AUF FRAGEN ZUM WOHNUNGSMARKT ANTWORTET STRACK-ZIMMERMANN MIT LANDWIRTSCHAFT

Erstmals sind die Spitzenkandidaten zur Europawahl bei einer Debatte aufeinandergetroffen. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen schloss dabei eine Kooperation mit den Rechtskonservativen nicht aus, FDP-Politikerin Strack-Zimmermann kam ins Rudern.

Bei einer Wahlkampfdebatte am Montag im niederländischen Maastricht sind die acht EU-weiten Spitzenkandidaten erstmals aufeinandergetroffen. Darunter waren die amtierende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die derzeitige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag ist Kandidatin der FDP und der europäischen Partei ALDE.

Strack-Zimmermann ist in Deutschland für ihre Streitlust bekannt: Mit rhetorischen Angriffen etwa auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist sie ein viel gebuchter Talkshow-Gast. Mit ihren Forderungen nach mehr Waffenlieferungen für die Ukraine zählt die 66-Jährige zu den Liberalen, die neben Parteichef Christian Lindner ein eigenes Profil entwickeln konnten. Bei der Live-Debatte schien die Bundestagsabgeordnete jedoch Mühe mit Themen abseits der Verteidigungspolitik zu haben.

Auf die Frage, wie man Länder zur Umsetzung von Klimamaßnahmen bringt, antwortete Strack-Zimmermann bei der unter anderem vom Nachrichtenmagazin „Politico“ organisierten Veranstaltung: „Ich bin Sicherheitspolitikerin und weiß, dass wir ein EU-Mandat in der Sahelzone haben.“ Daran könne man sehen, dass „wenn wir nichts ändern, überall auf der Welt Krieg haben“.

Auf eine Frage zum Thema Wohnungsmarkt und Immobilienspekulation ging die FDP-Spitzenkandidatin nicht ein und widmete sich stattdessen den Landwirten. Diese seien nicht unsere „Feinde“, wenn es um den Klimawandel gehe, sondern müssten etwa durch einen Abbau von Bürokratie unterstützt werden.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe gezeigt, dass Europa zusammenstehen und „eine gemeinsame Verteidigung aufbauen“ müsse. Vor allem im Hinblick auf den ungewissen Ausgang der Präsidentenwahl in den USA müsse die Europäische Union „aufwachen“ und „mehr tun“ sagte Strack-Zimmermann, ohne ihre Forderungen zu konkretisieren.

Nachdem Ungarns Regierungschef Viktor Orbán im vergangenen Jahr Veto gegen die Ukraine-Hilfen und Beitrittsverhandlungen eingelegt hatte, hätte man gesehen „was passiert, wenn ein Land alles blockieren kann“, sagte die FDP-Politikerin. Dieses Prinzip müsse man ändern – „Mehrheit ist Mehrheit“.

Von der Leyen schließt Zusammenarbeit mit Putins „Stellvertretern“ aus

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen (EVP) schloss jegliche Zusammenarbeit mit „Stellvertretern“ von Russlands Präsident Wladimir Putin aus. Putins „Stellvertreter“ versuchten, die EU von innen heraus durch Desinformation und Polarisierung zu „zerstören“, sagte von der Leyen.

Sie wies dabei Kritik vom dänischen Europaabgeordneten Anders Vistisen von der Fraktion Identität und Demokratie (ID), der die AfD angehört, an ihrer Amtszeit zurück. Die Fraktion solle erst einmal vor der eigenen Tür kehren, ehe sie Kritik äußere. Von der Leyen verwies auf Vorwürfe der Verbindungen nach Russland gegen den AfD-Europa-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und den AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron.

Eine Zusammenarbeit mit der ID schloss von der Leyen aus, nicht aber eine Zusammenarbeit mit der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (ECR). „Es hängt sehr stark davon ab, wie sich das Parlament zusammensetzt und wer in welcher Fraktion sitzt“, sagte von der Leyen. In der ECR sind unter anderem die Partei des rechtsextremen französischen Politikers Eric Zemmour und die rechtsextreme spanische Partei Vox.

SPD empört über von der Leyen: „Öffnet die Tür nach Rechtsaußen“

Die SPD kritisierte von der Leyens Offenheit für eine Kooperation mit der rechtskonservativen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) scharf. „Ursula von der Leyen öffnet die Tür nach Rechtsaußen“, sagte die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Europäische Volkspartei (EVP), für die von der Leyen am 9. Juni als Spitzenkandidatin antritt, kündige damit den demokratischen Konsens auf. „Gerade in Zeiten aufsteigenden Rechtsextremismus ist das ein fatales Zeichen.“

In der EKR-Fraktion sind unter anderem die rechte Partei der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni, die Fratelli d‘Italia, und die nationalkonservative polnische Regierungspartei PiS. Barley sagte, die PiS und Fratelli d‘Italia seien autokratische Parteien. „Die Sozialdemokratie hat 160 Jahre Erfahrung im Kampf gegen Extremisten. Mit uns wird es keine Koalition mit Rechtsaußen geben“, versicherte sie.

Die Kandidaten

Neben von der Leyen und Strack-Zimmermann nahmen sechs weitere Spitzenkandidaten an der Debatte teil. Als einer von zwei Spitzenkandidaten der Grünen war der niederländische Europaabgeordnete Bas Eickhout dabei, der im Parlament die Verhandlungen für strengere CO₂-Ziele für Lkw und Busse führte. Er tritt gemeinsam mit der Deutschen Terry Reintke als Doppelspitze an.

Die Sozialdemokraten schicken den weitgehend unbekannten Luxemburger EU-Kommissar Nicolas Schmit in den Wahlkampf. Der 70-Jährige setzte sich in seiner Amtszeit unter anderem für EU-weite Standards für den Mindestlohn und für mehr Rechte für Beschäftigte sogenannter Plattformfirmen wie Uber und Co ein.

Für die Europäische Linkspartei tat ihr Vorsitzender Walter Baier als Spitzenkandidat an. Der Österreicher hatte bislang noch keinen EU-Posten inne.

Der moldauische Politiker Valeriu Ghiletchi geht für die Europäische Christliche Politische Bewegung ins Rennen, die einzige europäische Partei, die sich gezielt für christliche Werte in der Politik einsetzt.

Die 24-jährige Maylis Roßberg, ebenfalls Deutsche, ist Spitzenkandidatin der Europäischen Freien Allianz.

Spitzenkandidat der rechtspopulistischen Fraktion Identität und Demokratie ist der dänische Politiker Anders Vistisen. Im Europäischen Parlament liegt sein Fokus unter anderem auf der Bekämpfung illegaler Migration.

Die Europawahl findet vom 6. bis zum 9. Juni statt. In Deutschland sind die Menschen am 9. Juni aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.

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