BERICHTE ZU DONALD TRUMP: HUSH!

Um Sie vor Enttäuschungen zu bewahren, sei gewarnt: Dieser Text wird wahrscheinlich, sich selbst ad absurdum führend, scheitern. Er ist, im Versuch, ein krachendes Scheitern zu verhindern, mit einer Art unzureichendem Feigenblatt versehen. Es soll hier um eine prominente Figur gehen, die uns gefühlt mittlerweile schon den Rest unseres Lebens verfolgt haben wird – sehen Sie, da liegt der Hase schon im Pfeffer. Es soll ja eben nicht um diese Figur (wir wollen sie hier nur Herrn T. nennen), sondern um die Unfähigkeit amerikanischer und unamerikanischer Medien gehen, maßvoll von ihr und über sie zu berichten.

Herr T. ist seit, man könnte sagen, „Once Upon a Time in America“, jeden Tag im Fernsehen. Er war mal Präsident der Vereinigten Staaten. Das hat ihm gut gefallen. Er wäre es gern wieder. Und es gibt einige mächtige Menschen, die daran auch ein gesteigertes Interesse haben. Diejenigen, die daran kein Interesse haben, gibt es natürlich auch. Sie dürfen sich derzeit darüber freuen, dass Herr T. wegen eines bunten Straußes an mutmaßlichen Delikten Zeit im Gerichtssaal verbringen muss.

Nur noch wirklich und ausschließlich Substanzielles

Unter anderem soll es Schweigegeldzahlungen („hush money“) an eine Pornodarstellerin gegeben haben, die dafür sorgen sollten, dass – weil so etwas seinerzeit noch dem Wahlkampf schadete – die Öffentlichkeit keinen Wind davon bekam, dass Herr T. die Dame gern aus nächster Nähe kennengelernt hätte. Nun kann, soll und muss man darüber berichten, wenn ein ehemaliger Präsident, der viele, viele Anhänger hat, davon viele in bedeutender Position, zudem gute Chancen, wieder Präsident zu werden, angeklagt ist.

Doch der inoffiziellen US-Medienaufsicht der amerikanischen Late-Night-Shows von Jimmy Kimmel bis Jon Stewart ist aufgefallen, dass die Medien, allen voran die Fernsehsender, all ihren in staatstragender Würde vorgebrachten Beteuerungen zum Trotz, nur noch wirklich und ausschließlich Substanzielles über Herrn T. zu berichten, sehr rasch wieder in liebgewonnene Gewohnheiten verfallen. Aus den „wertvollen Lektionen darüber, was (in Sachen Herrn T.) bedeutend, was wichtig ist“ (CNN) wurde angesichts des Prozesses: „here we go“, „it’s on“, „hier wird Geschichte geschrieben“ (MSNBC), „der Prozess des Jahrhunderts“ (Fox), „Gerechtigkeit wird ihn einholen“ (MSNBC) und so fort. Herr T. bekommt nun wieder sehr viel Platz im Fernsehen.

Nichts bleibt den Kameras verborgen: Herr T. verlässt seinen Turm (abc); sein Konvoi kreuzt die Park Avenue (Fox); er erreicht diese und jene „Kreuzung amerikanischer Geschichte als Herausforderer“ (abc). Interviews werden unterbrochen, um das „erste Bild“ von Herrn T. im Gerichtssaal zu zeigen (CNN): Zu sehen ist Herr T., er scheint wach. Ein entlassenes Jury-Mitglied erklärt, wie viel er von Herrn T. im Saal gesehen hat: „not very much“ (MSNBC). Analysiert wird eine Gerichtszeichnung: Unklar ist, ob Herr T. nur schaut, oder doch eher „finster“ dreinblickt (CNN). Oder man fragt gleich die Zeichnerin: „Hier sieht es aus, als seien seine Augen geschlossen, was passierte in diesem Moment?“ – „Entschuldigen Sie, ich saß etwa fünfzig Fuß entfernt, und es fiel mir einfach schwer seine Augen zu erkennen.“ (CNN). Bleibt noch, minutiös zu beschreiben, wie sich Herr T. bewegt, wie er sitzt, wo sich seine Arme befinden, ob die Lippen geschürzt sind.

Wer all das verfolgt, kann nur vermuten, dass die übrige Welt nachrichtentechnisch stillhält, wenn Herr T. sich rührt. Das täuscht natürlich. Denn während die Bildschirmzeit von Millionen mit der reinen Existenzabbildung von Herrn T. verschwendet wird, verzehren sich doch Milliarden von Newsjunkies nach jener Information, die angesichts der Weltlage wirklich zählt: Was macht Taylor Swift?

2024-04-26T09:13:50Z dg43tfdfdgfd