UNION DROHT HABECK IN DEBATTE UM ATOMKRAFT-DOKUMENTE MIT KONSEQUENZEN

Die Union fordert von Wirtschaftsminister Robert Habeck, alle Dokumente zum AKW-Aus herauszugeben – ansonsten drohe ein „Nachspiel“ bis hin zu einem Untersuchungsausschuss. Zustimmung kommt von Sahra Wagenknecht. FDP-Politiker Wolfgang Kubicki kündigt eine Aufarbeitung an.

Die Union fordert von Wirtschaftsminister Robert Habeck sofortige Aufklärung über die Umstände der Entscheidung des Atomausstiegs 2023. „Der alte Verdacht erhärtet sich: Beim Kernkraft-Aus wurden Parlament und Bevölkerung belogen“, schrieb der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, auf der Plattform X. „Habeck sollte unverzüglich sämtliche Akten zum Aus der AKW auf den Tisch legen. Ansonsten droht ein Nachspiel.“

In der Union hieß es, schnelle Sondersitzungen von Bundestagsausschüssen könnten nötig sein. Im Gespräch sei eventuell auch ein Untersuchungsausschuss, sollte der Grünen-Politiker die Aufklärung verweigern. Das Wirtschaftsministerium wies die Vorwürfe zurück. Die Darstellung des Magazins „Cicero“ sei „verkürzt und ohne Kontext“, entsprechend seien die daraus gezogenen Schlüsse „nicht zutreffend“, teilte das Ministerium mit.

Auslöser ist, dass das Magazin „Cicero“ die Herausgabe von Akten zum Atomausstieg aus den Jahren 2022 und 2023 erklagt hatte. Laut Akten soll der Eindruck entstehen, als ob Bewertungen innerhalb des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums so geändert wurden, dass ein Ausstieg zwangsläufig erschien – obwohl Experten einen jahrelangen Weiterbetrieb der verbliebenen deutschen Atomkraftwerke sicherheitstechnisch für möglich erklärt hätten. So habe Wirtschaftsminister Robert Habeck laut „Cicero“ die ursprüngliche Version des Experten-Vermerks nicht auf den Tisch bekommen.

2022 hatte die Ampel-Regierung angesichts der Energiekrise entschieden, die letzten drei Atomkraftwerke Mitte April 2023 abzuschalten damit den Betrieb um einige Monate gegenüber dem früher festgelegten Abschaltdatum zu verlängern. Vorausgegangen war ein Streit zwischen Grünen und FDP, den Kanzler Olaf Scholz damit entschärfte, dass er zwar die Abschaltung unterstützte – aber mit dieser Übergangsfrist.

Die oppositionelle Union hatte die Entscheidung kritisiert und angekündigt, dass sie sich im Falle einer Regierungsbeteiligung die Option von Atomkraftwerken offenhalten wolle. CSU-Generalsekretär Martin Huber bezeichnete Habeck als Wirtschaftsminister als nicht mehr tragbar. „Entweder hat er gelogen oder sein eigenes Ideologie-Ministerium nicht im Griff“, sagte er „Focus online“.

Wagenknecht für Untersuchungsausschuss, Kubicki zurückhaltender

Auch Sahra Wagenknecht brachte einen Untersuchungsausschuss zum Atomausstieg in Spiel. Die Parteigründerin und Co-Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „So lange die Vorwürfe, dass der Sicherheit der Energieversorgung aktiv geschadet wurde, nicht ausgeräumt sind, darf auch ein Untersuchungsausschuss kein Tabu sein.“ Sie bekräftigte: „Der Filz in grün geführten Ministerien ist ein schädliches Dickicht, das aufgelöst gehört“.

Zurückhaltender äußerte sich der stellvertretende FDP-Chef Wolfgang Kubicki. „Es wird selbstverständlich jetzt parlamentarische Befragungen geben“, kündigte Kubicki im Gespräch mit WELT TV an. „Wir werden das auch innerhalb der Koalition aufarbeiten.“ Zugleich warnte er vor Alarmismus. Die Vorwürfe seien „gravierend“, ein Medienbericht allein reiche jedoch nicht, „um weitreichende Forderungen zu stellen“, so Kubicki. „Wir müssen zunächst einmal wirklich aufklären.“

Mit Blick auf den Bericht, wonach Habeck eine Einschätzung aus dem Ministerium zum Sinn einer begrenzten Laufzeitverlängerung nicht zu Gesicht bekommen habe, sagte Kubicki: „Ich kann mir schwer vorstellen, dass bei einer solchen kontroversen Debatte in einem Ministerium der Minister davon keine Kenntnis hat. Das würde kein gutes Licht auf die Führung des Hauses werfen.“

In der Berichterstattung gehe es vor allem darum, dass „Unterlagen quasi gefälscht worden sein sollen“, fügte der FDP-Politiker hinzu. „Das wäre in der Tat ein gravierender Vorgang, der große Zweifel an der Integrität staatlicher Einrichtungen beinhalten würde.“ Träfen die Vorwürfen zu, seien Öffentlichkeit und Koalitionspartner getäuscht worden. „Wenn die Menschen daran zweifeln, dass unsere Institutionen lauter und seriös arbeiten, dann gießen wir unglaublich viel Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker und der AfD“, so der FDP-Politiker.

Das Wirtschaftsministerium betonte, Habeck selbst habe im Sommer 2022 zunächst eine Einsatzreserve der AKW vorgeschlagen, letztlich sei dann der Streckbetrieb bis April 2023 gewählt worden. Die Energieversorgung sei gesichert und die Strompreise seien nach der Abschaltung gesunken. Im Ministerium und im Gespräch mit den Kraftwerksbetreibern seien Argumente gehört und abgewogen worden, bis es zu einer Entscheidung gekommen sei.

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