PHARMA: ABNEHMSPRITZEN BESCHEREN NOVO NORDISK UND ELI LILLY MILLIARDENGEWINNE

Der Markt für Medikamente gegen Fettleibigkeit könnte in einigen Jahren auf 100 Milliarden Dollar gewachsen sein. Bei Novo Nordisk und Eli Lilly sorgt das für ein gewaltiges Wachstum.

Der Wunsch nach weniger Gewicht und besserer Gesundheit treibt das Geschäft mit Abnehmspritzen an. Für das erste Quartal 2024 verkündete das dänische Unternehmen Novo Nordisk am Donnerstag ein wechselkursbereinigtes Umsatzwachstum von 24 Prozent auf 65,3 Milliarden dänische Kronen (8,76 Milliarden Euro). Der operative Gewinn legte in den ersten drei Monaten des Jahres um mehr als ein Drittel auf 31,8 Milliarden Kronen (4,27 Milliarden Euro) zu.

Der Hype um die Mittel Ozempic und Wegovy ließ auch den Börsenwert von Novo Nordisk steigen. Mittlerweile sind die Dänen das wertvollste europäische Unternehmen.

Mit der für die Behandlung von Diabetes zugelassenen Spritze Ozempic setzte Novo Nordisk im ersten Quartal dieses Jahres 27,81 Milliarden dänische Kronen um – das Mittel macht demnach mittlerweile über 40 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Auch die Abnehmspritze Wegovy sorgt bei dem dänischen Unternehmen für immer mehr Umsatz: 9,38 Milliarden dänische Kronen.

Immer mehr Patienten in den USA nutzen Wegovy: Zuletzt hätten wöchentlich 20.000 amerikanische Patienten mit der Behandlung begonnen, hieß es von Novo Nordisk. Im Dezember waren es noch 5000 Neupatienten pro Woche.

Die beiden Mittel sind sogenannte GLP1-Analoga, die ein Darmhormon nachahmen und bewirken, dass im Gehirn schneller ein Sättigungsgefühl ankommt. Medikamente dieser Art sorgen bei dem ehemals vor allem als Insulinhersteller bekannten Unternehmen nun für mehr als die Hälfte der Gesamtumsätze. Laut eigenen Angaben ist Novo Nordisk bei dieser Art von Medikamenten Marktführer und konnte seine Dominanz in den vergangenen zwölf Monaten von 65,2 Prozent auf 70 Prozent steigern.

Auch der US-Konkurrent Eli Lilly stellt Mittel dieser Kategorie her und profitiert von der wachsenden Nachfrage. Als Resultat eines starken ersten Quartals hatte das Unternehmen am Dienstag seine Umsatzziele um zwei Milliarden Dollar auf jetzt 42,4 bis 43,6 Milliarden Dollar angehoben. Im ersten Quartal lag der Umsatz bei 8,8 Milliarden Dollar. Allein das Diabetes- und Adipositasmedikament Mounjaro trug 1,8 Milliarden Dollar zum Umsatz bei. Im Vorjahr waren es noch weniger als 600 Millionen Dollar gewesen.

Mittel gegen Diabetes und Übergewicht

Die Mittel sorgen dafür, dass Patienten einen beträchtlichen Teil ihres Übergewichts verlieren. Ursprünglich wurden sie gegen Diabetes entwickelt, mittlerweile sind sie in einigen Ländern aber auch als Wirkstoff gegen Adipositas, also schweres Übergewicht, auf dem Markt.

Nach Erkenntnissen der Investmentbank Barclays gab es bis zur ersten Aprilwoche in den USA ungefähr 5,82 Millionen Patienten, die solche Mittel einnahmen. Allerdings liegen keine eindeutigen Zahlen darüber vor, wie viele Patienten die Produkte tatsächlich zum Abnehmen nutzen. Experten gehen davon aus, dass sich viele Menschen die Medikamente als Diabetesmittel verordnen lassen, sie dann aber zur Gewichtsreduktion nutzen.

