GESUNDHEIT: LAUTERBACH WILL BEI REFORM KRITIK DER LäNDER BERüCKSICHTIGEN

Nach dem Treffen von Bund und Ländern gibt sich der Gesundheitsminister zuversichtlich, erteilt zentralen Forderungen aber eine Absage. Bayern will notfalls vors Verfassungsgericht ziehen.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat angekündigt, den Bundesländern bei seiner umstrittenen Krankenhausreform in bestimmten Punkten entgegenkommen zu wollen.

Bei Gesprächen mit Lauterbachs Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern habe es am Mittwoch in Berlin „klaren Dissens“ gegeben, sagte der SPD-Politiker. Aber einige Forderungen könne man „wohlwollend prüfen“.

Die Länder hatten unter anderem mehr Entbürokratisierung gefordert und weiter gehende Möglichkeiten, dass Patientinnen und Patienten einfacher ambulant behandelt werden können. Hier werde der Bund den Ländern entgegenkommen, kündigte Lauterbach an.

Reformpläne laut Ländern nicht praxistauglich

Das dürfte aber nicht genügen, um den Unmut der Länder über die Reform zu besänftigen. Sie sehen sich in ihrer Hoheit bei der Krankenhausplanung beschnitten und fordern weitgehendere finanzielle Hilfen. Ende April wird eine gemeinsame Stellungnahme zu dem inzwischen vorgelegten Gesetzesentwurf erwartet.

Im Kern zielen die Reformpläne darauf ab, die Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern. Das soll Kliniken vom finanziellen Druck lösen, immer mehr Patienten behandeln zu müssen.

Künftig sollen sie 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Angeboten bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen sein. Sie sollen einheitliche Qualitätsvorgaben enthalten.

Hamburgs Ressortchefin und Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK), Melanie Schlotzhauer , sagte am Mittwoch nach dem Treffen, das Gesetz bestehe derzeit noch nicht „den Praxistest“. Zentrale Forderungen der Länder seien unter anderem Ausnahmen bei den Qualitätskriterien an die Kliniken.

Zudem würden die Länder darauf bestehen, dass sie das Gesetz im Bundesrat genehmigen müssten. Lauterbach hatte die Reform so angelegt, dass sie nicht mehr zustimmungsbedürftig ist.

Gutachten stellt Reform infrage

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) drohte mit Blick auf diesen Punkt am Mittwoch gar mit einer Verfassungsklage.

Sie berief sich auf ein Gutachten des Rechtsprofessors Ferdinand Wollenschläger von der Universität Augsburg, das Bayern gemeinsam mit den CDU-geführten Bundesländern Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und dem grün geführten Baden-Württemberg in Auftrag gegeben hatte. Demnach berge die Reform „das Risiko einer formellen Verfassungswidrigkeit“. Auch hier der Kritikpunkt: Die Länder seien in ihrer Planungshoheit beschnitten.

Sowohl den Ausnahmen bei den Qualitätskriterien als auch der Zustimmungspflicht erteilte Lauterbach eine Absage. Die sei „nicht verhandelbar“ sagte er. Es lägen aber keine Probleme auf dem Tisch, die nicht lösbar seien. Er sprach von einer „historischen Gelegenheit“. Ein Scheitern sei nicht absehbar.

Vor dem Treffen wurden Warnungen vor einer Lockerung von Vorgaben für die Behandlungsqualität und vor einer stärkeren Spezialisierung lauter. Christoph Straub, Chef der Barmer Krankenkasse, mahnte, es bestehe das Risiko, dass von der groß angekündigten Reform eine reine Finanzreform übrig bleibe: „Damit drohen enorme Kosten für das System und die gesetzlich Versicherten, ohne dass die dringend notwendigen Qualitäts- und Strukturveränderungen tatsächlich angepackt werden.“

Auch die Techniker Krankenkasse und die im Bund mitregierende FDP warben am Mittwoch dafür, vorgesehene grundlegende Änderungen im Kliniknetz umzusetzen. Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, kritisierte, die Reform nähere sich immer mehr einem Kipppunkt, an dem es das kleinere Übel sei, keine Reform durchzuführen. „Das ursprüngliche Ziel, flächendeckend mehr Qualität durch sinnvolle Arbeitsteilung zwischen den Kliniken zu schaffen, gerät mehr und mehr in den Hintergrund.“

Stattdessen entstünden immer mehr Kostenfallen für Beitragszahler. Die Reform sei eine historische Chance, veraltete Strukturen auf Vordermann zu bringen. Die Politik dürfe diese jetzt nicht vergeben.

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