WHO: IN DER CORONA-PANDEMIE WURDEN ZU OFT ANTIBIOTIKA VERSCHRIEBEN

Nach dem Motto »Für den Fall, dass es hilft« sind während der Pandemie Antibiotika verordnet worden – bei den meisten Patienten ohne Wirkung. Doch die großzügige Medikamentengabe birgt eine große Gefahr.

Während der Coronapandemie sind Patientinnen und Patienten nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) viel zu oft Antibiotika verschrieben worden. Das könnte nach ihren Angaben die Ausbreitung antimikrobieller Resistenzen (AMR) verschärft haben, berichtete die WHO am Freitag in Genf. Gemeint ist, dass Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze resistent werden gegen Medikamente, was für die Behandlung der Betroffenen lebensgefährlich sein kann.

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Nur acht Prozent der Coronainfizierten in Krankenhäusern hätten zusätzlich bakterielle Infektionen gehabt, die mit Antibiotika behandelt werden konnten. Doch hätten im weltweiten Durchschnitt 75 Prozent diese Medikamente bekommen, »für den Fall, dass es hilft«, wie die WHO schrieb. Es müsse dringend mehr getan werden, um Antibiotika korrekt und nur da einzusetzen, wo sie Nutzen bringen können. Im Fall einer Coronainfektion hätten sie den Patientinnen und Patienten nichts gebracht.

Die WHO hat für die Analyse die anonymisierten Daten von rund 450.000 Menschen ausgewertet. Es handelte sich um Personen, die zwischen Januar 2020 und März 2023 in 65 Ländern mit einer Coronainfektion in Krankenhäusern waren.

Antimikrobielle Resistenzen (AMR) sind weltweit ein wachsendes Problem. Die Europäische Union schätzt, dass allein in den Mitgliedsländern sowie Norwegen, Island und Liechtenstein im Jahr 35.000 Menschen sterben, weil ihre Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze resistent sind gegen die gängigen Medikamente. Die EU bezeichnet AMR als eine der drei größten Gesundheitsgefahren. Die gesundheitlichen Folgen seien vergleichbar mit denen von Grippe, Tuberkulose und HIV/Aids zusammen, teilte die EU-Gesundheitsbehörde ECDC vergangenes Jahr mit.

Die WHO schätzt, dass jedes Jahr weltweit 1,3 Millionen Menschen sterben, weil Antibiotika bei ihren Infektionen nicht anschlagen. In Deutschland sterben nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) jährlich etwa 2500 Menschen allein durch multiresistente Erreger, also solche, die gegen mehrere Antibiotika gleichzeitig resistent sind. Hinzu kommen Todesfälle im Zuge von Einzelresistenzen.

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