FTX-GRüNDER SAM BANKMAN FRIED: 5 ODER 50 JAHRE HAFT? RICHTER WIRD STRAFMAß VERKüNDEN

Heute verkündet Richter Lewis Kaplan das Strafmaß für FTX-Gründer Sam Bankman-Fried. Die jüngste Kursrallye könnte dem verurteilten Krypto-Betrüger „SBF“ nun helfen – doch die Strafverfolger wollen das verhindern.

Das Urteil der zwölf Geschworenen war einstimmig. Im November 2023, ein Jahr nach dem Kollaps der Kryptobörse FTX, sprachen sie deren Gründer Sam Bankman-Fried unter anderem des Betrugs und der Geldwäsche schuldig. Sie sahen es als erwiesen an, dass der heute 32-Jährige rund 8 Milliarden Dollar Kundengelder veruntreut hat, um damit zu spekulieren und seinen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren. Die Staatsanwaltschaft sprach von einem „Betrug historischen Ausmaßes“. Am heutigen Donnerstag verkündet der New Yorker Bezirksrichter Lewis Kaplan das Strafmaß für Bankman-Fried: Die Mindeststrafe liegt bei rund 5 Jahren, die Staatsanwälte haben 50 Jahre gefordert.

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Für den tief gestürzten „Golden Boy“ der Kryptoszene und ehemaligen Multimilliardär entscheidet sich damit, ob er nur wenige Jahre nach einem der größten Finanzskandale der USA wieder in Freiheit kommt – oder ob er womöglich den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen muss. Dass die Forderungen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft so stark auseinanderklaffen, hat auch mit der jüngsten Kursrallye im Krypto-Sektor zu tun.

Die Verteidiger stützen ihre Forderung nach einer milden Strafe für SBF vor allem darauf, dass für die Kunden der kollabierten Kryptobörse FTX nur ein geringer finanzieller Schaden entstanden sei. Unbestritten ist, dass in der Bilanz von FTX ein 8-Milliarden-Dollar-Loch klaffte, weil Bankman-Fried heimlich das Geld seiner Kunden abzwackte und an seinen Hedgefonds Alameda weiterleitete. Alameda stopfte damit eigene Finanzlöcher, investierte aber auch in Start-ups sowie in Kryptowährungen wie Bitcoin, Solana oder Ether.

„Der Schaden bewegt sich gegen Null“

Über die noch vorhandenen Krypto- und Vermögenswerte wacht inzwischen der Insolvenzverwalter und aktuelle CEO von FTX, John Ray: Je stärker diese im Zuge der aktuellen Kursrallye im Wert steigen, desto größer ist die Chance des Insolvenzverwalters, die Ansprüche der geschädigten Kunden zu befriedigen. Es bestehe die Möglichkeit, dass Kunden ihre zum Zeitpunkt des FTX-Kollapses festgestellten Ansprüche „vollständig“ ausgezahlt bekommen, teilte das Büro des Insolvenzverwalters im Januar dem New Yorker Gericht mit.

Eine Steilvorlage für die Verteidiger von Bankman-Fried. „Der Schaden von FTX-Kunden, Geldgebern und Investoren bewegt sich gegen Null", schrieben sie im Februar an Richter Kaplan. Das 8-Milliarden-Dollar-Loch in der Bilanz von FTX sei lediglich eine „temporäre Finanzierungslücke“ gewesen: „Jedes Opfer wird von jedem Dollar 100 Cent zurückbekommen – plus Zinsen.“

Auch KI hilft, Finanzlöcher zu stopfen

Die jüngste Krypto-Kursrallye sowie der Boom im Sektor künstliche Intelligenz (KI) könnten nach Berechnungen der Financial Times“ sogar dafür sorgen, dass die Vermögenswerte bei FTX den Wert der ursprünglichen Forderungen übersteigen. Als die Kryptobörse im November 2022 zusammenbrach, war ein Bitcoin rund 17.000 US-Dollar wert – heute sind es rund 70.000 US-Dollar. Die Kryptowährung Solana – ein Token, mit dem Alameda und Bankman Fried besonders gerne spekulierten – wurde damals für 15 Dollar gehandelt, heute sind es rund 180 US-Dollar. Und auch vom KI-Boom könnten die Gläubiger profitieren: FTX steckte zum Beispiel 500 Millionen Dollar in das KI-Start-up Anthropic, die Beteiligung wird aktuell mit rund 1,4 Billionen Dollar bewertet. In dieser Woche wurde zudem bekannt, dass Amazon weitere Milliarden US-Dollar in das Start-up investiert. Ray hat bereits einen Teil von Anthropic zu Geld gemacht.

Zwar hat Bankman-Fried über FTX und Alameda Milliardensummen unwiederbringlich versenkt, doch zugleich haben sich einige der illegalen Investments seitdem vervielfacht. An den Krypto-Kurssteigerungen der vergangenen Monate partizipieren die damals geschädigten Kunden jedoch nicht.

„Massiver Betrug bleibt massiver Betrug“

Die Staatsanwaltschaft und Insolvenzverwalter John Ray weisen daher die Argumentation der Verteidigung, es sei kein finanzieller Schaden entstanden, energisch zurück. Die Kurserholung ändere nichts an der Tatsache, dass Bankman-Fried „massiven Betrug“ begangen habe, so die Strafverfolger. Dass die Opfer rund zwei Jahre nach der FTX-Pleite Geld zurückerhalten werden, sei kein Trost für diejenigen, die das Geld bereits Ende 2022 dringend benötigt hätten. Und Insolvenzverwalter Ray fügte in einem Schreiben an Richter Kaplan hinzu: Auch wenn die damals festgeschriebenen Ansprüche vollständig befriedigt würden, würden die Opfer dennoch niemals in die gleiche finanzielle Position versetzt, in der sie sich heute befänden, wenn es den „kolossalen Betrug“ nicht gegeben hätte.

Für den Bankman-Fried ist die Krypto-Kursrallye also nicht mehr als ein Hoffnungsschimmer. Ob Richter Kaplan die Wertsteigerung der verbliebenen FTX-Vermögenswerte überhaupt berücksichtigen wird, ist unklar. In seiner inzwischen 30-jährigen Tätigkeit als Bundesrichter hat er sich mit zahlreichen Wirtschaftsverbrechen befasst – und auch das Strafmaß für die Täter in einigen besonders spektakulären Betrugsfällen festgesetzt (siehe Fotostrecke oben). Ob Bankman-Fried ein Schicksal wie Bernard Madoff oder Allen Stanford erspart bleibt, wird sich am Donnerstag entscheiden.

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