KINDERKRANKSCHREIBUNG: KINDERäRZTE FORDERN ABSCHAFFUNG - üBERLASTETE PRAXEN

Wer zu Hause ein krankes Kind betreuen will, muss für dieses erst mal ein Attest besorgen. Kinderärzte schlagen nun Alarm: Sie seien keine »Verfolgungsbehörden« für Arbeitgeber.

Die Kinder- und Jugendärzte in Deutschland fordern eine Abschaffung der Krankschreibungen von Kindern bei leichten Erkrankungen. »Eltern können harmlose Erkrankungen selbst managen«, sagte der Präsident des Kinderärzteverbands BVKJ, Michael Hubmann, der »Ärztezeitung« (Ausgabe vom Donnerstag). »Vor allem aber können wir schlichtweg nicht beurteilen, ob zur Betreuung eines Kindes ein Elternteil zu Hause bleiben muss. Absurderweise wird aber genau das von uns gesetzlich verlangt.«

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Erwachsenen werden üblicherweise zwei Kalendertage zugestanden, um herauszufinden, ob Schnupfen und Halsschmerzen von allein wieder verschwinden. Die meisten Angestellten müssen erst ab dem dritten Tag ein Attest bei ihrem Arbeitgeber vorlegen. Anders ist es bei kranken Kindern: Bisher müssen Eltern schon am ersten Krankheitstag des Kindes ein ärztliches Attest vorlegen. Die Krankenkasse übernimmt dann einen Großteil des Verdienstausfalls und zahlt Kinderkrankengeld – in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettolohns.

Arztpraxen seien als »Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet«, sagt Hubmann. Es komme einem »unnötigen Einsatz von pädiatrischen Ressourcen« gleich, wenn Kinderärzte eine harmlose Krankheit bescheinigen müssten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte sich im vergangenen Jahr dafür eingesetzt, dass die Beantragung von Kinderkrankengeld für Eltern vereinfacht wird. Seit dem 18. Dezember 2023 können Eltern das Attest für ein krankes Kind bei einem Kinderarzt auch telefonisch beantragen – für maximal fünf Tage, wenn das Kind dem Arzt oder der Ärztin bekannt ist. Und eine weitere Erleichterung hat Lauterbach angekündigt: Künftig soll erst ab dem vierten Krankheitstag eines Kindes ein Attest notwendig sein.

Unnötige Arbeit bereiteten den Praxen aber auch Atteste, damit Kinder bei kleineren gesundheitlichen Leiden wieder zurück in die Kita oder die Schule könnten, sagte Hubmann. So landeten etwa Eltern mit ihren Söhnen oder Töchtern in den Praxen, wenn diese in der Kita nur von einer Mücke gestochen worden seien – weil die Erzieherinnen und Erzieher versichert haben wollten, dass es sich nicht um einen Hautausschlag handele. »Das ist Alltag – und ein gesellschaftlicher Schaden«, so Hubmann.

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