LUFTFAHRT-KONZERN: AKTIONäRE TRAUEN DEM OPTIMISMUS DER LUFTHANSA-FüHRUNG NICHT

Die Dividende fällt mickrig aus und die Kosten steigen. Die Anteilseigner fordern von der neuen Führung mehr Konzentration auf die Kunden. Und auch sonst sehen sie noch einige Baustellen.

Gute operative Zahlen, aber eine nur bescheidende Kursentwicklung – die Aktionäre des Luftfahrtkonzerns Lufthansa hadern mit ihrem Investment. Das geht aus vorab veröffentlichten Redebeiträgen auf der Hauptversammlung am Dienstag hervor. „Nach einem steilen Steigflug ging die Aktie in den kontinuierlichen Sinkflug über, der Absturz konnte zum Schluss nur knapp verhindert werden“, sagt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment laut Sprechzettel.

Magere drei Prozent stand die Lufthansa-Aktie nach Ablauf des Geschäftsjahrs im Plus. Das sei deutlich schlechter als wichtige Indizes wie etwa der Deutsche Aktienindex (Dax), klagt Speich. Die Kursentwicklung ist nicht der einzige Punkt, über den sich die Anteilseigner ärgern. Auch die Dividende gefällt nicht jedem.

Dabei soll es nach längerem Verzicht endlich wieder Geld für die Anteilseigner geben. Konzernchef Carsten Spohr sagt laut Skript in seiner Rede: „Erstmals seit 2019 schlagen wir unseren Aktionärinnen und Aktionären wieder eine Dividende von 30 Cent pro Aktie vor.“

Lufthansa: Niedrige Kundenzufriedenheit beschäftigt Aktionäre

Doch während große Fondsgesellschaften wie Deka oder DWS Investment die Ausschüttungsquote als „aktuell angemessen“ bezeichnen, wie es Corporate-Governance-Experte Hendrik Schmidt von der DWS formuliert, verlangen Kleinaktionäre mehr. Das zeigen Gegenanträge zur Tagesordnung. Eine Kritik lautete: Die Belegschaft bekommt über die Ergebnisbeteiligung mehr als eine halbe Milliarde Euro, die Dividendensumme liegt dagegen bei knapp 360 Millionen Euro.

„Von unserer wirtschaftlichen Stärke profitieren alle“, verteidigt Spohr die Entscheidung. Schließlich investiere Lufthansa im laufenden Jahr 4,5 Milliarden Euro in neue Flugzeuge, Kabinenausstattungen, Lounges, Bodenprozesse sowie persönliche und digitale Services. Das klare Ziel sei es, den Kundinnen und Kunden durchgängig das Premiumerlebnis zu bieten, das diese „zu Recht von uns erwarten“.

Das erwarten auch die Aktionärsvertreter. Der Vorstand müsse der Erfüllung des Anspruchs, wirklich Premium zu sein, stärker nachkommen – im Flugerlebnis aber auch im Digitalen, mahnt Schmidt von der DWS: „Die Lufthansa braucht Kunden, und zwar zufriedene Kunden.“

Das Ansehen der Premiummarken im Konzern habe überdurchschnittlich gelitten, so Speich von der Deka: „Wenn die niedrige Kundenzufriedenheit anhält, könnte die Marke beschädigt werden.“ Der sogenannte Net Promoter Score der Netzwerk-Gesellschaften ist im vergangenen massiv gefallen – vor allem bei der Kernmarke Lufthansa. Der Wert misst, wie stark die Kundinnen und Kunden ein Produkt oder eine Dienstleistung weiterempfehlen.

Trotz der Kritik versucht Lufthansa-Chef Spohr beim Aktionärstreffen, Zuversicht zu verbreiten. Die Nachfrage nach Flugreisen sei ungebrochen hoch. „Privatreisende buchen weiterhin mehr First- und Business-Class-Flüge. Und auch der Geschäftsreiseverkehr erholt sich weiter, vor allem auf transatlantischen Strecken.“

Die Lufthansa-Gruppe hatte 2023 das drittbeste Ergebnis in der Unternehmensgeschichte erzielt. Das lag nicht zuletzt an hohen Ticketpreisen. Eine starke Nachfrage stieß auf ein begrenztes Angebot, weil neue Flugzeuge und Personal fehlen. Laut Spohr setzt sich das im laufenden Jahr fort.

Doch viele Anteilseigner mögen diesem Optimismus nicht so recht trauen. Sie sehen Europas größten Luftfahrtkonzern erneut vor schwierigen Zeiten. Die gute finanzielle Situation werde nicht so bleiben, ist ihre Sorge. Zumal die Kosten stärker steigen würden als erwartet, auch durch hohe Tarifabschlüsse. „Nutzen Sie diese Phase, sich zukunftsweisend aufzustellen und sich auf das Ende dieser Sonderkonjunktur vorzubereiten“, mahnt Speich von der Deka.

Kritik bekommt der Aufsichtsrat für den vor einigen Wochen angekündigten radikalen Umbau des Vorstands. Vier von sechs Vorstandsmitgliedern scheiden demnächst aus, drei neue kommen in das auf fünf Sitze verkleinerte Gremium. Anlegerschützer Speich spricht von einer „Notlandung“ angesichts der Dauerkrise. Das habe den Aktienkurs zusätzlich belastet.

Schmidt gibt der künftigen Führung neben dem Thema Kundenzufriedenheit noch eine andere Aufgabe mit auf den Weg. Das Gremium müsse sich wieder auf eine verlässliche Kapitalmarktkommunikation konzentrieren, sodass „wir als Aktionäre auch wieder verstärktes Vertrauen fassen können“. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Gewinnprognose, die das Management kürzlich nach unten korrigiert hatte: „Das Verhältnis zwischen Lufthansa und Investoren hat im Rahmen der Gewinnwarnung von Mitte April wieder spürbar gelitten.“

2024-05-07T10:36:46Z dg43tfdfdgfd