DREHKREUZ-MASCHE: VERBRAUCHERZENTRALE PRüFT KLAGE GEGEN SPARKASSE

Wegen Zustimmungs-Trick

Drehkreuz-Masche: Verbraucherzentrale prüft Klage gegen Sparkasse

Wer sein Konto nutzt, stimmt Preiserhöhungen zu. So will die Sparkasse die Zustimmung ihrer Kunden einholen. Die „Drehkreuz-Masche“ ruft die Verbraucherzentrale auf den Plan.

Lüdenscheid – Wer durch das Drehkreuz geht, stimmt der Preiserhöhung im Fitnessstudio zu. Mit diesem Vorgehen holte sich die Fitnesskette McFit Ende April am Landgericht Bamberg eine blutige Nase. „Unzulässig“ urteilten die Richter. Der Kunde müsse der Erhöhung ausdrücklich zustimmen, eine Drehtür sei dafür denkbar ungeeignet. Wer sie durchschreitet, wolle Sport machen und nicht einer Preiserhöhung zustimmen.

Einen ähnlichen Fall aus dem Märkischen Kreis untersucht derzeit David Riechmann, Fachanwalt für Banken- und Kapitalwahlrecht bei der Verbraucherzentrale NRW. Dabei geht es um die Einholung der Zustimmung zu den Preiserhöhungen fürs Girokonto durch die heimische Sparkasse an Volme und Ruhr. Riechmann kommt zu dem vorläufigen Schluss: „Was die Sparkasse hier macht, ist im Prinzip das Gleiche wie das Vorgehen der Fitnessstudios.“

Was war passiert? Ende Februar hatte die Sparkasse etwa 18 000 Kunden, die bislang der Verdopplung der Kontoführungsgebühren nicht zugestimmt hatten, in einem Brief mitgeteilt: „Wir gehen davon aus, dass Sie mit den beigefügten Änderungen einverstanden sind, wenn Sie unser Leistungsangebot nach dem 1. März 2024 weiterhin in Anspruch nehmen. Ab dem 1. Mai 2024 werden wir Ihr Konto daher so führen und abrechnen, als wenn unsere neuen Konditionen mit Ihnen vereinbart wären.“ Kunden kritisierten die Methoden.

Aus Sicht der Sparkasse dagegen war dieses Vorgehen ein Erfolg. Nach Ablauf der Frist sagt Sparkassen-Sprecher Volker Schnippering gegenüber unserer Zeitung: „Von 180 000 Kunden sind mehr als 99,9 Prozent mit den neuen Modellen und Preisen einverstanden.“

Sind sie das wirklich? Verbraucherschützer Riechmann hat große Zweifel. „Ich sehe nicht, dass die Zustimmung zu einer Preiserhöhung durch die reine Nutzung des Angebots wirksam vereinbart werden kann.“ So beabsichtigten Kunden, die im Rahmen ihres laufenden Vertrages ihre Bank mit einer Überweisung beauftragen, dass die Bank das Geld überweist – und nichts weiter. „Das Vorgehen ist meines Erachtens nicht sauber. Die aktive Nutzung des Vertrags beinhaltet keine weitere Erklärung zum Vertrag“, sagt der Bankenexperte. Eine ausdrückliche Zustimmung zur Preiserhöhung, wie im Urteil des Bundesgerichtshofs von 2021 gefordert, sehe anders aus.

Der BGH hatte entschieden, dass Banken und Sparkassen bei Änderungen in den sogenannten „Bedingungswerken“, also auch im Preisverzeichnis, in jedem Fall die Zustimmung der Kunden einholen müssen. Die bis dahin gültige Praxis, das Schweigen der Kunden zu einer Gebührenerhöhung als Zustimmung zu werten, war damit beendet. Eigentlich.

„Was die Sparkasse an Volme und Ruhr hier macht, ist effektiv genau das Gleiche, was der Bundesgerichtshof für unzulässig erklärt hat“, schlussfolgert der Fachreferent. Die Verbraucherzentrale prüft daher derzeit weitere Schritte gegen die 2022 fusionierte Sparkasse, die aus der Sparkasse Lüdenscheid und der Sparkasse Hagen-Herdecke hervorgegangen ist und immer noch zehntausende Kunden in Lüdenscheid, Schalksmühle, Halver und Herscheid hat. Neben der Abmahnung wären auch eine Muster-Feststellungsklage sowie andere Klageformen denkbar.

Riechmann wundert sich über das Vorgehen in Hagen, das nach Sparkassen-Angaben mit dem Sparkassenverband abgestimmt war. „Es gibt Urteile gegen Fitnessstudios, aber auch schon gegen Bankinstitute. Ich kenne nur Urteile, die dieses Vorgehen negativ sehen“, erklärt der Bankenrechtsexperte. Neben dem heimischen Bankinstitut ist ihm in NRW zudem nur eine weitere Sparkasse in Ostwestfalen bekannt, die ihren Kunden die Zustimmung auf diesem Weg abrang. Andere Banken würden rechtssicherer vorgehen, berichtet David Riechmann. Einige Institute würden ihren Kunden zu einem Datum kündigen und das Konto bei Nutzung nach diesem Termin zu den neuen Konditionen wieder „reaktivieren“. Andere bieten Spezialkonditionen an, die nach zwei Jahren in den neuen Tarif überführt werden. Wiederum andere Banken kündigen Zustimmungsmuffeln einfach das Konto.

Diesen Weg versuchte die Sparkasse an Volme und Ruhr bis zuletzt zu vermeiden. Wie Sparkassen-Sprecher Volker Schnippering erklärte, habe die Bank, „um weitere Zustimmungen einzuholen, seit Anfang März Anstrengungen nochmals intensiviert – vor allem in Form von telefonischen und persönlichen Ansprachen.“ Derzeit liegen der Sparkasse zudem „weniger als 40 Widersprüche“ gegen die gewählte Form der Zustimmungseinholung vor. Schnippering: „Damit besteht keine vertragliche Basis mehr. Mit diesen Kunden haben wir mehrfach gesprochen. In vielen Fällen ist auch der Vorstand auf diese Kunden zugegangen und hat unsere Sichtweise nochmals erläutert. Aktuell bereiten wir für die Hälfte der Kunden, die widersprochen haben, die Kündigung vor.“

Der Sparkassen-Sprecher erinnerte daran, dass die Rechtsprechung den Kreditinstituten ein aufwändiges Verfahren bei vertraglichen Veränderungen vorgeben habe, „das bei den Kunden häufig auf Unverständnis stößt.“ Fast alle Kunden seien mit den veränderten Kontomodellen und den neuen Preisen einverstanden. „Wir werten das als Vertrauensbeweis“, sagt Schnippering.

2024-05-05T10:21:54Z dg43tfdfdgfd