5000 DOLLAR FüR äGYPTISCHEN PASS: ABDO VON DER AWO JETZT MIT AUFENTHALTSERLAUBNIS

Migration

5000 Dollar für ägyptischen Pass: Abdo von der Awo jetzt mit Aufenthaltserlaubnis

Abdo arbeitet in Kierspe und hat jetzt nach langem Kampf eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erhalten. Seine Ausbildung in der Pflege hat jetzt eine neue Zukunft.

Kierspe – Abdos Blick ist nicht nur zuversichtlich, er strahlt sogar. Vor wenigen Monaten war das noch ganz anders: Da erkannte man in seinen Augen deprimierende Leere und Resignation. Der Grund: Er war damals nur geduldet, ständig drohte die Abschiebung in sein Heimatland Ägypten (wir berichteten). Jetzt hat sich die Situation grundlegend verändert: Nun hat er einen Ausweis mit einer Aufenthaltserlaubnis bis zum Mai 2025.

„Abdos Fall ist schon ein besonderer. Häufig kommt so etwas nicht vor“, erklärt Daniela Groß von der Awo. Sie arbeitet im Bereich „Port A³ – Ankommen, Ausbildung und Arbeit für Geflüchtete“. Sie hilft Migranten bei der Arbeitsfindung. Das Projekt wird aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert. Was Abdos Fall so selten mache, sei die Vorgehensweise der Behörde gewesen. 2022 sei der Ägypter ganz überraschend verhaftet worden, und das kurz nach Beginn der einjährigen Ausbildung zum Pflegekraftassistenten, die Qualifikation für eine dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft in der Seniorenresidenz. „Abdo war dabei, sich zu integrieren. Er wurde ohne Vorwarnung von der Ausländerbehörde eingeladen. Und dann plötzlich von mehreren Polizeibeamten verhaftet und abgeführt“, sagt Groß.

Abdo war dabei, sich zu integrieren. Er wurde ohne Vorwarnung von der Ausländerbehörde eingeladen. Und dann plötzlich von mehreren Polizeibeamten verhaftet und abgeführt.

Daniela Groß von der Awo

Dass mit jemandem, der arbeitet und die deutsche Sprache schon ganz gut spreche, so umgegangen werde, komme nicht oft vor. So sei er dann in Abschiebehaft geraten. Der Grund für die Festnahme, so habe es die Ausländerbehörde dem 32-Jährigen mitgeteilt, dass er nicht ordentlich mitgewirkt habe bei der Auskunft über seine Veränderung in Sachen Jobentwicklung. Selten sei auch, dass Migranten wie Abdo immer noch in der Flüchtlingsunterkunft wohnten, weil er ja schon weit in der Integration sei. Das sagt auch Abdo, der zurzeit in einer Einrichtung in Hückeswagen wohnt: „Ich bin der Einzige unter den Bewohnern, der so gut deutsch spricht und auch einen festen Arbeitsplatz hat.“

Was nach der kurzen Haft folgte, war eine sechsmonatige Tortur durch unterschiedlichste Asylbewerberheime in ganz Deutschland. Abdos Verhaftung sei total überraschend gewesen, alle waren entsetzt, weil alles so gut in der Integration gelaufen sei, erinnert sich auch Michael Borchert, Leiter der Awo-Einrichtung am Haunerbusch in Kierspe. Er sei ein junger Mann, der sich alle Mühe mache, zu arbeiten und sich zu integrieren. Dass aus der Duldung jetzt eine einjährige Aufenthaltserlaubnis geworden ist, freut auch Borchert. „Es gibt jetzt mehr Planungssicherheit für Abdos Arbeitsstelle.“

Abdo setzt nun seine Ausbildung fort, die zurzeit in der Branche selten ist: Zur Assistenzkraft in der Pflege, „diese Assistenzkräfte gab es früher öfter, dann wurde die Ausbildung eingestellt. Bis jetzt, weil wieder Bedarf ist“, erklärt er. Abdo mache also eine Ausbildung in einem Bereich, bei dem die Nachfrage derzeit groß sei, fügt Borchert hinzu, der auf die Zusammenarbeit mit Migranten setzt. Seine Auszubildenden stammen aus 19 verschiedenen Ländern. Geduldete Migranten seien deshalb keine Seltenheit bei ihm im Awo-Team. „Es gibt viele wie Abdo, die während der Ausbildung die ganze Zeit hoffen und bangen, nicht vor Beendigung der Ausbildung noch abgeschoben zu werden“, erklärt Borchert.

