HANDELSBLATT-AUSWERTUNG: UNTERNEHMENS-INSIDER SIND BEI AKTIEN VORSICHTIG

Top-Führungskräfte haben im April relativ wenige Aktien ihrer eigenen Firma gekauft. Neben Rheinmetall und Pro Sieben fällt vor allem ein bislang eher unscheinbarer Nebenwert auf.

Im April hat der Dax seinen Aufstieg gestoppt und unter dem Strich drei Prozent verloren. Damit verzeichnete er das erste Monatsminus seit Oktober. Mit rund 17.900 Punkten notiert der deutsche Leitindex indes immer noch 22 Prozent über dem Stand von Ende Oktober.

Gleichzeitig hat sich die Bewertung erhöht, denn die Kurse sind stärker gestiegen als die Gewinnerwartungen. Ein Schnäppchen ist der deutsche Leitindex also nicht.

Das scheinen auch die Mitglieder in deutschen Vorständen und Aufsichtsräten zu erkennen. Sie haben im April nur relativ wenige Aktien des eigenen Unternehmens gekauft. Olaf Stotz, Professor an der Privatuniversität Frankfurt School, wertet regelmäßig die Insidertransaktionen für das Handelsblatt aus und sagt: „Im April war letztlich nur ein Insiderkauf interessant.“

Damit meint Stotz den mit Abstand größten Posten auf der Liste der Käufe. Beim Arzneimittelhersteller Dermapharm kaufte Gründer und Aufsichtsratschef Wilhelm Beier Aktien für die Summe von fast zwei Millionen Euro. Beier und seine Familie sind Großaktionäre. Ende 2023 hielten sie 68,5 Prozent der Dermapharm-Aktien. Sie handeln aber nur selten mit den Papieren.

An Beiers Kauf fällt auf, dass er antizyklisch stattfand. Das wiederum ist typisch für Insiderkäufe. Führungskräfte greifen häufig bei Aktien zu, die deutlich gefallen sind. Käufe können von daher auch für Privatanleger ein Hinweis für womöglich unterbewertete Aktien sein. Die Top-Managerinnen und -Manager kennen die Unternehmen schließlich besser als alle anderen Anlegerinnen oder Anleger.

Die im Kleinwerteindex SDax notierte Dermapharm-Aktie ist seit Januar um 25 Prozent auf zuletzt etwa 32 Euro eingebrochen. Im März veröffentlichte das Münchener Unternehmen für das vergangene Jahr schlechte Zahlen: Der operative Gewinn war um knapp 14 Prozent auf gut 310 Millionen Euro gesunken.

Für das laufende Jahr rechnet Dermapharm mit einem Ergebnis in ähnlicher Höhe. Analysten bei Banken sehen die Aktie positiv. Alle fünf Analysten, die Dermapharm beobachten, raten zum Kauf. Ihr durchschnittliches Kursziel auf Sicht von zwölf Monaten liegt bei 54 Euro.

Käufe auch bei GFT, Rheinmetall und Pro Sieben

Den zweitgrößten Kauf auf der Insider-Liste im April gab es mit gut 350.000 Euro bei GFT Technologies. Der auf die Finanzbranche spezialisierte IT-Dienstleister hat im vergangenen Jahr vor Steuern und Zinsen gut 73 Millionen Euro verdient. Das waren neun Prozent mehr als im Vorjahr.

Analystinnen und Analysten hatten im Vorfeld jedoch mit einem noch höheren Gewinn gerechnet. Das ließ die Aktie deutlich fallen. Der GFT-Vorstand geht allerdings davon aus, dass der bereinigte Gewinn vor Steuern und Zinsen in diesem Jahr um 16 Prozent auf 85 Millionen Euro steigt.

Größere Käufe gab es im April zudem bei Rheinmetall und Pro Sieben Sat 1. Der Kurs der Aktie des Rüstungskonzerns Rheinmetall ist seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 um rund 410 Prozent geklettert. Käufe von Rheinmetall-Insidern gab es seither immer wieder.

Im vergangenen Monat hatte sich zwar Rheinmetall-Chef Armin Papperger von Rheinmetall-Aktien für 4,9 Millionen Euro im Rahmen einer privaten Vermögensallokation getrennt. Damit verkaufte er aber nur einen kleinen Teil seines Aktienpakets.

Bei Pro Sieben Sat 1 kauften Insider seit November häufig Aktien und lagen damit gut. Seither ist die Aktie um 27 Prozent gestiegen. Sie liegt indes immer noch ein Drittel unter ihrem Stand vor zwei Jahren.

Verkäufe eher bei sehr kleinen Werten

Auf die Liste der größten Aktienkäufe im April geschafft haben es auch die Papiere des Chipanlagenbauers Aixtron, die in diesem Jahr um 44 Prozent abgestürzt sind. Mit knapp 66.000 Euro ist dieser Kauf aber nach Einschätzung von Hochschullehrer Stotz für Privatanleger als Hinweis „vernachlässigenswert“.

Auffällig ist im April zudem, dass es unter den Aktien, die in einem Index der deutschen Börse notieren, mit dem Batteriehersteller Varta nur einen einzigen großen Verkaufsposten gab. Dieser fiel zudem mit weniger als 25.000 Euro relativ klein aus.

Dennoch gab es am deutschen Aktienmarkt insgesamt im April ähnlich viele Aktienverkäufe von Führungskräften wie im März. Größere Verkäufe bei kleineren Unternehmen abseits der Indizes gab es zum Beispiel bei Cantourage, einem Hersteller von medizinischem Cannabis, und beim Laborausrüster Synlab, der vom Finanzinvestor Cinven übernommen wird.

Insiderbarometer fällt

In der Folge ist das Insiderbarometer, das Stotz jeden Monat aus den Transaktionen der Vorstände und Aufsichtsräte berechnet, um fünf Punkte auf 125 Punkte gefallen. Damit signalisiert es immer noch, dass sich Aktien auf Sicht der kommenden drei Monate besser als Anleihen entwickeln sollten.

Angesichts der seit März zu beobachtenden „Kaufzurückhaltung“ der Insider geht Stotz jedoch davon aus, dass sich der Dax über den Sommer hinweg seitwärts um die Marke von 18.000 Punkten bewegen könnte. Ähnlich war es bereits im vergangenen Sommer, als der Dax um die Marke von 16.000 Punkten pendelte.

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