AUTOMOBIL: GEWINNEINBRUCH BEI MERCEDES – AUTOBAUER HADERT MIT SEINEN E-AUTOS

Fehlende Bauteile und Probleme in China belasten das Geschäft des Autobauers. Die Van-Sparte hingegen kann solide Zugewinne verbuchen. Mit zwei Zulieferern hat der Konzern Probleme.

Der Stuttgarter Autobauer Mercedes-Benz ist schwach ins Jahr 2024 gestartet. Wie der Konzern am Dienstagmorgen mitteilte, sackte der Betriebsgewinn im ersten Quartal um fast 30 Prozent ab auf 3,9 Milliarden Euro. Der Umsatz schrumpfte im Vergleich zum Vorjahresquartal um mehr als vier Prozent auf 35,9 Milliarden Euro.

Während die Van-Sparte mit einer operativen Umsatzrendite von 19,1 Prozent glänzen konnte, ist die Marge der dominanten Autosparte von 14,9 auf 9,6 Prozent eingebrochen. Unter dem Strich verdiente Mercedes dadurch um gut ein Viertel weniger als in den ersten drei Monaten des Jahres 2023.

Der Free Cashflow im Industriegeschäft blieb immerhin stabil bei 2,2 Milliarden Euro – trotz eines „volatilen Wirtschaftsumfeldes und externen Herausforderungen“, betonte Finanzchef Harald Wilhelm. Für die kommenden Quartale sagte der Manager einen steigenden Absatz voraus. Die Fahrzeugpreise sollen nicht gesenkt werden, der Jahresausblick bleibt bestehen.

Ursächlich für das enttäuschende Quartalsergebnis von Mercedes ist der zuletzt rückläufige Pkw-Absatz. Die Stuttgarter konnten von Anfang Januar bis Ende März lediglich 463.000 Autos an Kunden ausliefern. Das entspricht einem Minus von acht Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.

Besonders bitter: Das Geschäft mit sogenannten Top-End-Fabrikaten ist um mehr als ein Viertel eingebrochen. Zu dieser Fahrzeugkategorie zählen luxuriöse Limousinen und SUVs wie die S-Klasse, der GLS oder die hochmotorisierten Sportwagen der Tuningtochter AMG.

Alle diese Top-End-Modelle kosten schon in der Basisausstattung mehr als 100.000 Euro. Sie sind für den Konzern hochprofitabel. Daher will Mercedes mit solchen Luxuskarossen eigentlich überproportional wachsen. Dies misslingt jedoch zusehends. Bereits im vergangenen Jahr stagnierte der Absatz der Top-End-Fabrikate.

Für den Einbruch des Luxusgeschäft im ersten Quartal macht Mercedes nun unter anderem Modellwechsel verantwortlich. Der Geländewagen G-Klasse wurde beispielsweise gerade runderneuert, ebenso mehrere AMG-Modelle.

Der Ärger mit der Lieferkette: Zu wenig Batterien und Turbolader

Darüber hinaus kämpft Mercedes nach wie vor mit hartnäckigen Problemen in der Lieferkette. So scheitert der Weltkonzern Bosch seit mehr als einem Jahr daran, Mercedes mit ausreichend 48-Volt-Batterien für seine Diesel und Benziner zu versorgen.

Die Lage bessert sich zwar von Woche zu Woche, belastet aber weiterhin Absatz und Ergebnis. Mehr als eine Milliarde Euro an Gewinn hat Mercedes die Bosch-Causa bereits gekostet. Probleme bereitete dem schwäbischen Autobauer zuletzt laut Insidern auch noch ein Eisenwerk, das zu wenige Turbolader lieferte. Dieser Engpass dürfte sich schnell auflösen, so zumindest die Hoffnung in Konzernkreisen.

Um die Materialkosten zu senken, hat Mercedes im ersten Quartal ein neues Effizienzprogramm namens „BEAT26“ in „enger Zusammenarbeit mit den Lieferanten“ initiiert, erklärte der Konzern.

Neben Ärger mit Lieferanten leidet Mercedes unter hausgemachten Fehlern. Das aerodynamisch rundgeschliffene Design der ersten Generation an vollelektrischen Fahrzeugen unter der Submarke EQ verschreckt die oft eher konservative Kundschaft.

Mit Notmaßnahmen wie einem neuen Kühlergrill mit stehendem Stern auf der Motorhaube, größeren Batterien und komfortableren Sitzen im Rückraum versucht Mercedes etwa seine Akku-Limousine EQS zu retten. Das kostet viel Geld. Mercedes spricht von temporär „höheren Ausgaben im Zusammenhang mit Life-Cycle-Maßnahmen“.

Die Lage ist dramatisch schlecht. Der Absatz der vollelektrischen Spitzenlimousine von Mercedes ist im ersten Quartal um 47 Prozent auf etwa 2700 Stück eingebrochen. Das zeigen Registrierungszahlen des Automotive-Datendienstleisters Marklines, die dem Handelsblatt vorliegen.

„Schweres Jahr“ für Autohersteller befürchtet

„Wir sehen einen Durchhänger bei Elektroautos“, erklärt Frank Schwope, Lehrbeauftragter für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstand in Hannover. Der Szenekenner prophezeit Mercedes und dem Rest der etablierten Autohersteller ein „schweres Jahr“. Viele Verbraucher seien bei der Wahl des Antriebs verunsichert und zögerten ihren Kauf- oder Leasingvertrag hinaus. Der Preisverfall bei Elektroautos verdirbt zudem die Restwerte.

„Das große Problem aller deutschen Autobauer heißt China“, ergänzt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center Automotive Research in Bochum. Auch Mercedes verliert in Fernost Marktanteile. Die Schwaben rätseln seit Monaten, wie sie auf die Preisschlacht bei Elektroautos in China und das stark rückläufige Kerngeschäft mit Verbrennern reagieren sollen. Sie finden keine taugliche Antwort.

Im ersten Quartal sind die Autoverkäufe von Mercedes in der Volksrepublik um zwölf Prozent abgesackt. „China wird zum Strukturproblem der deutschen Autobauer, wenn nicht schnell mit marktfähigen Elektroautos gegensteuert wird“, fürchtet Branchenkenner Dudenhöffer.

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