BILL HWANG BESCHERTE DER CREDIT SUISSE MILLIARDENVERLUSTE, JETZT STEHT ER VOR GERICHT: WER IST DER MANN, DER DIE BANKEN NARRTE?

Der UBS gelang es bis anhin ausgezeichnet, sich bei der Affäre rund um den Hedge-Fund Archegos hinter der Credit Suisse zu verstecken. Dabei verzeichnete auch sie einen Verlust von 774 Millionen Dollar mit Archegos-Geschäften, als der Hedge-Fund im März 2021 implodierte. Im Vergleich zur Credit Suisse, bei der es 5,5 Milliarden waren, mag das als wenig erscheinen.

Seit dieser Woche wird die UBS aber an dieses unangenehme Kapitel erinnert: Der ehemalige Gründer und Chef von Archegos, Bill Hwang, und der Finanzchef Patrick Halligan müssen sich in New York vor Gericht verantworten. Sie sind des mehrfachen Betrugs, der Marktmanipulation und der Erpressung angeklagt. Für jeden einzelnen Anklagepunkt beträgt das Strafmass bis zu zwanzig Jahre Haft. Die beiden bekennen sich als nicht schuldig.

Riesige Aktienpositionen angehäuft

Hwang und Halligan wird vorgeworfen, Banken belogen zu haben, um höhere Kreditlinien zu erhalten. Laut der Anklageschrift sollen sie mit dem aufgenommenen Geld die Kurse von Aktien aus dem Archegos-Portfolio manipuliert haben. Mit Hebelprodukten erhöhten sie ihren Aktienanteil. Dabei handelte es sich vor allem um Aktien aus der Medien- und Unterhaltungsbranche wie von Viacom CBS (heute Paramount Global) und Discovery (heute Warner Bros. Discovery).

Alles ging gut, solange der Markt wie prognostiziert reagierte. Zwischen März 2020 und März 2021 stieg das Kapital von Archegos von etwa 1,5 Milliarden Dollar – dabei handelte es sich um persönliches Vermögen von Hwang – auf über 35 Milliarden Dollar. Der Gesamtumfang der Aktienpositionen von Archegos stieg zeitweise von 10 Milliarden auf mehr als 160 Milliarden Dollar.

Doch als Viacom CBS eine Kapitalerhöhung durchführte, sank der Aktienkurs. Da die Aktien wiederum als Sicherheit bei den Banken hinterlegt waren, bemerkten nun auch diese, dass etwas gewaltig schieflief.

Die Institute wollten ihr Geld zurück, Archegos konnte aber nicht bezahlen, und so blieb den Banken nichts anderes übrig, als die Aktien, mit denen ihre Kredite besichert waren, zu verkaufen. Allerdings waren diese nun massiv weniger wert.

Über Nacht fand eine enorme Wertvernichtung statt. 10 Milliarden Dollar Verlust hatten die beteiligten Banken zu verzeichnen. Darunter befanden sich neben der Credit Suisse und der UBS auch Schwergewichte wie Morgan Stanley, Goldman Sachs und die japanische Bank Nomura.

Kein Heiliger

Der Archegos-Gründer Hwang wurde 1964 in Korea geboren. Er studierte in den USA Wirtschaft und wurde zum Ziehsohn von Julian Robertson, dem bekannten Hedge-Funds-Gründer von Tiger Management. Einige Investoren, die von Roberts ausgebildet wurden, gründeten später eigene Hedge-Funds. So auch Hwang. Spricht man an der Wall Street über ihn und seine Weggefährten, ist von den «Tiger Cubs» die Rede.

Hwangs Vater war – wie im Übrigen auch der Vater des betrügerischen Cum-Ex-Anwalts Hanno Berger – Pfarrer. So war es auch kein Zufall, dass Hwang seinen Hedge-Fund Archegos getauft hatte. Denn Archegos heisst im Altgriechischen so viel wie Kapitän oder Anführer und ist auch eine Bezeichnung für Jesus.

Der Name war Programm im Arbeitsalltag. Laut einer Klage eines ehemaligen Mitarbeitenden soll Hwang bei Leistungsbeurteilungen stets von seinen Leuten gefordert haben, mehr Zeit auf ihren Glauben zu verwenden.

Dass Hwang selbst kein Heiliger ist, bewies er bereits 2012, als er wegen Insiderhandels bei seinem früheren Hedge-Fund Tiger Asia verurteilt wurde. Offenbar hielt das die Banken nicht davon ab, mit ihm Geschäfte zu tätigen.

Fehler aufseiten der Banken

Im Zuge dieses Prozesses drängt sich die Frage auf, weshalb den Instituten derartige Fehler im Risikomanagement unterliefen.

Es ist heikel, wenn Banken Kredite gewähren, bei denen als Sicherungsmittel nur wenige Aktienpositionen mit hohen Volumina hinterlegt sind; üblich wären Wertschriftenportfolios, die breit diversifiziert sind.

Aus der Anklageschrift geht auch hervor, dass Hwang und Halligan die Banken im Hinblick auf die Aktienswaps belogen hatten. Denn solche Derivatpositionen müssen regulatorisch nicht offengelegt werden. Damit die Banken bei einem Kredit jedoch eine seriöse Risikobewertung durchführen können, müssten sie über die vollumfänglichen Besitzverhältnisse einer Aktienposition informiert sein.

Dass Hwang Regulatorien eher lästig waren, bewies er bereits, als er beschloss, seinen Hedge-Fund als Family-Office zu tarnen. Schliesslich werden Family-Offices weniger streng beaufsichtigt als Hedge-Funds.

Hwang und Halligan verteidigen sich mit dem Argument, dass die Staatsanwaltschaft eine neuartige und unsinnige Theorie der Marktmanipulation vertrete. Die Anwälte erklärten gegenüber Reuters, dass die Staatsanwälte ihrer Meinung nach die rechtliche Definition des Tatbestands ausreizen würden. Denn normalerweise beinhalte Marktmanipulation eine Art von Trickserei. Die Aktienkäufe, die Archegos auf dem freien Markt tätigte, beinhalteten das Element der Täuschung jedoch nicht.

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