ROBERT HABECK PLäDIERT FüR »WUCHTIGE« ENTLASTUNG DER WIRTSCHAFT

Wirtschaftsminister Habeck will die Konjunktur im großen Stil ankurbeln und Unternehmen steuerlich entlasten. Was nach radikalem FDP-Plan klingt, ist in Wahrheit Grüne pur.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat zuletzt mit seinem stoischen Optimismus den Verdruss der deutschen Unternehmerlobby auf sich gezogen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck räumt nun Aufholbedarf der Regierung ein und hat sich für ein »kurzfristiges« und »wuchtiges« steuerliches Entlastungsprogramm für die Wirtschaft ausgesprochen. Um dies zu finanzieren, warb der Grünenpolitiker am Montagabend bei einem Lesertreff der »HNA« in Kassel für eine Reform der Schuldenbremse.

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Was das Land brauche, seien Investition und Innovation, sagte der Grünen-Minister. Die Möglichkeiten seien aber »sehr, sehr begrenzt«, weil am Ende eines Jahres der Haushalt ausgeglichen sein müsse. Mehr Flexibilität würde es erlauben, mehr für die Bauwirtschaft und für Investitionen der Firmen zu tun. Mit Blick auf eine Reform der Schuldenbremse sagte Habeck, er glaube, dass diese Diskussion zur Bundestagswahl hin noch mal geführt werde. Zugleich räumte er aber ein, dass es derzeit keine politische Mehrheit für eine solche Reform gebe.

Die Aussagen Habecks auf eine Leserfrage hin kommen kurz nach dem FDP-Parteitag. Die FDP hatte angesichts der Wachstumsschwäche in Deutschland ein Papier für eine »Wirtschaftswende« beschlossen. Die FDP fordert unter anderem die volle Abschaffung des Solidaritätszuschlags sowie Verschärfungen bei Sozialleistungen. Auf das FDP-Papier ging Habeck nicht ein.

Er sagte mit Blick auf die Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung über den Bundeshaushalt 2025, die Mittel seien knapp. Notwendig wären aber konjunkturelle Impulse.

»Lass uns den Stier bei den Hörnern packen«

Die Stimmung helle sich derzeit auf. Die Krise der letzten zwei Jahre mit hohen Energiekosten und einer hohen Inflation scheine sich dem Ende zuzubewegen. »Wenn ich jetzt also könnte, wie ich wollte, dann würde ich sagen: Lass uns den Stier bei den Hörnern packen und jetzt investieren wir. Und die Investitionen von Bau bis neue Anschaffungen für die Maschinen, die könnt Ihr auch abschreiben. Also jetzt lohnt es sich, wieder in Deutschland zu investieren, weil wir ein kurzfristiges, aber wuchtiges Entlastungsprogramm, ein steuerliches Entlastungsprogramm, machen«, sagte Habeck. »Das würde jetzt den Impuls geben, dass es wirklich losgeht.«

Dies bedeute aber weniger Steuereinnahmen. »Weniger Steuereinnahmen heißt, der Haushalt ist nicht ausgeglichen und deswegen passiert das nicht. Das ist der Grund, warum wir diese bleierne Zeit in den Klamotten immer weiter mit uns rumschleppen, außer eben die Unternehmen und die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland sind so entschlossen, dass sie es trotzdem machen.«

Impulse vom Staat blieben weit unter dem, was er eigentlich für notwendig halte, sagte Habeck. »Weil wir uns ein Stück weit selbst – das darf ich so sagen – die Hände hinter dem Rücken gefesselt haben, aber so gewinnt man eben auch keinen Boxkampf.«

Habeck will Firmen bei Lieferkettengesetz »Luft zum Atmen« geben

Zugleich sprach sich der Wirtschaftsminister für Änderungen am deutschen Lieferkettengesetz aus. Es müsse schlanker, freundlicher und pragmatischer werden. Die deutsche Wirtschaft müsse »Luft zum Atmen« bekomme, sagte Habeck mit Blick auf Berichtspflichten – »ohne dass wir Zwangsarbeit und Ausbeutungsverhältnisse tolerieren. Das wollen wir natürlich nicht«, so der Minister. »Aber nur, dass darüber berichtet wird, ist am Ende auch kein Grund, dass das überwunden wird. Also insofern: wir können die Normen so lassen, aber wir können sie deutlich schlanker in der Umsetzung machen.«

Habeck wies auch auf das geplante EU-Lieferkettengesetz hin, nach dem keine zusätzlichen Berichtspflichten eingeführt werden sollten. Der Minister machte Vorschläge, wie zunächst das deutsche Gesetz leichter gemacht werden könne für Unternehmen. Falls einmal eine Lieferkette gemeldet worden sei, liege es am Staat, bei neuen Produkten Daten auszutauschen. Der Staat wäre dann eine Serviceagentur, nicht »strenger Oberlehrer, der dauernd kontrolliert«. Berichte müssten außerdem digital eingereicht werden können und es müsse generell Erleichterungen für kleine Firmen geben.

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