. Im November 2022 kam der verheiratete Vater zweier Söhne zurück zu Mahle und wurde CEO.

Für das laufende Jahr gab sich der Manager zuversichtlich: „2024 markiert eine wichtige Etappe auf unserem Weg zurück zu einem nachhaltig profitablen Unternehmen.“ Es liege noch ein langer Weg vor Mahle, aber die Richtung stimme. Eine konkrete Prognose für Umsatz und Gewinn machte Franz aber nicht.

Erstpublikation: 16.04.2024, 17:10 Uhr.

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