NEUE STUDIE: BüRGERGELD BREMST EINSTIEG IN ARBEIT

Lohnt sich Arbeit noch? Diese Frage ist seit der Bürgergeldreform von 2023 oft gestellt worden. Und genauso oft haben ihre Verteidiger aus Politik und Sozialverbänden die damit aufgeworfenen Zweifel als „Stimmungsmache ohne wissenschaftliche Basis“ zurückgewiesen.

Nun aber gibt es eine erste wissenschaftliche Studie, die einige der Zweifel bestätigt. Vor allem, so zeigt sie, nehmen seither si­gnifikant weniger Bürgergeldbezieher eine neue Arbeit auf. Die Studie kommt aus dem über politische Lagergrenzen hinweg respektierten Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit.

Zwar gab es in jüngerer Zeit auch andere Entwicklungen, die dazu beitrugen, dass die Zahl der Arbeitsaufnahmen heute deutlich niedriger ist als vor der Corona-Pandemie. Dazu zählen die schlechtere Wirtschaftslage und die Herausforderung, Flüchtlinge mit anfangs geringen Deutschkenntnissen aus dem Bürgergeld in Arbeit zu bringen.

Weniger Druck auf Arbeitslose

Diese Faktoren hat IAB-Forscher Enzo Weber für seine Analyse aber herausgerechnet, um die Effekte der Bürgergeldreform freizulegen. Die Zahl der Arbeitslosen im Grundsicherungssystem, die im Laufe eines Monats neu in Arbeit einsteigen, ist demnach aufgrund dieser Effekte im ersten Jahr nach der Reform um 5,7 Prozent gesunken.

Mit dem Bürgergeld wurden Geldleistungen erhöht und Sanktionen abgemildert. Auch wurden die Jobcenter zu einem stärker kooperativen Umgang mit Arbeitslosen angehalten. Zudem wurde eine Regelung aus der Corona-Pandemie dauerhaft festgeschrieben: Wer mehrere Zehntausend Euro Vermögen hat, muss dieses nicht erst aufbrauchen, bevor er Bürgergeld erhält.

Es gab aber auch noch andere Maßnahmen, die sich schon vor der Reform negativ auswirkten. So hat die Ampelkoalition 2022 die Sanktionen gegen sogenannte Pflichtverletzer befristet ausgesetzt. Dieses sechsmonatige „Moratorium“ senkte die Zahl der Arbeitsaufnahmen um 4 Prozent, wie Weber zeigt. Und schon 2019 hatte ein Verfassungsgerichtsurteil die maximale Sanktionshöhe reduziert. Dies senkte die Zahl der Ar­beits­aufnahmen laut Weber um 2,6 Prozent.

Zur Verschlechterung dieser Kenngröße im Zuge der Bürgergeldreform könnte indes theoretisch auch ein erwünschter Faktor beigetragen haben: Die Jobcenter sollen Arbeitslosen seither im Zweifel eher eine solide Qualifizierung vermitteln als den nächstbesten Helferjob. Allerdings konnte Weber in den Daten keinen Anstieg der Qualifizierungen feststellen.

Als Konsequenz aus den Erkenntnissen empfiehlt er, die Arbeitsaufnahme finanziell lohnender zu machen, indem eigene Verdienste weniger hart als heute mit dem Sozialtransfer verrechnet werden. Außerdem zeige sich: „Auch unter den neuen Bedingungen mit Arbeitskräfteknappheit braucht es eine hinreichende Verbindlichkeit, um die Beendigung von Arbeitslosigkeit zu unterstützen“, urteilt der Forscher.

2024-05-08T06:49:26Z dg43tfdfdgfd