IN DER EU GEWINNT EINE BRISANTE IDEE AN UNTERSTüTZUNG

Die EU erhöht das Tempo bei der Umsetzung ihres Asylpakts. Zu den zentralen Hebeln gehören neben schnellen Asylverfahren an den Außengrenzen auch Abschiebungen. Zyperns konservative Regierung prescht nun mit einem Vorschlag vor, der auch in anderen Ländern auf Zustimmung stößt.

Eine brisante Idee nimmt in der EU langsam Fahrt auf: die teilweise Ablehnung von Asylanträgen aus Afghanistan und Syrien und die Abschiebung von Migranten aus diesen Ländern, die sich seit Jahren in der EU aufhalten. Den Anfang sollen dabei straffällig gewordene Personen machen.

Nach Informationen von WELT hatte Zypern diese Idee bereits bei einem Treffen der EU-Innenminister Anfang März vorgestellt. Schon Mitte Mai will die konservative Regierung des Inselstaats zu dem Thema eine Konferenz organisieren, an der zahlreiche hochrangige Vertreter aus mehreren Mitgliedsländern der Union teilnehmen sollen.

Beim Treffen der EU-Innenminister im belgischen Gent am Montag und Dienstag dieser Woche spielt das Thema ebenfalls eine Rolle. Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sagte unmittelbar vor dem Treffen: „Die zentralen Punkte des Asylpakts, vor allem die schnellen Asylverfahren an den EU-Außengrenzen, sollen so rasch wie möglich umgesetzt werden. Zu glaubwürdigen Asylverfahren gehören auch Abschiebungen. Deshalb halte ich den Vorschlag Zyperns für sinnvoll, Abschiebungen in bestimmte Regionen Syriens wieder zu ermöglichen.“

Inwieweit EU-weite Abschiebungen in bestimmte, als sicher geltende Regionen in Syrien und Afghanistan innerhalb der Union konsensfähig sind, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Seit Jahren gibt es in Brüssel Streit darüber, ob ein Herkunftsland als sicher gilt oder nicht.

In der EU-Migrationspolitik hat sich zuletzt allerdings ein Muster herausgebildet, das sich auch in diesem Fall wieder zeigen könnte: Nach anfänglicher Ablehnung einer bestimmten Idee – wie beispielsweise schnellen Asylverfahren an den europäischen Außengrenzen durchzuführen – steigt die Zustimmung langsam und am Ende steht dann ein Konsens, der sich in einer neuen Gesetzeslage widerspiegelt.

Vorbild für einen härteren Kurs gegenüber Migranten aus Syrien ist Dänemark: Seit dem vergangenen Jahr sind Abschiebungen von Syrern in die als sicher geltende syrische Provinz Latakia möglich. Die verbesserte Sicherheitslage in der Provinz erlaube die Entscheidung für eine Abschiebung, urteilte der sogenannte Berufungsausschuss, der in Dänemark in Asylfragen das letzte Wort hat.

Für das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) ist das Grund zur Sorge: Nur weil sich die Lage in dem Bürgerkrieg teilweise beruhige, rechtfertige das nicht die Beendigung des internationalen Schutzes für syrische Geflüchtete. Der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) zufolge sind bisher Dänemark und Ungarn die einzigen EU-Länder, die die Aufenthaltsgenehmigungen von Syrern widerrufen haben.

Deutschland schiebt bisher keine Personen nach Syrien ab. Im vergangenen Jahr wurden lediglich 829 Syrer rückgeführt, allerdings in Drittstaaten außerhalb Syriens. Obwohl die syrische Regierung im Oktober 2023 versichert hatte, sichere Rückkehrbedingungen zu schaffen, warnt das Auswärtige Amt, dass die Sicherheit der Rückkehrer „weiterhin nicht gewährleistet“ sei. In Deutschland leben derzeit rund 800.000 Menschen aus Syrien.

Asylverfahren beschleunigen

Und was ist mit Afghanistan? Im August 2021 nach der Machtübernahme der radikalislamistischen Taliban hat Berlin Abschiebungen in das Land ausgesetzt. Allerdings prüft die Bundesregierung seit dem vergangenen Jahr die Rückführung von Gefährdern und schweren Straftätern nach Afghanistan. In die deutsche Debatte könnte jetzt durch die Initiative der Zyprer Bewegung kommen.

Neben Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan wollen die EU-Innenminister in Gent auch darüber beraten, wie der jüngst beschlossene europäische Asyl- und Migrationspakt umgesetzt werden soll. Die EU-Kommission stellte dabei zwölf Bausteine zur Umsetzung vor. Dazu gehören etwa die schnellen Asylverfahren an der EU-Außengrenze, die Registrierung und Überprüfung von Migranten in einem gemeinsamen System, Maßnahmen zur Rückkehr von illegalen Migranten sowie die Bekämpfung der Schlepperkriminalität und die strategische Partnerschaft mit Drittstaaten.

Der Zeitplan zur Umsetzung des Pakts sieht zahlreiche Zwischenschritte in den kommenden zwei Jahren vor. Die nationalen Umsetzungspläne sollen aber bereits im kommenden Januar vorliegen. Österreichs Innenminister Karner sagte: „Während die Asylbremse in Österreich greift, steht Europa weiter unter Druck. Deshalb sind sich alle einige, dass der Asyl- und Migrationspakt rasch und konsequent umgesetzt werden muss. Dabei ist die EU-Kommission vor allem bei den Verhandlungen mit Drittstaaten gefordert.“

Zu einem glaubwürdigen Asylsystem gehörte es auch, Personen in ihr Heimatland abzuschieben, die keinen Schutz bekommen haben, sagte der Minister: „Das muss insbesondere auch für Syrer wieder gelten.“ Nach Angaben von Teilnehmern sprach sich Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag dafür aus, die neuen strengen Kontrollen und schnellen Verfahren an der Außengrenze in Pilotprojekten schon zeitnah umzusetzen.

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