URTEIL IST GEFALLEN: RADFAHRVERBOT AM MüHLTALBERG VON VERWALTUNGSGERICHT NACH MEHR ALS 30 JAHREN AUFGEHOBEN

seit 1993

Urteil ist gefallen: Radfahrverbot am Mühltalberg von Verwaltungsgericht nach mehr als 30 Jahren aufgehoben

Der Prozess um den Mühltalberg in Straßlach ist in die nächste Instanz gegangen. Das Urteil: Der Verwaltungsgerichtshof hat das Radfahrverbot aufgehoben.

Update, 7. Mai, 11.13 Uhr: Das Urteil ist da. Radfahrer dürfen künftig mit großer Wahrscheinlichkeit den Mühltagberg in Straßlach runterfahren. Seit 1993 hat die Gemeinde genau das verboten, doch der Verwaltungsgerichtshof hat heute das Verbot aufgehoben. Die Urteilsgründe will das Gericht voraussichtlich in den kommenden Wochen erläutern. „Eine Revision wurde nicht zugelassen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtshofs. Doch mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird das Verfahren noch nicht rechtskräftig. Die Gemeinde Straßlach-Dingharting hat die Möglichkeit, innerhalb von einem Monat ab Zustellung der Urteilsgründe Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einzulegen, heißt es in der Pressemitteilung.

Erstmeldung von 6. Mai: Straßlach-Dingharting – Das Hickhack um den Mühltalberg in Straßlach geht in die nächste Runde. Gestern hat sich mit der Frage, ob es rechtmäßig ist, dass die Gemeinde dort schon seit 1993 das Radfahren auf einer Teilstrecke verbietet, das Verwaltungsgericht beschäftigt. Eine Entscheidung wurde noch nicht getroffen. Sie ist heute im Lauf des Nachmittags zu erwarten.

Dabei geht es eigentlich um zweierlei. Einerseits um den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerseite, der deshalb gestellt werden musste, weil Kläger-Anwalt Oliver Schreiber nach schon zugelassener Berufung die Begründung für diese Berufung nicht fristgerecht eingereicht hatte. Zum anderen wurde bei der knapp zweistündigen Verhandlung auch Inhaltliches besprochen; eine Tendenz konnte man dem Ganzen nicht entnehmen, Vorsitzender Richter Klaus Borgmann zeigte sich verständnisvoll nach beiden Seiten.

Berg hat Steigung von 14,8 statt 18 Prozent

Kläger Simon Lutz, ein Münchner Radfahrer, unterstützt vom ADFC, meinte hinterher: „Ich hab ein gutes Gefühl.“ Er lasse aber alles auf sich zukommen.

Derweil meinte der Straßlacher Bürgermeister Hans Sienerth (parteifrei), der mit zwei Kollegen aus der Verwaltung und mit Anwältin Ulrike Pfeiffer erschienen war: „Es ist wie auf hoher See, ich habe keine Ahnung, wo die Reise hingeht.“ Für die Gemeinde, führte er aus in Bezug auf das, was in der Verhandlung gesagt worden war, spiele es keine Rolle, ob auch andernorts steile Berge von Radfahrern befahren werden dürfen. Seine Hoffnung: Dass Richter Borgmann, wie Sienerth herausgehört zu haben glaubt, erkannt habe, dass die Lage der Dinge am Mühltalberg „nicht ohne“ ist.

In der Tat wurden die Verhältnisse dort noch einmal genau untersucht. Eine weitere Ortsbegehung hatte im Vorfeld der Verhandlung stattgefunden. Bei der sich manches ergab. Zum Beispiel, dass die Steigung gar nicht, wie auf einem Schild ausgewiesen, 18 Prozent beträgt. Sondern sich an der steilsten Stelle auf nur 14,8 Prozent beläuft. Und: Die von der Gemeinde ausgewiesene Umfahrung des steilen Stücks, die durch den Wald führt und nicht geteert ist, weshalb kein Rennradler sie annimmt, ist nicht nur 400 Meter länger, wie es immer hieß – sondern knapp zwei Kilometer.

Liegt „qualifizierte Gefahrenlage“ am Berg vor oder nicht?

Ansonsten ging es vor allem darum, ob nun eine „qualifizierte Gefahrenlage“ am Berg vorliegt oder nicht. Ins Feld geführt wurde vom Richter, dass das Bankett neben der nur drei bis fünf Meter breiten Straße teils zehn Zentimeter tiefer liegt: „Das ist heikel.“ Die Lage könne aber von der Gemeinde behoben werden. Sinnvoll wäre vielleicht auch, so eine weitere Anregung von ihm, vor der ersten Linkskurve einen Spiegel anzubringen, um den Gegenverkehr an der Stelle in den Blick zu bekommen.

Thema war auch, wie frequentiert die vermutlich berühmteste Straße der Gemeinde überhaupt ist – und was an Unfällen in dem Bereich, in dem Radeln verboten wurde, bislang passiert ist. An Pfingsten letztes Jahr hat die Gemeinde zuletzt umfangreiche Messungen vorgenommen. Dabei kam heraus, dass sich auf dem Mühltalberg innerhalb von drei Wochen fast 9000 Radler nicht an die Vorgabe gehalten haben, also den ganzen Berg runterfuhren. Teils mit enormer Geschwindigkeit, bis zu 51 Stundenkilometer. Manche Autos rasten mit 76 Sachen den Berg runter.

Richter Borgmann: „Mit Bodenwellen und teilweise Kopfsteinpflaster könnte vielleicht mehr erreicht werden als mit einem Verbot, das nicht beachtet wird.“ Von den vorgeschlagenen Baumaßnahmen war die Gemeinde wenig begeistert. Anwältin Ulrike Pfeifer: „Das kostet den Steuerzahler Millionen.“

Jeder Unfall sei einer zu viel

Zur Sprache kam auch noch, dass sich im strittigen Streckenabschnitt seit 2016 und laut der Unfallkarte des Bayernatlas, so der Richter, „nur“ vier Unfälle ereignet haben. Stürze, die sich nicht genau lokalisieren ließen, sind in der Statistik freilich nicht erfasst. Kläger-Vertreter Oliver Schreiber meinte entsprechend ermuntert: „Dass trotz der Einspurigkeit der Straße nicht mehr passiert ist, spricht für die Harmlosigkeit der Verhältnisse.“

Die Gemeinde hofft nun, dass die von Pfeiffer dargelegte „kumulative Voraussetzung“, die Tatsache also, dass am Problemberg in Straßlach einfach einiges zusammenkommt, die „qualifizierte Gefahrenlage“ vor Ort anerkannt wird. Und letztlich sei, auch das hatte Pfeiffer gesagt, jeder Unfall ein Unfall zuviel.

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