Eine alarmierende Entwicklung an Schulen in Deutschland: Gewalt im Klassenzimmer ist laut jeder zweiten Lehrkraft ein Problem.
Deutschland – Für die Hälfte aller Lehrkräfte in Deutschland scheint Gewalt an Schulen alltäglich zu sein. Zumindest geben etwa 47 Prozent der Lehrer an, dass Handgreiflichkeiten und Prügeleien immer mehr zu einem Problem werden. Experten halten diese Entwicklung für alarmierend.
In Deutschland beobachten Lehrkräfte vermehrt Gewalt unter Schülern. Laut einer aktuellen Umfrage der Robert Bosch Stiftung gaben fast die Hälfte der Lehrer an, psychische oder physische Gewalt an ihrer Schule festzustellen. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Polizei beispielsweise 193 Messer-Attacken an NRW-Schulen.
Als eine der größten Herausforderungen im Lehrberuf wird das Verhalten der Schüler betrachtet. 35 Prozent der befragten Lehrkräfte sehen darin ein großes Problem. Dicht darauf folgt der Umgang mit heterogenen Klassenstrukturen, der von 33 Prozent der Befragten genannt wird.
Diese Klassen setzen sich aus Schülern mit unterschiedlichen Lernbiografien, kulturellen und familiären Hintergründen zusammen, was besondere Herausforderungen mit sich bringt. Ob Gleitzeit an Schulen in dieser Lage ein Konzept ist, wovon jeder Schüler profitiert, kommentiert RUHR24-Autorin Karolin Stevelmans daher kritisch.
Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Philologenverbandes, und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger äußern sich alarmiert über das Ausmaß der Gewalt und die weiteren Probleme im Schulsystem. „Es ist erschütternd, dass so viele Lehrkräfte im Alltag verschiedene Formen von Gewalt erleben müssen“, sagt Lin-Klitzing.
Besonders kritisch betrachten die Lehrkräfte den Personalmangel. 41 Prozent der Befragten sehen hier dringenden Handlungsbedarf. Dagmar Wolf von der Robert Bosch Stiftung beschreibt die Ergebnisse der Umfrage als Zeugnis eines kranken Systems, in dem Lehrer ständig wachsenden Belastungen ausgesetzt sind.
Zudem wird betont, wie wichtig das berufliche Wohlbefinden für die Zukunft des Lehrberufs ist, um Lehrkräfte zu halten und den Beruf attraktiver zu gestalten (mehr Politik-News bei RUHR24).
Denn Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, weist darauf hin, dass Konfliktschlichtungen im Schulalltag oft auf Kosten der Unterrichtsqualität gehen. „Wenn Lehrkräfte in der Schule einen großen Teil der eigentlichen Unterrichtszeit aufwenden müssen, um sich mit problematischem Verhalten der Schülerinnen und Schülern und mit der Schlichtung von Konflikten auseinanderzusetzen, bleibt weniger Zeit für guten Unterricht“, sagt er.
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Ein weiteres großes Problem sind marode Schulgebäude. 35 Prozent der Lehrkräfte fordern Investitionen in Sanierung und Renovierung. Der Bedarf ist über alle Regionen und soziale Lagen hinweg ähnlich hoch. Trotz einer grundsätzlichen Zufriedenheit mit dem Beruf würden 27 Prozent der Lehrkräfte wechseln, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten.
Vom 13. November bis zum 3. Dezember letzten Jahres führte das Meinungsforschungsinstitut Forsa die repräsentative Befragung durch. Dabei wurden 1.608 Lehrkräfte an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen interviewt. Die Umfrageergebnisse spiegeln eine besorgniserregende Situation wider, die bereits seit 2019 regelmäßig von der Stiftung erfasst wird.
dpa/bearbeitet von Karolin Stevelmans
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