MEHRHEIT WILL KüRZUNGEN BEIM BüRGERGELD

Wenn es ums Sparen geht, ist sich eine klare Mehrheit der Deutschen einig: Für das von der Ampel eingeführte Bürgergeld soll weniger ausgegeben werden als bisher. Das ergibt der Deutschlandtrend. Und auch in einem anderen Punkt gibt es Rückhalt für Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner.

In den anstehenden Haushaltsverhandlungen der Ampel-Koalition kann sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FPD) bei seinem zentralen Grundsatz auf die Mehrheit der Bürger berufen: Die Schuldenbremse soll bleiben. Im aktuellen Deutschlandtrend von Infratest Dimap im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und WELT stimmen 54 Prozent der Aussage zu, dass die Regelung zur Begrenzung der staatlichen Kreditaufnahme „beizubehalten“ sei. Nur 40 Prozent wollen die Schuldenbremse „lockern“.

Auch bei der Frage, wo gespart werden soll, gibt es eine Mehrheit für eine Position der FDP unter Parteichef Lindner. Dass der Staat für das Bürgergeld „weniger Geld ausgeben“ soll – was die Liberalen verlangen –, fordern in der Ende April durchgeführten Umfrage 56 Prozent. Diese Haltung zu Kürzungen beim Bürgergeld ist besonders bedeutsam, weil sie bei der Frage nach Einsparmöglichkeiten die einzige ist, die eine absolute Mehrheit der 1280 repräsentativ ausgewählten Befragten teilt. Ebenfalls hoch ist der Anteil derer, die weniger Geld für die „Integration von Flüchtlingen“ ausgeben wollen. Dieser Anteil entspricht jedoch mit 47 Prozent weniger als der Hälfte der Befragten.

Viel geringer ausgeprägt ist der Wille, in anderen Sozialbereichen zu kürzen: Mit einem Zustimmungswert von einem Prozent fast nicht vorhanden ist die Bereitschaft, bei der „Pflege alter und kranker Menschen“ zu kürzen. Hierfür wollen 78 Prozent „mehr Geld ausgeben“. Für „Renten und Pensionen“ soll der Staat nach Meinung von nur vier Prozent weniger Mittel aufwenden. Bei der „Unterstützung von Familien und Kindern“ sehen bloß fünf Prozent Sparpotenzial, 55 Prozent aber Mehrbedarf. Das lässt den Rückhalt für Sparideen der FDP etwa im Streit über die Kindergrundsicherungspläne von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) oder über die Rentenkonzepte der SPD sehr klein wirken.

In der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl verbessert sich die FDP zwar um einen Punkt, bleibt aber mit fünf Prozent weiter kippelig. Während sich die Union um einen Punkt auf 31 Prozent verbessert, verharren SPD und Grüne mit jeweils 15 Prozent und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit fünf Prozent bei ihren Vormonatswerten. Auch die AfD stagniert – bei 18 Prozent – und bleibt damit fünf Punkte unter ihrem theoretischen Potenzial. Dieses erhebt Infratest Dimap anhand der Frage, ob die Wahl der AfD für jemanden „grundsätzlich infrage kommen würde“. Das bejahen jetzt 23 Prozent. Im September 2023 waren es 24 Prozent.

Wenig zu beeindrucken scheinen Anhänger dieser Partei die Berichte über mögliche Verwicklungen der AfD-Europawahl-Kandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron in chinesische oder russische Spionageaktivitäten. Fast vier Fünftel der AfD-Anhänger (77 Prozent) finden den Umgang der Öffentlichkeit mit Krah „übertrieben“. Und obwohl sehr vorsichtig gefragt wurde, ob die AfD ihre Nähe zu Russland und China „überdenken“ solle, stimmten dem von den AfD-Anhängern nur 37 Prozent mit Blick auf China zu, lediglich 31 Prozent mit Blick auf Russland. Hingegen liegt in der Gesamtheit der Befragten die Zustimmung zu diesen Fragen bei jeweils 70 Prozent.

Doch trotz der Treue der AfD-Anhänger spricht die Umfrage eher dagegen, dass die Partei bei der Europawahl am 9. Juni im deutschen Parteien-Ranking einen großen Sprung macht. In der separat durchgeführten Sonntagsfrage zur Europawahl liegt die AfD zwar mit 15 Prozent um vier Punkte über ihrem Ergebnis von 2019 – aber um drei Punkte unter ihrem Wert bei der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl. Ein Grund könnte sein, dass die Klientel dieser Partei das Thema Europa nicht sonderlich wichtig ist. 49 Prozent der AfD-Anhänger interessieren sich dafür „sehr stark“ oder „stark“, aber fast genauso viele (48) „weniger“ oder „gar nicht“.

Hingegen überwiegt in den Anhängerschaften aller anderen Parteien mit Ausnahme des BSW das Interesse an Europa und reicht von 56 Prozent bei Unionsanhängern bis zu 72 Prozent bei Bürgern mit Grünen-Präferenz. Denkbar ist daher, dass die AfD bei der Europawahl ein Mobilisierungsproblem haben wird.

Die Umfrage für den Deutschlandtrend zur bundespolitischen Stimmung wurde von Infratest Dimap im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und WELT am 29. und 30. April bei 1280 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten ab 18 Jahren durchgeführt. 768 Gespräche fanden telefonisch statt (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk), 512 Befragungen wurden online durchgeführt.

Die Umfrage für den Deutschlandtrend zur europapolitischen Stimmung wurde von Infratest Dimap im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und WELT ebenfalls am 29. und 30. April bei 1323 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten ab 16 Jahren durchgeführt. Hier wurden 789 Telefongespräche (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk) und 534 Online-Interviews geführt.

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