SPIELTE GAZA-KONFLIKT EINE ROLLE BEI FILMABSAGE IN FRANKFURT? KINOS UND VERANSTALTER äUßERN SICH

Umstrittene Filmabsage

Spielte Gaza-Konflikt eine Rolle bei Filmabsage in Frankfurt? Kinos und Veranstalter äußern sich

Auch wegen eines fragwürdigen Gesprächsgastes hat das Frankfurter Arthouse Kino GmbH die geplante Vorpremiere des Israel-Films „Golda“ abgesagt

Frankfurt – Eigentlich hätte am 7. Mai eine Vorpremiere des Films „Golda“ im Frankfurter Arthouse Kino Cinéma stattfinden sollen, hätten die Kinobetreiber in der Woche zuvor nicht dazu entschieden, die Veranstaltung abzusagen. Die Entscheidung sorgte für große Diskussionen. Vor allem die Organisatoren der Vorpremiere, zu denen unter anderem die Zionistische Organisation Rhein-Main, die WIZO Gruppe Frankfurt und Makkabi Frankfurt gehören, haben scharfe Vorwürfe erhoben.

In einem Offenen Brief teilen sie mit, dass sie bestürzt seien über die Absage. Es sei eine besorgniserregende Entwicklung, „dass jüdische, israelische und israelbezogene Veranstaltungen immer weniger in der allgemeinen Öffentlichkeit Platz finden“. Die Absage trage „zur Ausgrenzung des deutsch-israelischen Dialogs bei“.

Absage der Vorpremiere des Films „Golda“ in Frankfurt: Grund war Rahmenprogramm

Grund für die Absage war nicht der Film an sich, sondern das geplante Rahmenprogramm. Ein Gespräch mit David Schiller war geplant, der als Soldat im Jom-Kippur-Krieg (der Film behandelt den Krieg aus Sicht der ersten israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir) für Israel gekämpft hatte und als Zeitzeuge berichten sollte. Nachdem das Kino die Vorpremiere samt des Gesprächsgastes angekündigt hatte, erreichten die Kinoleitung immer mehr Hinweise, dass David Schiller nicht der einfache Zeitzeuge sei, als der er angekündigt worden war.

Tatsächlich ist David Schiller Waffenlobbyist und gab das Waffenmagazin „Visier“ heraus, das nach dem Amoklauf in Erfurt 2002 vor einer „Totalentwaffnung“ warnte. Relevanter für seine geplante Rolle als Gesprächsgast bei der Vorpremiere eines Filmes, der sich mit dem Verhältnis von Israel und Palästina beschäftigt, sind aber seine Äußerungen zu ebenjenem Konflikt. Auf Facebook leugnet er die Existenz eines palästinensischen Volks. Außerdem bezweifelt er öffentlich, dass es im Gaza-Streifen eine am Terrorismus unbeteiligte Zivilbevölkerung gebe und teilt Beiträge, die Palästinenser:innen und jene, die sich für ihre Befreiung einsetzen, mit den Nazis vergleichen.

Absage des Kinobetreibers: Meinungsvielfalt nicht gewährleistet

Unter anderem darauf bezogen sich die Kinobetreiber in ihrer Begründung der Absage. Sie führen aus, dass Meinungsvielfalt, offener Austausch und kritischer Dialog nicht gewährleistet seien. All das weisen die Organisatoren in ihrem Offenen Brief als „Unterstellung“ und „ungeheuerliche Verunglimpfung“ zurück. Die Entscheidung des Kinos habe zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust geführt und trage „zur Verunsicherung unter Jüdinnen und Juden“ bei.

Eine wachsende Bedrohungslage für jüdische Menschen in Deutschland ist offensichtlich. Und in Bezug darauf wirft ein anderer Teil der Begründung der Absage Fragen auf. Es habe bei einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ernsthafte Sicherheitsbedenken gegeben. Auch aus „einem Gefühl der Verantwortung für unsere Mitarbeiter:innen“ heraus sei die Absage entstanden, denn die Betreiber hätten zunehmend den Eindruck gewonnen, dass sie nicht mehr gewährleisten könnten, für diese ein „sicheres Haus“ zu sein.

Golda-Film läuft ab dem 30. Mai

Die Erklärung bleibt in vielen Dingen unklar. Vieles wird angedeutet, aber nicht konkret ausgeführt. Das wirft Fragen auf: Gab es konkrete Drohungen? Und wenn ja, von wem sind diese ausgegangen? Eine Sprecherin des Kinos erklärte dazu knapp, dass keine konkrete Bedrohungslage vorliege. Die Konzeption der Veranstaltung sei der Grund für die Absage gewesen.

Bleibt die Frage, wieso die Veranstalter nicht einfach nur den Film ganz ohne Rahmenprogramm zeigen. Zu dieser Frage schweigen die Kinobetreiber. Man stehe für weitere Rückfragen nicht zur Verfügung. Und es wird auf das Kinoprogramm verwiesen, laut dem der Film ab 30. Mai im Arthouse Kino Cinema läuft.

Transparenzhinweis: In einer früheren Version des Artikels stand fälschlicherweise, dass die Premiere im Kino Harmonie und nicht im Cinéma stattfinden sollte. Beide Kinos gehören zur Arthouse Kino GmbH. Zudem haben wir einen Tippfehler beim Erfurter Amoklauf korrigiert und klargestellt, dass David Schiller schon lange nicht mehr Herausgeber von „Visier“ ist. Wir bitten dies zu entschuldigen.

2024-05-07T04:23:29Z dg43tfdfdgfd