BALTIMORE: AUFRäUMARBEITEN BEGINNEN NACH BRüCKENEINSTURZ IN MARYLAND

Die Ermittlungen zum Einsturz der Francis-Scott-Key-Brücke dürften noch Monate dauern. Im Hafen von Baltimore haben nun die Aufräumarbeiten begonnen. Dafür braucht es auch »den größten Kran an der Ostküste«.

Nach dem Einsturz einer Autobahnbrücke in der US-Stadt Baltimore hat die Phase der Aufräumarbeiten begonnen. Mehrere Kräne trafen am Donnerstag am Unglücksort ein. Der Gouverneur des Bundesstaats Maryland, Wes Moore, kündigte an, das Pionierkorps der US-Armee verlege »den größten Kran an der Ostküste nach Baltimore, um uns zu helfen«.

Shannon Gilreath von der Küstenwache erläuterte die bevorstehenden Arbeiten: »Bevor wir mit dem Heben beginnen können, müssen wir herausfinden, wie wir die Brücke in die richtigen Stücke schneiden können, damit wir sie mit dem Kran bergen können.«

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Die Francis-Scott-Key-Brücke über dem Patapsco-Fluss war am frühen Dienstagmorgen eingestürzt, nachdem ein Containerschiff einen Brückenpfeiler gerammt hatte. Die Behörden gehen davon aus, dass sechs Bauarbeiter ums Leben kamen, die sich zum Zeitpunkt des Einsturzes auf der Brücke befanden. Die Leichen zweier Bauarbeiter konnten am Mittwoch geborgen werden, die Suche nach den übrigen vier wurde zunächst eingestellt.

»Das Wasser ist so dunkel und die Trümmer liegen so dicht aneinander, dass unsere Taucher in den meisten Fällen nicht mehr als einen oder zwei Meter weit sehen können«, erklärte Gouverneur Moore. Die Aufräumarbeiten würden Monate dauern, kündigte Moore an. »Wir haben einen sehr langen Weg vor uns.«

Bei dem Unglück brach praktisch die gesamte Stahlkonstruktion innerhalb von wenigen Sekunden in sich zusammen. Der Hafen von Baltimore, einer der größten Frachthäfen der USA, bleibt vorerst geschlossen. Die Wiedereröffnung sei »unsere Priorität Nummer eins«, sagte Küstenwachen-Offizier Gilreath.

Die Ermittlungen zur Unglücksursache dauerten unterdessen an. Die Nationale Behörde für Transportsicherheit (NTSB) veröffentlichte am Donnerstag Aufnahmen von Ermittlern, die an Bord des Unglücksschiffs »Dali« gingen. Beamte der NTSB und der Küstenwache machten Fotografien und untersuchten Trümmerteile an Deck.

»An wen auch immer, an alle: Die ganze Brücke ist gerade eingestürzt«

Zwar hatte die Schiffsbesatzung vor dem Zusammenprall noch einen Notruf abgesetzt, was vermutlich Leben rettete – denn Beamte an Land stoppten den Verkehr und verhinderten so, dass weitere Autos auf die Brücke gelangten. »Es nähert sich ein Schiff, das gerade steuerlos geworden ist«, ist in einem im Internet veröffentlichten Audio-Mitschnitt der Polizei aus der Unfallnacht zu hören, »haltet den Verkehr auf der Key Bridge auf.« Wenige Sekunden vor der Kollision kündigte einer der Beamten demnach an, auf die Brücke zu fahren, um die Arbeiter in Sicherheit zu bringen. Doch um 1.29 Uhr war das Unglück bereits geschehen: »An wen auch immer, an alle: Die ganze Brücke ist gerade eingestürzt.«

Behördenchefin Jennifer Homendy stellte am Donnerstagabend (Ortszeit) erste Details der Untersuchungen vor. Ermittler sicherten unter anderem den sogenannten Schiffsdatenschreiber. Dieser ist besonders wichtig für die Ursachenforschung. Den Aufzeichnungen darauf zufolge meldeten Besatzungsmitglieder kurz vor der Kollision, dass der Frachter Probleme mit der Stromversorgung und keinen Antrieb mehr hatte. Wie es dazu kam, ist aber noch unklar.

Homendy zufolge waren zum Zeitpunkt des Unglücks 23 Besatzungsmitglieder an Bord des Frachters. Zur Schiffsladung gehörten 56 Container mit gefährlichen Materialien, etwa ätzende oder entzündliche Stoffe – mit einem Gewicht von insgesamt 764 Tonnen. Einige der Gefahrgutbehälter seien beschädigt.

Transportbehörde: Bauweise der Brücke veraltet

Homendy betonte, zunächst würden Informationen zusammengetragen, Schlussfolgerungen und Einschätzungen zur Ursache des Unglücks werde es erst später geben. Bei den Ermittlungen handele sich um eine »gewaltige Unternehmung«, die viele Monate dauern dürfte. Ein erster vorläufiger Bericht solle aber in zwei bis vier Wochen präsentiert werden.

Die 1977 fertiggestellte Brücke sei vor dem Unfall in »zufriedenstellendem Zustand« gewesen, sagte Homendy. Die letzte grundlegende Inspektion habe im Mai 2023 stattgefunden. Allerdings sei die Brücke in einer Bauweise errichtet, bei der das Versagen eines kritischen Bauteils den kompletten oder teilweisen Einsturz verursachen könne. Heutzutage würden andere Methoden zum Brückenbau bevorzugt.

Als Teil der überregionalen Verkehrsader Interstate 695 überspannte die Francis Scott Key Bridge den Hafen der Ostküsten-Metropole Baltimore. Homendy sagte, im Schnitt hätten pro Tag mehr als 30 000 Fahrzeuge die Brücke überquert.

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