Die Hersteller halten sich zu den Patientenzahlen bedeckt: Eli Lilly splittet die Patientenzahlen zu einzelnen Mitteln und Regionen nicht separat auf. Novo Nordisk teilte im ersten Quartal mit, geschätzt 1,2 Millionen Patienten in den vergangenen zwölf Monaten mit Adipositas-Medikamenten erreicht zu haben. Im Vorjahr waren es noch 0,7 Millionen Menschen gewesen.

Verfügbare Gesamtzahlen sind oft nur Annäherungen, die Analysten anhand von Marktdaten berechnen, wie sie etwa Iqvia erhebt. Laut Barclays dürften bis Ende des Jahres gut 7,6 Millionen Amerikaner GLP1-Medikamente einnehmen. Bis 2030 rechnen die Analysten in den USA mit einer Patientenzahl von 30 Millionen.

Immer mehr Erstverschreibungen von Wegovy

Die Erstverschreibungen des Diätmittels Wegovy von Novo Nordisk nähmen beständig zu, schrieb Barclays-Analystin Emily Fields in einer Studie von Ende März. Und die Umsatzsprünge von Novo Nordisk und Eli Lilly im ersten Quartal könnten dabei erst der Anfang sein: Den Großteil der Umsätze erwartet sie im zweiten Halbjahr.

In Deutschland wurden in den ersten drei Monaten laut Iqvia 308.000 Einheiten an GLP-1-Mitteln über Rezepte der gesetzlichen und privaten Krankenkassen abgegeben. Der durchschnittliche Umsatz in diesem Zeitraum lag bei knapp 53 Millionen Euro.

Für die Pharmaunternehmen könnte das erst der Anfang sein: Analysten schätzen, dass der Markt für Medikamente gegen Adipositas in einigen Jahren auf 100 Milliarden Dollar wachsen könnte.

Laut einem Bericht des Fachblatts „The Lancet“ leiden mittlerweile mehr als eine Milliarde Menschen an Adipositas. Laut Schätzungen der World Obesity Federation könnten 2025 schon 2,7 Milliarden Menschen weltweit übergewichtig oder fettleibig sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von einer „Adipositas-Epidemie“.

Novo Nordisk und Eli Lilly kommen mit der Produktion nicht hinterher

Derweil schaffen es die Hersteller von Abnehmmitteln nach eigenen Angaben nicht mehr, den stark wachsenden Bedarf zu decken – und das, obwohl sie viel Geld in den Ausbau ihrer Produktion investieren.

Eli Lilly etwa baut gerade im rheinhessischen Ort Alzey für 2,3 Milliarden Euro ein neues Werk, in dem unter anderem Diätspritzen produziert werden sollen. Und Novo Nordisk will drei Abfüllstandorte des Arzneimittelherstellers Catalent übernehmen und dafür 11,5 Milliarden Dollar zahlen.

Novo Nordisk bittet Ärztinnen und Ärzte in Deutschland mittlerweile sogar darum, keine Patienten mehr neu auf Ozempic einzustellen – die Einstiegsdosis des Diabetesmedikaments steht hierzulande derzeit nicht zur Verfügung.

In Dänemark hat Novo Nordisk die Preise für Ozempic derweil von 188 Dollar auf 125 Dollar pro Monatsdosis gesenkt. Die dänische Gesundheitsbehörde gibt immer mehr Geld für das Mittel aus – und will nun den Zugang für Diabetespatienten einschränken.

Nur diejenigen, die nicht mit gängigen Insulinpräparaten behandelt werden können, sollen das GLP1-Medikament in Zukunft noch erstattet bekommen. Allein durch die Preissenkung von Novo Nordisk spart die Regierung nach eigenen Angaben jährlich mehr als 70 Millionen Dollar an Gesundheitsausgaben.

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