SOZIALE MEDIEN: TIKTOK VOR VERBOT IN USA – DIE WICHTIGSTEN FRAGEN UND ANTWORTEN

Vor der Abstimmung des US-Kongresses: Der erzwungene Verkauf von Tiktok wird immer wahrscheinlicher. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die USA stehen kurz davor, einen Teilverkauf der Video-App Tiktok zu erzwingen. Am Samstag stimmt das Abgeordnetenhaus darüber ab, ob der chinesische Mutterkonzern Bytedance sein US-Geschäft verkaufen muss – um so ein Verbot der App zu vermeiden.

Nach vielen Verhandlungen gilt eine Zustimmung der Kongresskammer als sehr wahrscheinlich. Die Demokratische und Republikanische Partei sind zwar in vielen Punkten zerstritten, bei einem Thema herrscht aber Einigkeit: China.

Sollte es so kommen, könnte Bytedance für sein US-Geschäft zwar einen von Experten geschätzten Verkaufspreis von rund 100 Milliarden Dollar verlangen. Zugleich würde es den Zugang zum wichtigsten Auslandsmarkt abgeben.

Das wäre ein großer Einschnitt – aber wie wahrscheinlich ist das Szenario? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Tiktok-Verbot: Wann tritt das Gesetz in Kraft?

Die Zustimmung des Repräsentantenhauses ist so gut wie sicher, auch weil das Verbot an andere Gesetzesvorlagen wie Finanzhilfen für die Ukraine und Israel geknüpft ist. Danach muss noch der Senat zustimmen und Präsident Joe Biden das Gesetz unterzeichnen. Letzteres gilt als sicher, Biden äußerte sich bereits in die Richtung.

Auch der Senat dürfte nach Ansicht von Politikbeobachtern rasch grünes Licht geben. Der „Protecting Americans from Foreign Adversary Controlled Applications Act’’ wurde vor wenigen Tagen in einigen Punkten geändert, um Bedenken von Senatoren aus dem Weg zu räumen.

So wurde die Frist für Tiktok für einen Verkauf von sechs auf zwölf Monate verlängert. Zum einen hat das Gesetz damit mehr Chancen, bei einer Klage von Tiktok von einem Bundesgericht nicht abgewiesen zu werden.

Zum anderen wäre das Thema bei einer Verkaufsfrist innerhalb von sechs Monaten genau im US-Präsidentschaftswahlkampf hochgekocht – doch gerade bei jungen Amerikanerinnen und Amerikanern ist ein Verbot unpopulär. Insgesamt sind laut einer Umfrage des unabhängigen Instituts Center for Public Affairs Research 31 Prozent dafür, während sich 35 Prozent dagegen aussprechen.

Warum soll Tiktok in den USA verboten werden?

Die Plattform wird weltweit von einer Milliarde Menschen genutzt, davon 170 Millionen in den USA. Dort erwirtschaftete Tiktok einen Umsatz von 16 Milliarden Dollar im Jahr 2023. Das entspricht mehr als einem Zehntel des Gesamtumsatzes des chinesischen Mutterkonzerns Bytedance (120 Milliarden Dollar).

Kritiker sehen in dem sozialen Medium eine Gefahr. Die chinesische Regierung könnte Bytedance zwingen, Daten von Amerikanern herauszugeben. Bytedance sagt, bisher keine solche Anfrage erhalten zu haben. Ohnehin würde es in dem Fall keine Daten weitergeben. Das bezweifeln allerdings viele Politiker und Experten in den USA.

Eine weitere Sorge: China könnte die Algorithmen von Tiktok für politische Botschaften nutzen, beispielsweise für antiisraelische Propaganda, oder den US-Wahlkampf beeinflussen. Auch den Vorwurf weist Bytedance von sich.

Möglichkeiten zur Einflussnahme wären da: Amerikanische Nutzer verbringen durchschnittlich 52 Minuten pro Tag auf Tiktok.

Wie geht es weiter?

Bytedance will Tiktok nicht verkaufen und wird mit allen Mitteln gegen das Gesetz angehen. Der Konzern wird sich vor einem Bundesgericht auf die US-Verfassung und das Recht der freien Meinungsäußerung berufen.

Die Chancen stehen nicht unbedingt schlecht für den Konzern. Das Recht der freien Meinungsäußerung wird in den USA sehr hochgehalten. So urteilten Bundesrichter zweimal gegen das Handelsministerium, das Tiktok schon 2020 auf Anweisung des damaligen Präsidenten Donald Trump verbieten wollte.

Gibt es ähnliche Bestrebungen in der EU oder Deutschland?

In der EU gibt es kein vergleichbares Gesetzesvorhaben. Allerdings hat die Europäische Kommission im Februar dieses Jahres ein Verfahren gegen Tiktok eingeleitet.

Die EU-Kommission will prüfen, ob Tiktok gegen das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) verstößt. Es geht insbesondere um den Jugendschutz. Tiktok steht im Verdacht, Kinder und Jugendliche durch seinen hochentwickelten Algorithmus süchtig zu machen.

Bei Verstößen gegen den Digital Services Act können Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden. Im Extremfall kann die Kommission Tiktok auch vorübergehend in der EU verbieten lassen. Das Bundesinnenministerium unterstützt das Prüfverfahren.

Gibt es Tiktok-Verbote in anderen Ländern?

Zahlreiche Länder haben Mitgliedern von Regierungen und Parlamenten bereits verboten, die App auf ihren Diensthandys zu installieren. Teilweise betrifft das auch deren Mitarbeiter.

Zu diesen Ländern gehören die USA, Großbritannien, Belgien und Dänemark. Frankreich verbietet die dienstliche Nutzung der App sogar sämtlichen Beamten. Auch die Europäische Kommission, das EU-Parlament und der Europäische Rat schreiben das vor.

In Indien ist Tiktok seit 2020 generell nicht mehr erlaubt. Das war eine Reaktion der indischen Regierung auf einen tödlichen Zusammenstoß zwischen indischen und chinesischen Soldaten in einer umstrittenen Grenzregion im Himalaja.

Auch in Afghanistan, Nepal und Jordanien ist die App verboten.

2024-04-19T10:33:52Z dg43tfdfdgfd