HOHE UBS-SALäRE: „SIE SOLLTEN SICH DAFüR SCHäMEN“

Als die Schweizer Großbank UBS Ende März den Geschäftsbericht für das Jahr 2023 veröffentlichte, war der Aufschrei groß. Denn darin war zu lesen, dass der Vorstandsvorsitzende Sergio Ermotti für neun Monate Arbeit 14,4 Millionen Franken eingestrichen hat. Schweizer Politiker wie Thierry Burkart (FDP) sprachen von „anmaßenden Boni-Exzessen“, die das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirtschaft zerstörten. Burkart und andere kritisierten Ermottis Salär auch deshalb als unverhältnismäßig hoch, weil die vor Jahresfrist erfolgte Übernahme der Credit Suisse durch die UBS von der öffentlichen Hand abgesichert worden war und die neue Megabank nun über eine implizite Staatsgarantie verfüge. Denn sie sei „too big to fail“, also zu groß, um im Krisenfall ohne Hilfe der Steuerzahler durchzukommen.

Auch auf der Aktionärsversammlung der UBS am Mittwoch in Basel sorgte Ermottis Gehalt für Unmut. Fritz Peter von der Aktionärsvereinigung Actares sprach von einer Fehlentscheidung, die schmerz­lich an die Sünden der Credit Suisse erinnere und zu einem Reputationsverlust führe. „Sie sollten sich dafür schämen“, sagte Peter vor rund 1000 Anteilseignern in der Basler St. Jakobshalle. Das Gehaltspaket für Ermotti hänge quer in der Landschaft und sei ein Affront gegenüber den Aktionären, der Regierung und dem Schweizer Finanzsystem.

Gefährliche Anreize

Vincent Kaufmann, Vorsitzender der Schweizer Ethos Stiftung, lobte zwar das Management dafür, Credit Suisse erfolgreich vor dem Bankrott gerettet zu haben. Aber Kaufmann warnte vor den gefährlichen Anreizen im aktuellen Vergütungssystem, das Ermotti zum höchstbezahlten Vorstandschef einer europäischen Bank gemacht habe. Der ausgewiesene Jahresbonus für den gesamten Vorstand von 108 Millionen Franken sei nicht das Maximum, sondern könne auf 162 Millionen Franken steigen. Bei hundertprozentiger Zielerfüllung könnte Ermottis Salär sogar auf 20,5 Millionen Franken klettern.

Mit Blick darauf sprach ein Kleinaktionär von „Abzockerei“. „Die maßlosen Vergütungen sind ein Affront gegenüber den Tausenden, die wegen der Fusion ihren Arbeitsplatz verlieren“, monierte eine andere Sprecherin. Die Kritik spiegelte sich am Ende auch in der konsultativen Abstimmung zum Vergütungsbericht 2023. Dieser wurde nur mit 83,5 Prozent der Stimmen angenommen. Zuvor hatte UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher argumentiert, dass man mit der Gehaltserhöhung Ermottis starke Leistung anerkenne. Dieser habe die wohl schwierigste Aufgabe in der Finanzwelt erfüllt und den ersten Zusammenschluss zweier global systemrelevanter Banken in der Rekordzeit von drei Monaten unter Dach und Fach gebracht. Zugleich versprach der frühere Präsident von Morgan Stanley, dass die UBS ihren Spitzenkräften niemals so viel zahlen werde wie die amerikanischen Banken.

„Zusätzliches Kapital ist das falsche Mittel“

In seiner Eingangsrede zeigte Kelleher Verständnis dafür, dass die Übernahme der Credit Suisse in der Schweiz abermals eine Debatte darüber ausgelöst hat, wie Banken reguliert werden sollten, um in Zukunft ähnliche Situationen zu vermeiden. Die UBS unterstütze viele der Empfehlungen, welche die Schweizer Regierung in ihrem „Bericht zur Bankenstabilität“ kürzlich vorgelegt hat. Er zeigte sich aber auch „ernsthaft besorgt über einige der Diskussionen im Zusammenhang mit zusätzlichen Kapitalanforderungen. Zusätzliches Kapital ist das falsche Mittel“. Damit bezog sich der Ire auf den Vorschlag der Regierung, dass Großbanken ihre ausländischen Beteiligungen fortan nicht nur mit 60 Prozent, sondern mit bis zu 100 Prozent mit Eigenkapital unterlegen sollten. Nach Schätzungen von Analysten könnte dies bedeuten, dass die UBS in den nächsten Jahren zusätzlich 15 bis 25 Milliarden Dollar Eigenkapital benötigt.

Es könne keine regulatorische Lösung für ein fehlerhaftes Geschäftsmodell geben, sagte Kelleher mit Blick auf den größtenteils selbstverschuldeten Niedergang der Credit Suisse. Die UBS halte heute verlustabsorbierendes Kapital von mehr als 200 Milliarden Dollar. „Dass wir in der Lage waren, die Credit Suisse zu übernehmen, zeigt: Es lag nicht am regulatorischen Regelwerk.“

Die UBS sei eine tragende Säule des Schweizer Finanzsektors, der 9,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschafte. Um diese Position zu halten, müsse sich die Regulierung der Schweiz weitgehend an globalen Standards orientieren. Die UBS sei nicht „too big to fail“ und habe auch keine implizite Staatsgarantie. Sergio Ermotti verwies darauf, dass die Ratingagenturen in ihren Bewertungen der UBS keine Staatsgarantie einkalkulierten.

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