MITTENWALDER GEMEINDERAT POLTERT: „ERSTER SCHRITT ZUR ENTEIGNUNG“

Reizwort FMD

Mittenwalder Gemeinderat poltert: „Erster Schritt zur Enteignung“

Bauland in Bayern ist nicht unbegrenzt vorhanden und südlich von München auch noch sündteuer. Die Staatsregierung hat daher eine Initiative gestartet, um Ressourcen zu sparen und eine Zersiedelung zu verhindern. Ein Vorstoß, der in Mittenwald nicht sonderlich gut ankommt.

Mittenwald – Florian Lipp (Freie Wähler) ist bekannt für sein Isartaler Temperament. Wenn dem „Dauberweiß“ etwas nicht passt, dann spricht er es offen aus – vor allem in seiner Funktion als Mittenwalder Marktgemeinderat.

Was den Bau-Referenten diesmal in Rage bringt, ist ein Vorstoß der bayerischen Staatsregierung. Konkret geht es um die Flächenmanagement-Datenbank (FMD) des Bayerischen Landesamts für Umwelt. Darin sollen beispielsweise innerörtliche unangetastete Baugrundstücke zentral erfasst werden. So will sich der Freistaat unter anderem einen Überblick über sogenannte Potenzialflächen verschaffen, die zuerst genutzt werden sollen, bevor Kommunen Areale außerhalb entwickeln. Getreu dem Motto: Erst Baulücken schließen, bevor es weiteren Flächenfraß gibt. Gerne ist dann von dem Wortungetüm Nachverdichtung die Rede.

Eine aktive Nachfrage bei Grundstücksbesitzern, um einen Handlungsdruck auszuüben.

Marktbaumeister Ralf Bues

Doch dieses Monitoring, wie es im Amtsdeutsch heißt, zeitigt nur dann Erfolg, wenn die einzelnen Gemeinden dem Freistaat bei der Entwicklung seiner FMD unterstützen. Deshalb gehen laut Marktbaumeister Ralf Bues „noch vor der Sommerpause“ Schreiben heraus. Die Adressaten sind rund 60 Privatpersonen, denen innerhalb der Ortsgrenzen noch ungenutztes Bauland gehört. In entsprechenden Fragebögen sollen sie sich etwa zu Leerständen oder Baulücken äußern.

„Eine aktive Nachfrage bei Grundstücksbesitzern, um einen Handlungsdruck auszuüben“, sagte Bues neulich im Gemeinderat. Eine Methode, um „eine Zersiedelung zu verhindern“, ergänzte Bürgermeister. „Das ist keine Schikane des Marktes Mittenwald.“

Doch Gemeinderat Florian Lipp findet den Vorstoß der Staatsregierung dennoch nicht lustig. Ganz im Gegenteil: „Typisch deutsch, wir reden immer noch von Privateigentum“, schimpft der „Dauberweiß“. „Mit welchem Geld sollen’s denn bauen?“, fragte er in die Runde und zielt damit natürlich auf die gestiegenen Zinsen und die allgemeine Preissteigerung gerade auf dem Bausektor. Daher hat Lipp eine klare Meinung zu diesem Flächen-Management: „Ein Schmarrn, ein hanebüchener Krampf, das wäre der Schritt zur Enteignung!“

Auch SPD-Gemeinderätin Ursula Seydel – als Architektin bekanntlich vom Fach – hat gewisse Zweifel. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich da jemand ermutigt fühlt.“ Sprich: Der Kommune in besagtem Fragebogen ausführlich Auskunft über Privateigentum gibt. Seydel findet ebenso den Zeitpunkt von der Staatsregierung unglücklich gewählt. „Ausgerechnet jetzt diese Initiative.“ Denn wer möchte aktuell ob der schwierigeren Rahmenbedingungen sein innerörtliches Grundstück schon bebauen geschweige denn verkaufen. „Ich bin gespannt, was da zurückkommt“, rätselt auch Marktbaumeister Bues gegenüber dem Tagblatt. Denn selbst die Gemeinde betritt mit dieser Befragung absolutes Neuland.

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