UKRAINE-KRIEG: DEUTSCHE BANK, UNICREDIT, COMMERZBANK: RUSSLAND PFäNDET IMMER öFTER BEI EUROPAS BANKEN

Nach der Commerzbank und der italienischen UniCredit veranlasst ein russisches Gericht jetzt weitere Beschlagnahmungen - auch von Vermögenswerten der Deutschen Bank.

Die Pfändungen von Vermögenswerten europäischer Banken in Russland gehen weiter: Nach Beschlagnahmungen bei der deutschen Commerzbank und der italienischen UniCredit hat ein russisches Gericht nun angeordnet, dass auch Vermögenswerte der Deutschen Bank in Russland beschlagnahmt werden. Das meldete die russische Nachrichtenagentur Tass am Samstag.

Wie die Agentur meldete, hat ein Gericht in Sankt Petersburg nach einer Klage des Unternehmens RusChemAlliance Vermögenswerte, Konten und Wertpapiere der Deutschen Bank im Gesamtwert von 238,61 Millionen Euro beziehungsweise dem entsprechenden Gegenwert in Rubel eingefroren.

Ein Sprecher der Deutschen Bank teilte am Samstag Mittag mit, es bleibe zunächst abzuwarten, wie diese Entscheidung von den russischen Gerichten umgesetzt wird und welche Folgen das für den operativen Betrieb in Russland habe. Die Bank sehe sich jedoch durch eine Entschädigungsvereinbarung mit einem Kunden vollständig abgesichert.

Die Deutsche Bank ist in Russland kaum noch aktiv. Die Zahl der Mitarbeitenden, die Ende 2021 noch bei 1722 Beschäftigten lag, ist bis Ende 2023 auf 179 gesunken, zeigen Unternehmensangaben. „Die Deutsche Bank macht seit mehr als zwei Jahren kein Neugeschäft mehr in Russland und fährt seitdem ihr Geschäft in Russland konsequent herunter“, sagte ein Sprecher des Instituts. Die Bank habe „große Teile ihrer Infrastruktur in Russland und große Teile der Mitarbeitenden abgebaut“.

Das Vorgehen von RusChemAlliance steht im Zusammenhang mit dem geplatzten Bau einer Gasverarbeitungsanlage im russischen Ust-Luga, für den das Unternehmen den Industriegas-Konzern Linde und das türkische Bauunternehmen Renaissance Heavy Industries beauftragt hatte.

Deutsche Bank und Commerzbank wollten sich an der Finanzierung beteiligen, doch dann entschied sich Linde, das Projekt aufgrund von EU-Sanktionen im Jahr 2022 aufzugeben, woraufhin die Banken ihre Garantien zurückzogen. Schon im Januar 2023 fror ein russisches Gericht Vermögenswerte von Linde in Höhe von rund 450 Millionen Euro ein. RusChemAlliance gehört zu 50 Prozent dem russischen Energieriesen Gazprom.

Russland reagiert zunehmend mit Vergeltungsmaßnahmen auf Sanktionen

Neben der Deutschen Bank sind dementsprechend auch die Commerzbank und zudem die italienische UniCredit von neuen Pfändungen betroffen. In allen drei Fällen gingen die jüngsten Entscheidung vom selben Gericht aus.

Dieses hatte den Gerichtsunterlagen vom 16. Mai zufolge ebenfalls Vermögenswerte der UniCredit im Wert von 462,7 Millionen Euro gepfändet, im Falle der Commerzbank veranlasste es die Beschlagnahmung von 93,7 Millionen Euro. Von der Commerzbank war am Samstag zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Ende April hatte schon einmal ein Moskauer Gericht Vermögenswerte der Commerzbank sowie der Europatochter des US-Instituts JP Morgan im Gesamtwert von 12,3 Millionen Euro gepfändet. Das Gericht hatte damit vorläufig einem Antrag der russischen Transkapitalbank (TKB) stattgegeben. Finanzchefin Bettina Orlopp sagte am Mittwoch in einer Telefonkonferenz mit Journalisten: In dem Land seien gegen das Institut „eine ganze Reihe von Klagen anhängig.“ Die Bank verfolge die Situation „sehr, sehr intensiv“ und tue alles, „um hier unsere Vermögenswerte zu schützen“.

Russland reagiert zunehmend mit Vergeltungsmaßnahmen auf Sanktionen, die westliche Länder wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine verhängt haben. Zahlreiche Unternehmen mussten seit 2022 die Beschlagnahmung oder Pfändung von Vermögenswerten hinnehmen, in vielen Fällen setzten die russischen Tochtergesellschaften neue Manager ein. Firmen, die sich aus Russland zurückziehen, müssen ihre Geschäfte zum Teil zu erheblichen Preisnachlässen an russische Unternehmen verkaufen, der Verkauf muss üblicherweise von einer Regierungskommission genehmigt werden.

Der Ökonom und Russlandexperte Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politik schrieb auf der Kurznachrichtenplattform X, dass westliche Banken, die noch in Russland tätig sind, nun „im Grunde eine nach der anderen enteignet“ würden. „In den letzten zwei Wochen wurden die Vermögenswerte von JP Morgan und UniCredit eingefroren, heute geschah dasselbe mit der Deutschen Bank. Kommt die Raiffeisen als nächstes?“ Letztere ist die größte europäische Bank, die noch in Russland aktiv ist.

Die Häufung der Entscheidungen könnte im Zusammenhang mit westlichen Überlegungen stehen, eingefrorene russische Vermögenswerte der Ukraine zugute kommen zu lassen, diese Vermutung äußerten in Moskau tätige Vertreter europäischer Unternehmen. Die Financial Times hatte im Kontext der UniCredit-Beschlagnahmung berichtet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) europäischen Banken, die noch in Russland aktiv sind, darunter auch die UniCredit, erneut gedrängt habe, ihre Rückbaupläne zu Russland zu beschleunigen.

In Folge des russischen Angriffs auf die gesamte Ukraine im Februar 2022 hatte die EU Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefroren, der russische Staat kann über die rund 300 Milliarden Euro nicht zugreifen.

Einige Staaten fordern seit langem, das gesamte Geld der Ukraine für Waffen und den Wiederaufbau der von Russland verursachten Schäden zugänglich zu machen, besonders Deutschland ist aber dagegen. Ende April hatte US-Präsident Joe Biden den eigenen Behörden ein solches Vorgehen erlaubt. Dadurch dürfte der Druck auf die EU zunehmen, ähnliche Schritte in die Wege zu leiten.

Anfang des Monats einigten sich die ständigen Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten zunächst darauf, die Zinserträge des eingefrorenen Vermögens der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Im Jahr 2023 beliefen sich die Zinserträge laut dem Brüssler Finanzinstitut Euroclear auf etwa 4,4 Milliarden Euro.

Mit Agenturmaterial.

2024-05-18T11:09:45Z dg43tfdfdgfd