ERSATZ FüRS BLAUE WUNDER: WARUM DAS DRESDNER RATHAUS DIE STANDORTSUCHE EINSTELLT

Mitte 2023 hatte der Dresdner Stadtrat das Rathaus beauftragt, eine neue Elbquerung im Dresdner Osten zu prüfen. Die Untersuchung sollte jetzt vorgestellt werden. Doch dazu kommt es nicht.

Dresden. Bis zu 200.000 Euro hätte die Landeshauptstadt ausgeben sollen, um den perspektivischen Neubau einer Elbbrücke im Dresdner Osten anzuschieben. Das hatte der Stadtrat im Juli 2023 mit knapper Mehrheit (34 Ja-Stimmen, 30 Gegenstimmen) beschlossen. So sollte mittelfristig Ersatz für das Blaue Wunder geschaffen werden. Jetzt ist klar: Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn (Grüne) wird diesen Ratsbeschluss nicht umsetzen.

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Wer fordert eine neue Brücke im Dresdner Osten?

Vor allem die Dresdner CDU fordert seit vielen Jahren eine neue Brücke im Umfeld des Blauen Wunders. 2019 versuchte die Union, dies zum Thema im Wahlkampf zu machen, im Anschluss verschwand der Vorschlag jedoch wieder in den Schubladen. Zu gewaltig war die Summe von bis zur 160 Millionen Euro, die in die Sanierung des Blauen Wunders fließen sollen.

Anfang 2023 wagte die Union aber einen weiteren Versuch. Per Ratsbeschluss wollte die CDU eine Grundlagenermittlung für eine "zusätzliche Querung der Elbe zwischen Waldschlößchenbrücke und Stadtgrenze als perspektivischen Ersatz für das Blaue Wunder" einleiten lassen.

Dabei sollten "mögliche Standorte hinsichtlich ihrer bereits jetzt erkennbaren verkehrlichen, umweltrechtlichen und städtebaulichen Auswirkungen" bewertet werden. Geprüft werden sollte eine Querung für den Autoverkehr, den ÖPNV, aber auch für Radfahrer und Fußgänger.

"Perspektivisch führt daran im Dresdner Osten kein Weg vorbei", so Stadtrat Veit Böhm damals zur Begründung. Wegen der sehr langen Planungs- und Baudauer müsse rechtzeitig begonnen werden. Der Rat folgte dem Vorschlag mit knapper Mehrheit und beschloss im Sommer 2023 exakt diese Planungen, die im Frühjahr 2024 vorgestellt werden sollten.

Was ist bei der Untersuchung herausgekommen?

Still und leise hat die Stadtverwaltung nun per "Beschlusskontrolle" mitgeteilt, dass die beschlossenen Planungen nie wirklich angegangen wurden. Stattdessen setzt das Rathaus den Fokus darauf, das Blaue Wunder "für weitere 30 Jahre sicher betreiben zu können". Erst danach sei wieder mit größeren Instandsetzungsmaßnahmen wie einer Erneuerung des Korrosionsschutzes zu rechnen.

Konkret hätten die Untersuchungen von Fachleuten ergeben, dass bei der aktuellen Verkehrsbelastung auf dem Blauen Wunder die "Spannungsspiele" im Material unter den kritischen Werten liegen würden, die das Wachstum von Rissen weiter befördern würden.

"Die Begrenzung der maximalen Fahrzeuglasten auf der Brücke und deren Überwachung sind von entscheidender Bedeutung für die Stagnation bei der Ermüdung und damit der Erhaltung des Bauwerkes", sagt Bürgermeister Kühn.

Eine Standortsuche und -bewertung für mögliche neue Brückenstandorte sei daher erst sinnvoll, wenn die Frage einer erneuten Sanierung oder eines Neubaus, also in etwa 20 bis 25 Jahren, tatsächlich betrachtet werden müsse. "Da die dann geltenden Rahmenbedingungen, also Verkehrsaufkommen oder gesetzliche Vorschriften, heute nicht bekannt sind, ist eine Untersuchung heute nicht zweckmäßig."

Zudem würden die benötigten etwa 200.000 Euro im Haushalt fehlen, die Planungen könnten also gar nicht beauftragt werden.

Wie reagiert die CDU auf die Absage?

"Wir bewerten den Prüfbericht sehr skeptisch. Er berücksichtigt die Intension des Rates nicht, sich ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen", sagt Veit Böhm. Der misslungene Verkehrsversuch rund um das Blaue Wunder habe gezeigt, dass sich die Verkehrsprobleme an der Loschwitzer Brücke nicht im Bestand lösen lassen. Vielmehr drohten weiter lange Staus, wenn es im Zuge der notwendigen Sanierungen auf der Brücke zu weiteren Verkehrsbeeinträchtigungen kommt. "Es ist weiterhin dringend geboten, sich intensiv damit zu beschäftigen, wo Dresden eine weitere Elbquerung bauen könnte", so Veit Böhm weiter.

Wo wäre eine neue Brücke überhaupt möglich?

Aus Sicht der Stadt erscheint ein Neubau im Umfeld des Blauen Wunders nahezu unmöglich. Denkbare "Querungsalternativen" hätten alle den Nachteil, dass sowohl Körner- als auch Schillerplatz nur teilweise entlastet würden. So würde sehr wahrscheinlich auch ein gerade erst wieder in die Diskussion eingebrachter Tunnel unter beiden Plätzen hindurchführen und nur den Verkehr von der Grundstraße mit dem Käthe-Kollwitz-Ufer verbinden können.

Eine neue Brücke zwischen Niederpoyritz und Laubegast würde unverhältnismäßig viel Verkehr in diese beiden Stadtteile führen. Weil immer auch der Verkehr ins Hochland mit bedacht werden muss, käme aus Sicht der Stadt neben der Grundstraße nur noch die Staffelsteinstraße als Anschluss in Betracht, diese könne jedoch nicht stärker belastet werden.

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