„Wir in der Pflege brauchen die Zuwanderung, um Stellen zu besetzen und Fachkräfte auszubilden“, erklärt Michael Borchert. Rund fünf Menschen mit dem Status geduldet arbeiteten derzeit für die Awo. Leute wie Abdo, so Borchert, seien goldwert in der Pflege. Abdo integriere sich vorbildlich, lerne die deutsche Sprache und engagiere sich sehr bei der Arbeit mit alten Menschen.

Awo braucht dringend Pflegekräfte

So dringend braucht Borchert Mitarbeiter, dass er sogar schon nach Serbien geflogen ist oder mit Menschen aus Vietnam Online-Vorstellungsgespräche abhält, um neue Arbeitskräfte zu rekrutieren. „Es ist leichter, direkt Menschen in ihrem Heimatland zu rekrutieren als Ausländer, die schon in Deutschland sind“, weiß Borchert. Schwer vorstellbar für den Awo-Mitarbeiter, dass man künftig immer ins Ausland reisen müsse, um Arbeitskräfte zu rekrutieren, während hier viele arbeitslose Migranten lebten.

Abdos Probleme begannen vor gut sechs Jahren mit der Scheidung. In seiner Heimat bei Hurghada hatte er seine spätere Ehefrau aus Kierspe kennengelernt. Abdo kam mit ihr nach Deutschland, es folgten Eheschließung und das Leben in einer gemeinsamen Wohnung. Er war noch nicht lange genug verheiratet, um im Falle einer Trennung nicht mehr den Status „geduldet“ zu führen. Drei Jahre Ehe hätten es sein müssen. Damals arbeitete er im Supermarkt, der Job sagte ihm aber nicht zu, „ich wollte einen Job machen, bei dem ich Menschen helfen kann“, sagt er heute.

Lichtblick in seiner damaligen Situation war das Ehepaar Dagmar Saal-Dietrich und Ehemann Ulf Dietrich, die ihm bei der Integration halfen und beim Deutschlernen und der Jobsuche unterstützten. So kam auch der Kontakt zu Einrichtungsleiter Michael Borchert zustande.

5000 Dollar für Pass

Nach Ägypten will Abdo aber vorerst nicht mehr reisen, obwohl er dort noch Familie hat. Diese würde er zwar gerne wieder mal besuchen und normalerweise muss er sich dort seinen ägyptischen Pass abholen, „die wollen dort plötzlich 5000 Dollar für einen Ausweis von mir“, sagt er. Zudem würden sie ihn festhalten, damit er seinen Wehrdienst ableistet. In Abdos Augen ist jetzt Optimismus. Er will sich in Deutschland eine Zukunft aufbauen, mit Familie und allem anderen, was noch dazu gehört. Wie auch der deutsche Führerschein, den er unbedingt machen möchte. Zurzeit kommt er von Hückeswagen mit dem Bus nach Kierspe. „Das ist schon manchmal sehr umständlich und dauert lange. Aber man gewöhnt sich auch dran“, sagt er. Ein Auto jedoch wäre schon ungemein hilfreich, „dafür spare ich schon“.

Unterstützung bei allem bekommt er, das weiß Abdo. „Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich unterstützt haben. Ohne sie säße ich jetzt nicht hier“, sagt Abdo. Und einer seiner Freunde und Helfer ergänzt: „Wir kämpfen jetzt bis zum bitteren Ende, bis er einen deutschen Pass hat und für immer in Deutschland bleiben darf“, erklärt Ulf Dietrich.

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