DER TAG DER WAHRHEIT FüR DIE CREDIT SUISSE RüCKT NäHER: WAS PASSIERT NUN MIT DEN LETZTEN CS-TOPMANAGERN BEI DER UBS?

Die alte Credit Suisse hat bisher im Bauch der UBS weitergelebt – nun wird sie schrittweise aufgelöst. Noch vor Ende Monat, manche sprechen vom bald anstehenden D-Day, soll das CS-Stammhaus verschwinden. Es ist ein Ende mit Ankündigung: Bereits Ende 2023 stimmte der UBS-Verwaltungsrat dem Zusammenschluss der UBS AG und der Credit Suisse AG zu, also der obersten operativen Einheiten der beiden Banken.

Das ist ein wichtiger Meilenstein in der Bankenheirat, die bisher erst auf der übergeordneten Holding-Stufe vollzogen worden ist: Die UBS Group AG und die CS Group AG wurden bereits im letzten Juni fusioniert. Seither ist die Credit Suisse AG ein Tochterunternehmen der UBS-Holding.

Die CS ging unter, Körner blieb

In der Folge wird es auch die Geschäftsleitung der Credit Suisse AG nicht mehr brauchen, welche die Bank seit der Übernahme durch die UBS noch als Statthalter-Gremium führte. Die «Financial Times» hat am Montag unter Berufung auf Insider berichtet, dass sie im Zuge dieses Umbaus aufgelöst werden soll. Der CS-Chef Ulrich Körner werde die UBS in den kommenden Wochen verlassen. Auch bei anderen Führungskräften wie André Helfenstein, dem Chef des Schweizer Geschäfts der CS, wird sich die Frage stellen, welche Rolle sie künftig in der UBS einnehmen können.

Die UBS kommentiert diese Informationen nicht. Morgen Dienstag präsentiert die Bank die Zahlen zum ersten Quartal und wird dabei voraussichtlich auch ein Update zur Strategie und zur CS-Integration abgeben.

Körners Abgang, sollte er schon jetzt erfolgen, wäre an sich keine Überraschung. Die anderen Spitzenkräfte, die im Frühjahr 2023 die unabhängige CS noch mit allen Mitteln zu retten versuchten, sind schon seit einiger Zeit weg: Präsident Axel Lehmann, der Finanzchef Dixit Joshi oder Francesco de Ferrari, der die Vermögensverwaltung leitete.

Körner war derweil bereit, auch bei den wenig glamourösen Aufräumarbeiten noch einmal anzupacken. Mit dieser letzten Rolle bei der CS schloss sich für den deutsch-schweizerischen Doppelbürger der Kreis: Stets brillierte er bei den Schweizer Grossbanken als Umsetzer und Problemlöser, während er als Visionär und Stratege scheiterte.

Kritik auch am Feuerwehrmann

Zusammen mit Lehmann war Körner stark kritisiert worden für die Art und Weise, wie sie die Credit Suisse nach dem Beinahe-Kollaps im Oktober 2022 wieder auf einen gesunden Pfad zurückbringen wollten. Sie hätten zu starr an ihrer eigenen Strategie festgehalten, anstatt bereits Notfalloptionen vorzubereiten. Zudem habe die Bankspitze zu wenig aktiv oder unglücklich kommuniziert.

Gleichzeitig ist fraglich, ob ein anderes Gespann die Credit Suisse ab dem Sommer 2022 hätte retten können: Die Bank war wegen teurer Skandale angeschlagen, das Führungsteam neu zusammengestellt, und auch die Situation an den Finanzmärkten kam der CS nicht entgegen. Körners Team versprach eine neue Strategie für den Herbst und ging auf Tauchstation. Doch genau dann, Anfang Oktober 2022, brach ein erster Bankrun über die CS herein, der die Planung über den Haufen warf und die Bank in den Krisenmodus versetzte.

Ulrich Körner wandte hinter den Kulissen sehr viel Zeit auf, um die CS zusammenzuhalten; bis zuletzt verteidigte er sie und seine Turnaround-Strategie auch öffentlich. Die Bank habe genug Kapital und ziehe auch wieder Kunden an, sagte er noch Mitte März 2023.

Doch er konnte den Zusammenbruch der 167 Jahre alten Credit Suisse nicht verhindern. Am 19. März 2023, nach der Bekanntgabe der Übernahme der Bank durch die UBS, veränderte sich Körners Aufgabe über Nacht komplett: Aus dem Notarzt musste ein Palliativpfleger werden. Entsprechend undankbar war dieser Job. Körner war zwar weiterhin der Chef der Credit Suisse; aber fortan war er dem UBS-Chef Sergio Ermotti untergeordnet.

Körner, der Sanierer

Die Integration der CS in die UBS war und ist eine enorme Aufgabe, bei der es wenig zu gewinnen und viel zu verlieren gibt: Rechtliche Einheiten werden zusammengelegt, Kunden auf neue IT-Systeme migriert. Diese mühselige Integrationsarbeit brachte nicht nur dem UBS-Kader, sondern auch Körners Mannschaft einen riesigen Aufwand.

Ulrich Körner soll diese Aufgabe so umgesetzt haben, wie man es von ihm gewohnt ist: gewissenhaft und genau, ohne viel Aufhebens um sich selbst zu machen. In seiner 26-jährigen Banklaufbahn, die 1998 nach einem Doktorat an der Hochschule St. Gallen und ersten Berufsjahren beim Beratungsunternehmen McKinsey begann, konnte er sich bei Credit Suisse und UBS oft in diesen Rollen auszeichnen: als Sanierer, Planer und Überwacher. Als akribischer Manager, der sich jede Zahl merkt und dem man nichts vormachen kann.

Aus diesen Gründen wurde Körner mehrmals als CEO-Kandidat für die Schweizer Grossbanken gehandelt, 2007 bei der Credit Suisse und 2011 bei der UBS. Er schaffte den Sprung aber erst 2022, als bei der CS das Haus bereits in Flammen stand. Körner packte an, doch der Hydrant klemmte, und der Rest ist Geschichte.

CS-Integration, Phase 2

Derweil tritt die grosse Schweizer Bankenhochzeit in die nächste Phase über. Es könnte für die UBS die wohl unangenehmste werden. Die Vorschusslorbeeren sind weg, und ihre Aktie ist, nach einem einjährigen Steigflug, jüngst wieder auf 25 Franken zurückgeglitten. Die Investoren werden langsam ungeduldig, während der Bund die UBS schon bald auffordern wird, mehr teures Eigenkapital zu halten.

Am Dienstag stellt die UBS ihre Zahlen fürs erste Quartal 2024 vor und wird dabei vermutlich auch weitere strategische Ankündigungen machen. Der Druck, Fortschritte bei der Integration der CS vorzuweisen, ist gross.

Auch für die einstigen Angestellten der Credit Suisse, vor allem in der Schweiz, steht ein Wendepunkt an. Es wird nun sukzessive weniger Personal mit CS-Kenntnissen für Aufräum- und Integrationsarbeiten brauchen. Auch manche Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung in der Bank, etwa im Backoffice, müssen die neue UBS verlassen.

Es sind bisher allen voran noch Körner und der CS-Schweiz-Chef André Helfenstein, welche die Sichtweise der alten Credit Suisse bei der Spitze der neuen UBS einbringen können. Körners Abgang wäre denn auch aus dieser Warte symbolbeladen: Dann hätten die CS-Banker gar keinen «der Ihren» mehr an der Spitze der neuen Grossbank.

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