HUSQVARNA SVARTPILEN 801: ERFOLG IM ZWEITEN ANLAUF?

Die Svartpilen 801 basiert auf der KTM 790 Duke, ist aber eigenständig gestaltet und soll ein moderner Scramblers sein. Hat sie im zweiten Anlauf eine Chance?

Husqvarna-Designer Gerald Kiska wollte 2018 weg von der kantigen KTM-Optik. Die schwedischen Marke, die zum KTM-Konzern gehört, sollte einen eigenständigen Look bekommen. Dabei basierte die 701 Vitpilen – wie auch wenig später die 701 Svartpilen – auf der KTM 690 Duke. Der 693 cm3 große Einzylinder generierte immerhin 75 PS und damit recht ordentlichen Vortrieb für die nur 166 kg schwere Husqvarna. Leider war den beiden kein Verkaufserfolg beschieden, sie wurden bereits 2021 wegen mangelnder Nachfrage eingestellt. Einer der Gründe mag darin liegen, dass Einzylinder in Naked Bikes bzw. Scramblern einfach nicht mehr angesagt sind. KTM hatte die 690 Duke schon 2020 eingestellt. Vielleicht war das Design der 701 Vitpilen auch einfach zu gewagt.

Motor mit 105 PS

Nun startet Husqvarna den zweiten Versuch mit der Svartpilen 801. Auch wenn die Marke es noch nicht angekündigt hat, aber eine Vitpilen 801 dürfte bald nachfolgen. Natürlich bedienen sich die Entwickler wieder bei KTM, diesmal muss der Antrieb der 790 Duke herhalten. Der inzwischen in China gebaute 799-cm3-Reihenzweizylinder leistete in der ursprünglichen Version 105 PS bei 9000/min, aktuell gibt es die 790 Duke in Deutschland mit 95 PS bei 7750/min. Diese Version kann für Einsteiger auf 48 PS gedrosselt werden, der 105-PS-Motor nicht. Schuld daran ist nicht KTM, sondern der Gesetzgeber, der vor einigen Jahren festgelegt hat, dass sich nur Maschinen bis 95 PS auf die 48 PS, die Einsteigern erlaubt sind, drosseln kann.

Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung von Husqvarna erstaunlich, die 801 Svartpilen zumindest vorerst nur in der 105-PS-Variante anzubieten. Denn damit schließt sie einen erheblichen Kundenkreis für sich aus, was in Anbetracht des Misserfolgs der Vorgängerin eine kühne Idee zu sein scheint. Zumal die zehn Extra-PS nur zu minimal besseren Fahrleistungen führen. Ob Husqvarna zukünftig auch eine 95-PS-Variante anbieten wird, die sich auf 48 PS drosseln ließe, ist nicht bekannt.

Schwinge im Fachwerk-Look

Die Svartpilen 801ist in dezentem Mattschwarz mit silbernen Akzenten gehalten. Den Stahlrahmen, die Federelemente und die Schwinge im "Fachwerk-Look" übernimmt sie von der KTM. Im Design bleibt Kiska allerdings nah bei der alten Svartpilen. Es lassen sich optisch viele spitze Winkel erkennen, so läuft der Tank nach vorne spitz zu und wird an den Seiten weit rausgezogen, um dann auf einer planen Fläche eine "801" zu zeigen. Das angeschraubte Aluminium-Heck mit dem dreieckigen Loch unter der Sitzbank ähnelt sehr dem der 701 Svartpilen. Es existieren nur wenige Unterschiede.

Auspuff hochgelegt

Der Auspuff wandert deutlich höher, direkt an die Heckunterkante, so wie ihn die 790 Duke trägt. Die Form dieses Endschalldämpfers wirkt gefälliger als das spitz zulaufende Exemplar der KTM. Auch die Svartpilen-Front gerät komplett anders. Der "Split-Face"-Scheinwerfer der Duke weicht einem klassischen LED-Rundscheinwerfer. Eigentlich soll die Svartpilen 801 so etwas wie einen Scrambler darstellen, doch statt Drahtspeichenfelgen gibt es 17-Zoll-Gussräder im Fünf-Speichen-Design mit eingearbeitetem Husqvarna-Logo. Das spart zwar Gewicht und Kosten, trifft aber nicht den Stil eines Scramblers. Nur die altbewährten Pirelli MT 60 RS mit leichtem Enduroprofil aufzuziehen, vorne in 110/80-17 und hinten in 180/55-17, reißt es nicht raus.

