CHEMIEINDUSTRIE: COVESTRO-CHEF: „IN CHINA SIND ÜBERKAPAZITäTEN WEITER ERHEBLICH“

Der Chemiekonzern schlägt sich im ersten Quartal besser als erwartet. Laut Vorstandschef Markus Steilemann ist gerade in China die Erholung spürbar – aber ebenso ein starker Preisdruck.

Der Kunststoffhersteller Covestro spürt eine weitere konjunkturelle Erholung in wichtigen Weltregionen. „Wir sehen zarte Pflänzchen im ersten Quartal und sind gut in den April gestartet“, sagte der Vorstandsvorsitzende Markus Steilemann am Dienstag im Gespräch mit dem Handelsblatt. In vielen Segmenten sei zu erkennen, dass der Bedarf der Kunden wieder steige. Zugleich seien aber die Verkaufspreise weiter niedrig.

Covestro ist einer der größten Lieferanten von Kunststoffen weltweit und merkt konjunkturelle Veränderungen früh. Die Erholung sei nicht in allen Regionen gleich stark, vor allem die Märkte in China und dem restlichen Asien zeigten sich in besserer Verfassung, sagte Steilemann. Auch in Europa gebe es Zuwächse, doch hier sei man noch weit entfernt von den Produktionsmengen aus den Zeiten vor Corona und dem Ukrainekrieg.

„Europa hat großen Nachholbedarf, aber ein strukturelles Problem. Wenn es uns nicht gelingt, die Industrie in Europa zu halten, werden wir nicht wieder zu alter Stärke zurückkehren“, sagte Steilemann mit Blick auf die gesamte Industrielandschaft. Der Manager ist Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI).

Aber auch in China bleibt die Lage herausfordernd. Neben Covestro sprechen zwar andere Chemiekonzerne wie BASF aktuell ebenfalls von einer spürbaren Besserung der dortigen Industrienachfrage. Das ist wichtig, weil China der mit Abstand größte Chemiemarkt weltweit ist. Der Druck auf die Preise ist in dem Land und auch auf den Weltmärkten aber anhaltend hoch.

„Chinesische Firmen haben erhebliche Überkapazitäten und wollen mit Kostensenkungen und steigendem Export ihre Anlagen besser auslasten“, sagte Steilemann. „Deswegen bleibt der Markt preislich stark umkämpft.“ Das beunruhigt den Covestro-Chef nicht. Zum einen kann der Kunststoffhersteller mit seinen modernen Anlagen kostengünstig produzieren.

Covestro profitiert von Chinas Elektromobilitäts-Boom

Zum anderen profitiere Covestro davon, dass die chinesische Regierung den Einsatz von höherwertigen und innovativen Produkten im Land stärken will. „Es findet jetzt ein Upgrade in der gesamten chinesischen Wirtschaft statt“, sagt Steilemann.

In dem Land sei auch die Dynamik in der Elektromobilität weiterhin hoch. Covestro profitiert davon, weil der Konzern beispielsweise Kunststoffe für den Leichtbau von E-Autos produziert – und zwar zum Großteil für chinesische Autohersteller. In Europa und den USA seien die Verbraucher hingegen stark verunsichert, was die Zukunft der E-Mobilität angeht, beobachtet Steilemann.

Für den weiteren Jahresverlauf zeigt sich der Covestro-Chef vorsichtig optimistisch. „Die konjunkturelle und geopolitische Lage bleibt unsicher, das macht alle Prognosen schwierig.“ Das Unternehmen sehe aber gute Chancen, beim Gewinn im zweiten Halbjahr zulegen zu können. Die breite Prognosespanne für den operativen Gewinn (Ebitda) zwischen 1 und 1,6 Milliarden Euro hält der Dax-Konzern weiter aufrecht.

Die Leverkusener profitierten im ersten Quartal auch davon, dass sie technische Probleme in ihren Anlagen beseitigten. 2022 und 2023 war die Auslastung nicht allein wegen der schwachen Nachfrage niedrig, sondern auch wegen Fehlern bei Vorprodukten. Die seien jetzt beseitigt. Am Ende stand im ersten Quartal ein Zuwachs beim Produktionsvolumen von zwölf Prozent.

Zugleich sanken aber die Verkaufspreise kräftig, weil Covestro die niedrigeren Kosten für Rohstoffe und Energie an die Kunden weitergab. Daher sank der Umsatz um sechs Prozent auf 3,5 Milliarden Euro und der operative Gewinn (Ebitda) um 4,5 Prozent auf 273 Millionen Euro. Damit schlug sich Covestro besser als von Analysten erwartet.

Zum Stand der Übernahmegespräche mit Adnoc wollte sich der Covestro-Chef nicht äußern. Der Konzern wird seit dem vergangenen Sommer von dem staatlichen Ölkonzern aus Abu Dhabi umworben und bestätigte im September die Aufnahme von ergebnisoffenen Gesprächen.

Covestro bekräftigt seither, dass die Gespräche ergebnisoffen und im Interesse aller Stakeholder des Unternehmens geführt würden. Zu der Frage, ob es einen konkreten Zeitplan für die Gespräche gebe, wollte sich das Unternehmen nicht äußern.

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