NICARAGUA ENTZIEHT CHINESISCHER HKND GROUP KONZESSION FüR MEGA-KANALPROJEKT

Startschuss war 2014 – aber dann kam das Vorhaben nicht mehr voran: Nicaragua hat den Auftrag für den Bau einer 50 Milliarden Dollar teuren Wasserstraße deshalb nun widerrufen.

Zehn Jahre nach dem ersten Spatenstich für einen Kanal zwischen Atlantik und Pazifik in Nicaragua hat die autoritäre Regierung von Präsident Daniel Ortega der chinesischen Firma HKND Group die Konzession für den Bau entzogen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Großen Interozeanischen Kanal würden verändert, kündigte die Nationalversammlung des mittelamerikanischen Landes am Mittwoch (Ortszeit) an. Gründe für die Reform und die Auflösung des Vertrags wurden zunächst nicht genannt. Das Verkehrsministerium werde nun die Verwaltung der Kanalbehörde übernehmen, hieß es.

DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war - und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.

Der Unternehmer Wang Jing, der das Projekt federführend betrieben hatte, sei durch einen Crash der Aktienmärkte in China in finanzielle Schwierigkeiten geraten, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Wang Jing habe dem Reichen-Ranking des US-Wirtschaftsmagazins »Forbes« zufolge Milliarden verloren. Kritiker hatten von Anfang an bezweifelt, dass das in Infrastrukturvorhaben recht unerfahrene Hongkonger Konsortium HKND zu dem Megaprojekt überhaupt in der Lage sein würde. Das Unternehmen sollte den Kanal nicht nur bauen, sondern auch für bis zu 100 Jahre betreiben.

Baukosten: 50 Milliarden Dollar

Die Bauarbeiten an dem geplanten 278 Kilometer langen Kanal waren zwar 2014 symbolisch aufgenommen worden, kamen aber nie richtig voran. Neben der Wasserstraße waren eine Eisenbahnlinie, eine Ölpipeline, zwei Häfen und ein Flughafen vorgesehen. Baukosten: geschätzte 50 Milliarden US-Dollar – 46,5 Milliarden Euro.

Der Kanal sollte an der Brito-Mündung an der pazifischen Seite Mittelamerikas starten, über den Nicaraguasee führen und an der Punta-Gorda-Mündung die Karibik erreichen. Er soll 30 Meter tief sein und gigantischen Containerfrachtern der sogenannten Post-Panamax-Klasse Raum bieten, die mehr als 18.000 Standardcontainer transportieren können. Bei der Fertigstellung würde die Wasserstraße dem weiter südlich gelegenen Panamakanal Konkurrenz machen, der seit einem Jahrhundert eine Abkürzung quer durch den südamerikanischen Teilkontinent bietet. Ihn können aber nur Schiffe mit bis zu 80.000 Tonnen passieren.

Rund 30.000 Menschen hätten für das riesige Bauprojekt ihre Heimatorte verlassen müssen. Naturschützer warnten vor verheerenden Umweltschäden – vor allem wegen der geplanten Streckenführung durch den Nicaraguasee. Der See ist das größte Trinkwasserreservoir Mittelamerikas. Die Havarie eines Öltankers könnte die Wasserversorgung der ganzen Region gefährden. Zudem hätten für den Kanal Tausende Quadratkilometer Urwald abgeholzt werden müssen.

Unmittelbar nach Baubeginn gab es landesweit Proteste gegen den Kanal, die von den Behörden mit großer Härte niedergeschlagen wurde. 2019 verhängte ein Richter drakonische Strafen gegen drei Bauern, die an den Protesten beteiligt waren – sie erhielten Haftstrafen von 216, 210 und 159 Jahren. Vorwurf der Anklage: »versuchter Staatsstreich«.

2024-05-09T05:29:08Z dg43tfdfdgfd