HIER STößT DIE METHODE AFD AN IHRE GRENZEN

Dubiose Verbindungen nach China, eine zweifelhafte Nähe zu Putin und mögliche Deals mit dem Lukaschenko-Regime: Ihre Sympathien für totalitäre Regime bescheren der AfD Negativschlagzeilen. Anders als bei Verfehlungen politischer Gegner hüllen sich die Funktionäre jedoch in Schweigen. Das funktioniert nicht mehr.

Der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete Jörg Dornau, seit 2019 Mitglied des Parlaments, stellt seine Sympathie für Belarus offen zur Schau. „Gerade wir Deutschen haben eine ganz besondere Verantwortung den Völkern der ehemaligen Sowjetunion gegenüber. Einmischungen in innere Angelegenheiten sollten wir uns strikt verkneifen“, sagte Dornau im Juli 2021 im Landtag über Belarus.

Und, im Blick auf Sanktionen gegen den belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko: „Deutschland verpasst eine wirtschaftliche Chance in einem Land, das mitten an der neuen Seidenstraße liegt, quasi als Bindeglied zur eurasischen Wirtschaftsunion mit über 180 Millionen Konsumenten.“ Dass Lukaschenko bei den jüngsten Wahlen 2020 Proteste brutal niederschlagen ließ – Dornau will bei seinen Besuchen vor Ort nichts davon mitbekommen haben.

Derlei Statements (und viele andere Pro-Putin-Statements bei Facebook) von AfD-Politikern wie Dornau gehören mittlerweile zum guten Ton der Partei, aus ihren Überzeugungen machen ihre Mitglieder keinen Hehl, Kritik wird aggressiv gekontert. Die bösen Mainstream-Medien, sie würden die Wahrheit bewusst verschweigen.

Inhaber eines riesigen Landwirtschaftsbetriebs

Doch plötzlich sind Dornau und Jörg Urban, der Fraktions- und Parteichef der Sachsen-AfD, ganz kleinlaut: WELT AM SONNTAG enthüllte im April, dass Dornau Inhaber und Geschäftsführer eines Landwirtschaftsbetriebs in Belarus ist.

Nun fand diese Zeitung heraus: Dornau arbeitet in Belarus mit Yurij Kunitski zusammen, der seit Jahren für den russischen und belarussischen Propaganda-Apparat arbeitet und über den es in Bonitätsauskünften heißt: „Von einer Geschäftsverbindung wird abgeraten.“ Dornau sah nicht davon ab, und mit ihrer gemeinsamen Firma namens Zybulka-Bel erhielt das Duo im März 2021, im Oktober 2021 und zuletzt im Januar 2023 riesige Ländereien. Insgesamt handelt es sich um 1555,4 Hektar. Eine gigantische Fläche.

All das hätte Dornau am liebsten für sich behalten. Seine Tätigkeiten in Belarus meldete er dem Landtag nämlich nicht – genauso wenig wie eine Reise in Lukaschenkos Reich kurz nach seiner Wahl. Wie ist er an die Ländereien gekommen? Was verdient er mit seiner Tätigkeit? Warum arbeitet er mit dem belarussischen Propagandisten Kunitski zusammen? Und vor allem: Warum die Geheimniskrämerei, wenn doch nichts anrüchig oder verboten sein soll?

Zu all dem: kein Sterbenswörtchen. Nicht mal eine Attacke auf die Medien, die – so stellten es jüngst die AfD-Bundeschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla im Blick auf die Affären um die EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron dar – der AfD ja bloß schaden wollen würden.

Die AfD schießt so scharf auf ihre politischen Gegner wie kaum eine andere Partei, wittert Korruption und Selbstbereicherung selbst dort, wo weit und breit nichts Anrüchiges zu entdecken ist. Wenn einer ihrer Landtagsabgeordneten heimliche Deals mit einem Schurkenstaat abwickelt, hüllen sich die AfD-Funktionäre dagegen in Schweigen – und zeigen damit auf eindrückliche Weise, wie die Methode AfD an ihre Grenzen stößt. Denn das Gerieren als Opfer und das Abtauchen ins Ungefähre funktioniert nun nicht mehr.

In den Umfragen hat die AfD nach den vielen Skandalen der letzten Wochen bereits deutlich eingebüßt. Die AfD also eher keine Alternative für Deutschland? Der Fall Dornau zeigt, dass die Zweifel berechtigt sind.

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