BüRGERGELD-AUFREGER IM ZDF: EMPFäNGER LEHNT ARBEIT AB - „BIN ICH MIR ZU SCHADE“

Bürgergeld-Aufreger im ZDF: Empfänger lehnt Arbeit ab - „bin ich mir zu schade“

Die Debatten um das Bürgergeld reißen nicht ab. Das ZDF hat eine Reportage über die umstrittene Sozialleistung gezeigt und Betroffene sprechen lassen.

Dortmund – Seit dem 1. Januar 2023 gibt es in Deutschland einen Nachfolger für die Grundsicherung für Arbeitsuchende, die vielen besser als Hartz IV bekannt sein dürfte. Die Ausgaben für das Bürgergeld halten viele Deutsche allerdings für zu hoch. In der Reportage „Arbeitslos – Kein Bock oder keine Chance?“, die am 1. Mai im ZDF zu sehen war, versucht die Reporterin Sarah Tacke zu ergründen, was die Empfänger bewegt.

Bürgergeld-Aufreger im ZDF: Empfänger lehnt Arbeit ab - „bin ich mir zu schade“

Über Bürgergeldempfänger wird mitunter viel gesprochen (und geschimpft), mit ihnen eher weniger. In der neuen ZDF-Reportage kommen mehrere Betroffene zu Wort und erklären ihre Situation.

Zu Beginn der Sendung trifft Reporterin Sarah Tacke auf den ausgebildeten Einzelhandelskaufmann Hajrizi. Seiner Ansicht nach sei das Bürgergeld überhaupt nicht das Problem, sondern der geringe Mindestlohn, der bei vielen Stellen gezahlt werde.

„Mir fehlt erst ein Job, wenn überall 18 Euro in der Stunde bezahlt werden“, merkt er im Interview an. Bei den aktuellen Lebensmittelpreisen und Mietkosten sei es Hajrizis Einschätzung nach für unter 18 Euro Stundenlohn nicht attraktiv arbeiten zu gehen.

Bürgergeld-Reportage im ZDF: Nur 200 Euro mehr mit 40 Stunden Arbeit

Bei dem gelernten Informationselektroniker Christoph und seiner Freundin nennt die ZDF-Reportage dann konkrete Zahlen. Als Bedarfsgemeinschaft erhalten die beiden den Bürgergeld-Regelsatz von 1012 Euro und bekommen die Kosten für die Unterkunft in Höhe von 650 Euro bezahlt.

Aus einem Minijob als Hausmeister darf Christoph zusätzlich 160 Euro behalten und das verfügbare Einkommen auf 1172 Euro erhöhen. Ein Jobangebot, das er Anfang des Jahres abgelehnt hat, hätte dafür gesorgt, dass dem Paar nach Abgaben etwa 1580 Euro übrig geblieben wären.

Durch zusätzliche Aufstockung durch das Jobcenter hätte das Paar mit einem Haushaltseinkommen von knapp 2000 Euro rechnen können. Nach Abzug der Kosten für die Unterkunft also etwa 1350 Euro, nur knapp 200 Euro mehr – trotz 40 Stunden Arbeit pro Woche.

Bürgergeld und Mindestlohn: ZDF-Reporterin sieht nur geringe Unterschiede

Christoph stellt klar: „Der Stundenlohn war einfach zu niedrig. Da bin ich mir zu schade und da suche ich lieber was Besseres.“ Es sei seiner Einschätzung nach „sehr schade“, dass Arbeitgeber nicht mehr bezahlen für „einen Menschen, der qualifiziert ist, Wissen hat und auch was in die Firma einbringt“.

Gemeinsam mit Christoph besucht die ZDF-Reporterin anschließend dessen Ausbilder Michael. Auf die Frage, ob es ihn ärgere, dass Christoph Arbeitsangebote ablehnt, sagt er: „Wenn ich das vergleiche: Bürgergeld und Mindestlohn, dann sind wir da nicht weit auseinander. Da kann ich nur nochmal sagen: Das Ganze in die eigene Hand nehmen und sich in sechs Monaten einfach weiterentwickeln. Und ich glaube schon, dass es dann relativ schnell geht, dass der Abstand zum Bürgergeld größer wird.“

Für Michael sei es eine „Gewissensfrage“, ob man den Lebensunterhalt durch eigene Arbeit bestreiten könne oder Bürgergeld erhalte. Sarah Tacke stellt an der Stelle selbst nochmal fest, dass der Unterschied bei Bürgergeld und Niedrigverdienst sehr gering sei (Mehr Politik-News auf RUHR24 lesen).

Arbeitslosigkeit in Deutschland: 5,5 Millionen Bürgergeldempfänger und zu wenig Arbeitsstellen

Nach einem Besuch im Jobcenter, bei dem die ZDF-Reporterin mit einer Jobvermittlerin und mehreren Empfängern spricht, wird sie noch deutlicher: „Wer nicht arbeiten will, der muss auch nicht.“ Dass es auch möglich wäre, den Niedriglohn weiter anzuheben und die Arbeitsanreize auf diese Weise zu steigern, zieht sie nicht in Betracht.

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Das ZDF legt außerdem eine Statistik zur Arbeitslosigkeit vor: von insgesamt 5,5 Millionen Bürgergeldempfängern seien eigentlich nur 1,8 Millionen wirklich arbeitslose Erwerbsfähige. Addierte man zusätzlich die 1 Million Menschen, die Arbeitslosengeld 1 beziehen, erhalte man etwa 2,8 Millionen Arbeitslose, die eine Arbeit aufnehmen könnten.

Ausgespart bleiben in der ZDF-Reportage die offenen Arbeitsstellen: laut Bundesagentur für Arbeit waren das im April 2024 ca. 701.366. Könnten also von heute auf morgen alle Stellen besetzt werden, gäbe es lediglich 25 Prozent weniger Arbeitslose. Darüber hinaus passen laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung die Profile der potenziellen Arbeitnehmer häufig nicht auf die offenen Stellen.

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