LITAUEN MAHNT DEUTSCHLAND ZUR EILE

Ukraine-Konflikt

Litauen mahnt Deutschland zur Eile

Präsident Nauseda fordert von Olaf Scholz schnellere Unterstützung durch die Bundeswehr.

Die Delegation des Kanzlers bekommt als Erstes eine Einweisung, wie man den Gehörschutz richtig einsetzt. Denn gleich wird hier auf Litauens größtem Truppenübungsplatz aus vollen Rohren geschossen. Da darf nichts schiefgehen. Also den Propfen vorn mit Daumen und Zeigefinger zusammenkneten, Kopf in Schieflage legen und den Ohrschutz in den Gehörgang drücken – ein Bundeswehrsoldat der 10. Panzerdivision macht vor, wie das geht. Sicher ist sicher.

Wenig später rollt Olaf Scholz gemeinsam mit Litauens Präsident Gitanas Nauseda auf einem Radpanzer vom Typ „Boxer“ an. Die Vorführung eines Gefechts mit scharfer Munition kann beginnen. Es kracht und scheppert, getarnte Fahrzeuge rasen über Sandboden. Die Bundeswehr nimmt in Litauen an der Übung „Grand Quadriga“ teil – sie ist ein deutscher Beitrag zur größten Nato-Übung seit Ende des Kalten Krieges: „Steadfast Defender“.

„Im Ernstfall wird Deutschland jeden Zentimeter des Nato-Territoriums verteidigen“, das macht Scholz auch in Pabrade wieder deutlich. Während er das sagt, kommt die Meldung, dass der russische Präsident Wladimir Putin Atomübungen nahe der ukrainischen Grenze angeordnet habe. Deutschland will in Litauen bis 2027 erstmals außerhalb des eigenen Territoriums eine Brigade aufbauen. Rund 5000 Soldat:innen samt Familien sollen dann hierher kommen – so wie einst die Amerikaner in Deutschland stationiert waren. Ein Vorkommando ist bereits da.

Nauseda sagt, die Brigade werde dringend benötigt. Litauen, Lettland und Estland warnen seit Jahren, dass Russland auch für das Baltikum eine Gefahr sei. Und er versichert für den Aufbau der deutschen Brigade: „Als Gastland sind wir bereit, die bestmöglichen Bedingungen für die deutschen Soldaten zu schaffen.“ Allerdings müsse mit „höherem Tempo“ vorgegangen werden. „Wir können uns den Luxus nichts leisten, auch nur eine Sekunde zu vergeuden“, mahnt er.

Aber schafft die Bundeswehr das, schneller nach Litauen zu kommen? Nachfrage bei Soldaten in Pabrade. „Wir wären in neun Monaten da“, sagt ein Soldat mit höherem Dienstgrad. Er sieht das Problem eher bei Litauen. Das Gastland müsse Kasernen bauen und maßgeblich für Unterbringung, Kita- und Schulplätze sorgen. Das werde man auch in dem Gespräch mit dem Kanzler deutlich machen. Scholz kommt nach der Übung für ein paar Minuten zu einer Gruppe von etwa 20 Soldatinnen und Soldaten.

Scholz sagt Macron ab

Scholz will eine Routine im Austausch mit den baltischen Staaten einkehren lassen. Kurz nach seinem Amtsantritt und vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine hatte er die drei Regierungsspitzen in Berlin erstmals getroffen, danach im Juni des selben Jahres sowie vor einem Jahr in Tallin. Dieses Signal ist ihm so wichtig, dass er eine Einladung von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron ausgeschlagen hat, am Montagabend nach Paris zu kommen, um mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping zu Abend zu essen, der Frankreich sowie die Moskau-nahen Länder Serbien und Ungarn besucht. Scholz war erst vor drei Wochen bei Xi in Peking. Viel Neues hätte er ihm nicht sagen können. In EU-Kreisen wird es jedoch als misslich empfunden, dass der Kanzler die Gelegenheit eines gemeinsamen Auftretens von Europäern bei Xi verstreichen lässt.

In Litauen spricht Scholz von imperialistischem Größenwahn Putins, der einen grausamen Krieg in der Ukraine führe. „Wir werden sie mit allem unterstützen, was uns möglich ist“, verspricht er. Aber er versichert zugleich: „Die Nato wird selber keine Kriegspartei werden.“

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