Merkwürdige Warzen

Der Soziussitz ist in den Heckrahmen eingelassen und das LED-Rücklicht schließt bündig mit ihm ab. Ein riesiges Tankpad auf den Spritbehälter zu kleben, das eigentlich dezent vor Kratzern schützen soll, trägt nicht gerade zur Ästhetik bei. Welchem Zweck die merkwürdigen Warzen in der Endkappe des Auspuffs dienen, weiß vermutlich nur der Designer. Der breite und gebogene Kühler ist seitlich von silbern lackierten Covern geschützt, darunter schlängeln sich zwei Krümmer um den Motor herum. Der Lenker besitzt eine Querstrebe, wie er früher bei Enduros üblich war, heute aber nur noch als Retro-Element dient.

Oberhalb des Scheinwerfers sitzt ein winziger Windschild, der zwar keinen Windschutz bietet, aber die Rückseite des TFT-Displays schützt. Dieser fünf Zoll große Bildschirm entspricht der aktuellen KTM-Generation und bietet natürlich Handy-Konnektivität per Bluetooth. Die Darstellungen sind allerdings etwas klein geraten. Das Display ermöglicht auch eine Turn-by-turn-Navigation vom Smartphone. Bedient wird das Menü über vier hintergrundbeleuchtete Tasten am linken Lenkerende. Es stehen die drei voreingestellten Fahrmodi Sport, Street und Rain zur Verfügung, im Dynamik-Modus kann die Gasannahme, Schlupfregelung und das Kurven-ABS individuell eingestellt werden, außerdem lässt sich der Anti-Wheelie-Modus fünffach variieren. Serienmäßig sind zudem ein Quickshifter zum Hochschalten sowie ein Lenkungsdämpfer dabei.

Die Federelemente weisen mit 140 mm vorne und 150 mm hinten exakt dieselben Werte auf wie die an der 790 Duke. Die Upside-down-Gabel der Marke WP, die ebenfalls zum KTM-Konzern gehören, lässt sich fünffach in Zug- und Druckstufe verstellen, das Federbein hinten in Vorspannung und Zugstufe. Bei den Bremsen griff Husqvarna zum spanischen Hersteller J.Juan. Vorne verzögert die Svartpilen 801 mittels zweier radialer Vierkolben-Bremssätteln mit 300 mm großen Bremsscheiben, hinten ist es ein Zweikolben-Bremssattel mit 240-mm-Bremsscheibe.

Bequeme Sitzposition, geringe Bodenfreiheit

Die Sitzbank ist auf 820 mm Höhe montiert. In Verbindung mit dem hohen Lenker ergibt sich eine aufrechte und bequeme Sitzposition. Eine Aluminium-Platte schützt den Unterboden des Motors, was wohl bei Geländeeinlage auch dringend nötig sein dürfte, denn die Svartpilen 801 kann nur 174 mm Bodenfreiheit vorweisen, die 790 Duke – obwohl reines Straßenmotorrad – bringt es auf 186 mm. Beim Gewicht geriet die Husqvarna mit 181 kg bei leerem Tank pummeliger als die KTM mit nur 174 kg. In der Fahrwerksgeometrie ging Husqvarna eigene Wege und stellt die Gabel mit 65,5 Grad um einen halben Grad flacher, was auch den Radstand wachsen lassen dürfte. Den hat Husqvarna noch nicht offiziell kommuniziert. Bei der Duke beträgt er 1475 mm.

Teurer als die KTM

Husqvarna verlangt 10.899 Euro plus 495 Euro Liefernebenkosten für die Svartpilen 801. Das würde erst einmal fair klingen, wenn es die KTM 790 Duke nicht schon für 9199 Euro plus ebenfalls 495 Euro Nebenkosten geben würde. Das Marketing-Argument, dass eine Husqvarna exklusiver wäre, zieht in Anbetracht der mit KTM fast identischen Basis nicht. Der Kunde bekommt mit der Svartpilen 801 die moderne Interpretation eines Scramblers, allerdings ohne wirkliche Geländetauglichkeit. Sie wird sicher auch sehr handlich sein und ihr Motor für gute Fahrleistungen sorgen, es bleibt aber die Frage, ob sich die Husqvarna diesmal gegen das Modell von KTM behaupten kann.

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