„WIR SIND UNHEIMLICH WüTEND“: TRADITIONSKNEIPE MUSS NACH NEUN JAHREN SCHLIEßEN

„Es zerreißt uns das Herz“

„Wir sind unheimlich wütend“: Traditionskneipe muss nach neun Jahren schließen

Die Tage der Erlanger Traditionskneipe Kaiser Wilhelm sind gezählt. Völlig überraschend müssen die Betreiber schließen.

Erlangen – Die Betreiber der Traditionskneipe Kaiser Wilhelm sind sauer. Seit neun Jahren bietet das Lokal klassische fränkische Gerichte wie Blaue Zipfel und Bratwürste im Herzen Erlangens an. Der Kleinbetrieb laufe gut, Corona, Energiekrise, Inflation und ein Jahr Komplett-Einhüllung von einem Baugerüst habe man sicher überstehen können, wie Lena Brunnberg, Mit-Betreiberin vom Kaiser Wilhelm, unserer Redaktion erklärt. Daher kommt das Aus auch so überraschend.

„Wir hätten absolut nicht damit gerechnet, dass es überhaupt zu so einem Ende kommen könnte. Wir sind todtraurig, aber auch unheimlich wütend“, so Brunnberg. „Was hier passiert, ist einfach nicht fair.“

Bald gibt es keinen wöchentlichen „Currywurst-Tag“ mehr, keine „Schnaps-Nacht“ am Dienstag und auch keine Dartrunden des Dartverein Erlangen e.V., der sogar einen Profispieler hervorbrachte. Erst Ende Februar verabschiedete sich ein weiteres Kult-Restaurant für immer.

Plötzliches Aus nach neun Jahren: „Das war niemals unser Wunsch“

Über einen Aushang informierten die Betreiber ihre Gäste über das plötzliche Aus. „Ihr werdet wohl genauso überrascht sein wie wir selbst: Wir schließen. Nach neun Jahren Lachen, Weinen, Quatschen, Trinken und Tanzen müssen wir ganz plötzlich gehen!“, heißt es darin. Es zerreiße den Betreibern das Herz, diesen Ort aufgeben zu müssen. „Das war niemals unser Wunsch“.

Als Grund nennt Brunnberg die neuen Vertragskonditionen des Verpächters. Der Pachtzins sollte um fast das Doppelte erhöht werden, wie Dokumente, welche unserer Redaktion vorliegen, beweisen.

 „Das wird schon sehr komisch werden hier zum letzten Mal abzusperren, da habe ich wirklich Angst vor.“

Lena Brunnberg vom Kaiser Wilhelm in Erlangen

Auf Anfrage unserer Redaktion erklärten die Verpächter, als Bezug zur Erhöhung des Pachtzinses sei der prozentuale Preisaufschlag eines Schweineschnitzels (2016: 8,50 Euro, 2024: 13,90 Euro) herangezogen worden. „Ebenso vergleichbare Pachten und die Anzahl der möglichen Sitzplätze flossen in die Preisfindung ein.“ Laut den Eigentümern konnte keine „konstruktive Resonanz auf die nunmehr vier Vertragsvorschläge festgestellt werden.“

Für ein Verhandlungstreffen ließen sich Brunnberg und ihr Geschäftspartner Dion Oppolzer von einem Anwalt beraten. Über die mitgebrachten Änderungsvorschläge wurde sich jedoch nur lustig gemacht, erinnert sich die Betreiberin an das Gespräch. Zu einem Konsens kamen die beiden Parteien also nicht. „Uns wurde einfach keine annehmbare Möglichkeit geboten, hier weiterzumachen“, berichtet Brunnberg verärgert. Nicht nur die erhöhte Pacht sei dabei ausschlaggebend gewesen. „Am schlimmsten wiegt aber immer noch, dass unser Vertrauen derart missbraucht und all die Arbeit der letzten neun Jahre mit Füßen getreten wurde.“

Traditionskneipe schließt noch im April: „Da hab ich wirklich Angst vor“

Jeder Satz von Brunnberg spiegelt deren Wut und Enttäuschung wider. „Wir hätten absolut nicht damit gerechnet, dass es überhaupt zu so einem Ende kommen könnte.“ Vor neun Jahren haben sie den Laden übernommen, laut Brunnbergs Angaben völlig verwüstet und mit schlechtem Ruf. Mit den eigenen Händen haben sie alles selbst hergerichtet und auch selbst bezahlt. Daher wirke es „einfach nur wie glatter Hohn, dass wir nun fast die doppelte Pacht für das Bezahlen sollen, was wir selbst aufgebaut haben.“

Noch bis zum 23. April versuchen die Betreiber das Kaiser Wilhelm für die Gäste offenzuhalten, danach ist Schluss. Leicht fällt ihnen der Abschied nicht. „Wir gehen seit so vielen Jahren im Kaiser Wilhelm ein und aus und haben hier in den letzten Jahren sicherlich beide mehr Zeit verbracht als im eigenen Zuhause“, erklärt Brunnberg. „Das wird schon sehr komisch werden hier zum letzten Mal abzusperren, da habe ich wirklich Angst vor.“ Wie es danach weitergeht für sie, ist noch unklar.

„Ich sehe schwarz für die Gastro“

Seit der Corona-Pandemie leidet die Gastronomie immer wieder unter Problemen. Personalmangel und Preiserhöhungen aufgrund der Inflation zwingen Betriebe in die Knie, manche geben auf. Das Lönneberger in Nürnberg ist eines davon.

Auch Brunnberg sieht nach dieser Erfahrung die Zukunft der gastronomischen Betriebe gefährdet. „Wenn sich jetzt noch die Verpächter derart in laufende Betriebe einmischen und meinen, nur weil sie einen vollen Biergarten sehen, könnten sie da auch noch was abfischen, sehe ich leider schwarz für die Gastro.“ (tkip)

2024-04-19T09:41:57Z dg43tfdfdgfd