MUSTERDEPOT – DAS NACHHALTIGKEITS-DEPOT: KEINE AUFTEILUNG IN SCHWARZ UND WEIß BEI NACHHALTIGEM INVESTMENT

Gewinne mitnehmen und Verluste begrenzen: Der Liquiditätsbestand im Musterdepot erhöht sich. Bei neuen Investments agiert Strategin Gabriele Hartmann vorsichtig.

In den vergangenen Handelstagen wurden die Finanzmärkte risikoaverser: Die weltweiten Aktienindizes korrigierten von ihren Höchstkursen. Das gelbe Edelmetall war weiterhin stark gefragt, und der US-Dollar gewann gegenüber dem Euro an Wert hinzu.

Zu diesem Stimmungswechsel haben die Befürchtungen über eine Eskalation des Konflikts im Nahen Osten beigetragen, die US-Inflationszahlen, die über den Erwartungen lagen, sowie eine durchwachsene Berichtssaison der US-Unternehmen. Wie ernst sollten Investoren diese geopolitischen Veränderungen nehmen?

Entscheidend wird sein, wie mögliche Vergeltungsmaßnahmen Israels aussehen könnten oder ob es zu einer Eskalation durch Stellvertreter des Irans in der Region kommt. Das Risiko für einen weiteren Anstieg der Rohstoffpreise rückt damit in den Fokus. Nach der Bekanntgabe der US-Inflationszahlen in der vergangenen Woche erwarten die Märkte nur noch zwei Zinssenkungen der US-Notenbank Fed. Falls die Zinsen längere Zeit höher bleiben sollten, dürften die Aktienmärkte einen stärkeren Gegenwind zu spüren bekommen.

Die Mehrheit der Marktteilnehmer erwartet jedoch, dass die US-Inflation mit der Zeit tiefer tendieren dürfte. Denn das aktuelle US-Zinsniveau erscheint hoch genug, um das Wachstum zu drücken und den Preisdruck weiter zu verringern. Zinssenkungen dürften also nur aufgeschoben und nicht aufgehoben sein. Das gegenwärtige Umfeld aus geopolitischen Risiken, Inflationsunsicherheit und Besorgnis über die Marktbewertungen ist dennoch ein harter Test für die Anlagemärkte.

In Rüstung investieren?

Für mich ist es ein Anlass, bei ausgewählten Titeln Gewinne mitzunehmen oder im Falle von Reckitt Benckiser die Verluste zu begrenzen. Damit erhöht sich der Liquiditätsbestand im Musterdepot. Hinsichtlich neuer Engagements bin ich aufgrund der genannten Risiken gegenwärtig zurückhaltend. Es gibt nur wenig Segmente, die eine attraktive Bewertung aufweisen und dennoch Wachstumspotenzial haben.

Angesichts des Konflikts im Nahen Osten, des anhaltenden Kriegs in der Ukraine und weltweit steigender Budgets für Militärausgaben stellt sich auch die Frage, ob Rüstungsaktien ein gutes Investment sein könnten. Das ist gewagt, schließlich spreche ich für das Musterdepot Nachhaltigkeit.

Hier gibt es eine klare Meinung: Rüstungsaktien sind ausgeschlossen! So sieht es der Branchenverband in Deutschland und gibt damit die überwiegende Haltung nachhaltiger Investoren wieder. Auch in den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen ist mit dem Ziel 16 „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ ein klares Bekenntnis niedergeschrieben. Hersteller von Rüstungsgütern verhindern das Erreichen von Frieden.

Wer den Frieden sichern will, rüstet für den Krieg?

Ähnlich fiel auch mein Kommentar für das Musterdepot vor zwei Jahren aus und – um es gleich vorwegzunehmen – die frei gewordenen Mittel im Musterdepot Nachhaltigkeit werden nicht in Rheinmetall investiert, um nur einen der bekannten Rüstungsanbieter zu nennen.

Eine andere Perspektive erscheint mir aber wichtig: Wie sieht es mit dem bekannten lateinischen Sprichwort „Si vis pacem para bellum“ aus? Übersetzt wird es häufig mit: „Wer den Frieden sichern will, rüstet für den Krieg.“ Dahinter steht die Idee, sich gegen jedes Unrecht zu sichern, wenn man mächtig ist. Ist Deutschland mächtig?

In diesem Jahr wird der deutsche Bundeshaushalt zum ersten Mal seit dreißig Jahren das geforderte Nato-Ziel von zwei Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben. Wie auch das Handelsblatt im Februar dieses Jahres berichtete, ist dieser Wert im historischen Vergleich jedoch gering: Mehrfach in der Geschichte der Bundesrepublik war er doppelt so hoch wie heute.

Ein offener Dialog ist wichtig

Mir geht es hier weniger um eine Bewertung des deutschen Militärbudgets als vielmehr um das Hinterfragen fester Dogmen. Entspricht eine „Aufteilung in Schwarz und Weiß“, wie sie durch Ausschlusskriterien bei nachhaltigen Geldanlagen häufig vorgenommen wird, immer noch dem Umfeld einer sich stets verändernden, multi-polaren Welt?

Das sieht man auch an der Debatte um die Atomenergie in Deutschland. In meinen Augen ist diese Diskussion kein „Greenwashing“, sondern eine Antwort auf die Herausforderungen und Veränderungen unserer Zeit.

Diese Perspektive und ein offener Dialog erscheinen mir wichtig. Damit verhindern wir ein „Ende von ESG-Investments“, wie Alex Edmans von der London Business School in einem Artikel schrieb, und führen das Thema in die Mitte der Gesellschaft, wo es hingehört.

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