GROßBRITANNIEN: ERSTER ABGELEHNTER ASYLBEWERBER FREIWILLIG NACH RUANDA AUSGEREIST

In wenigen Wochen sollen die ersten Abschiebeflüge nach Ruanda starten. Doch schon jetzt hat Großbritannien einen abgelehnten Asylbewerber in das Land geschickt – per Linienflug und mit 3000 Pfund als Starthilfe.

Großbritannien hat den ersten abgelehnten Asylbewerber im Rahmen eines freiwilligen Programms nach Ruanda abgeschoben. Der namentlich nicht genannte Mann, der aus einem Staat in Afrika stammen soll, sei am Montag mit einem Linienflug aus dem Land geflogen worden, berichteten die Boulevardzeitung »The Sun« und der Sender Sky News am Dienstag. Im Rahmen des freiwilligen Ausreiseprogramms erhält jeder Asylsuchende bis zu 3000 britische Pfund (rund 3500 Euro) als Starthilfe in Ruanda. Es ist für Menschen gedacht, die regulär nach Großbritannien eingereist sind, dort ein Asylverfahren durchlaufen haben und deren Antrag abgelehnt wurde.

DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war - und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.

Migrantinnen und Migranten, die unerlaubt nach Großbritannien eingereist sind, sollen künftig ungeachtet ihrer Herkunft in das ostafrikanische Land abgeschoben werden. Ein entsprechendes Gesetz hatte Premierminister Rishi Sunak vor wenigen Tagen durchs Parlament gebracht. Die Abschiebeflüge nach Ruanda sollen in zehn bis zwölf Wochen beginnen. Kritiker sehen darin einen Bruch internationaler Regeln.

Labourpartei spricht von PR-Aktion im Wahlkampf

Obwohl der nun nach Ruanda gereiste Asylsuchende nicht Teil der Massenabschiebungen ist, ordnet die Boulevardzeitung »Sun« seine Reise als »historischen Moment« ein: Sie zeige, dass es möglich sei, Asylsuchende in einen Drittstaat abzuschieben. Die oppositionelle Labourpartei meint dagegen, es handele sich um eine PR-Aktion im Wahlkampf. »Die Tories sind so verzweifelt, irgendeinen Flug vor den Kommunalwahlen nach Ruanda zu schicken, dass sie nun jemanden bezahlt haben, um dorthin zu fliegen«, sagte die innenpolitische Labour-Sprecherin Yvette Cooper. Bei den Kommunalwahlen in England an diesem Donnerstag droht der Konservativen Partei von Premierminister Rishi Sunak eine herbe Pleite.

Die Zahl der Geflüchteten im Land zu reduzieren, ist eines der zentralen Projekte der britischen Regierung. Das neue Gesetz sieht vor, dass alle nach dem 1. Januar 2022 illegal Eingereisten in das rund 6400 Kilometer entfernte Ruanda geschickt werden. Nach dem neuen Modell werden ihre Asylanträge von der ruandischen Regierung in Kigali geprüft. Sollten sie angenommen werden, bekommen die Geflüchteten ein Aufenthaltsrecht in dem ostafrikanischen Land und können nicht nach Großbritannien zurück.

Offiziellen Statistiken zufolge kamen zwischen Januar 2022 und Juni vergangenen Jahres mehr als 57.000 Menschen in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien – viele auf der Flucht vor Krieg und Armut in ihren Heimatländern in Asien, Afrika und dem Nahen Osten. Organisiert wird die Überfahrt häufig von Schlepperbanden.

Aus dem britischen Innenministerium heißt es, Ruanda habe »im Prinzip« schon zugestimmt, in diesem Jahr 5700 irregulär nach Großbritannien eingewanderte Menschen aufzunehmen. Gesundheitsministerin Victoria Atkins sagte dem Sender Sky News am Dienstag, dass »diese Gruppe Menschen« voraussichtlich bis Ende des Jahres »entfernt« werde. Allerdings kennen die Behörden offenbar die Aufenthaltsorte von mehr als der 3500 der Betroffenen gar nicht. Das berichtet die »Times«. Nach Angaben des Innenministeriums könnten mehr als 2100 Menschen vor ihrem Abflug in Abschiebehaft genommen werden. Die Strafverfolgungsbehörden würden den Rest ausfindig machen, sagte Gesundheitsministerin Atkins: »Sie werden gefunden.«

2024-04-30T23:48:09Z dg43tfdfdgfd