PROPAGANDA: BEHöRDEN DECKEN RUSSISCHE „EINFLUSSOPERATION“ GEGEN DAS EU-PARLAMENT AUF

Ein in Prag ansässiges Internetportal stand offenbar im Zentrum der Aktion. Tschechien verhängte Sanktionen. Das Bundesinnenministerium sieht auch Deutschland als Ziel russischer Einflussbemühungen.

Durch eine länderübergreifende Zusammenarbeit europäischer Sicherheitsbehörden ist eine russische Operation zur Einflussnahme auf das Europäische Parlament aufgedeckt worden. Entsprechende Medienberichte bestätigte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums dem Handelsblatt. Im Zentrum steht dabei das in Prag ansässige Medienunternehmen Voice of Europe.

Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala erklärte, das Propagandanetzwerk des Kremls habe die Nachrichtenseite Voice of Europe genutzt, um Informationen mit dem Ziel zu verbreiten, dass die Länder der Europäischen Union ihre Hilfe für die Ukraine verringern oder einstellen. Die Betreiber der Internetseite seien auf die nationale Sanktionsliste gesetzt worden. Betroffen ist unter anderen der Oligarch Wiktor Medwedtschuk, der als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt.

Die Zeitung „Denik N“ berichtete unter Berufung auf Geheimdienstkreise, über das Propagandanetzwerk sei bei Besuchen in Prag auch Geld an Politiker aus Deutschland, Frankreich, Polen, Belgien, den Niederlanden und Ungarn gezahlt worden. Ausdrücklich wird auch die AfD genannt, allerdings keine Namen einzelner Politiker. Nach Informationen des Magazins „Der Spiegel“ sollen die Summen entweder bei persönlichen Treffen in Prag bar übergeben oder per Kryptowährung transferiert worden sein.

Das Bundesinnenministerium äußerte sich zu Zahlungen an deutsche Politiker nicht. Die Sprecherin bestätigte nur, dass eine „russische Einflussoperation“ aufgedeckt worden sei. Laut „Spiegel“ sollen an der Enttarnung ein halbes Dutzend europäischer Nachrichtendienste beteiligt gewesen sein.

Auf der Plattform Voice of Europe sind unter anderem Interviews mit dem AfD-Europa-Spitzenkandidaten Maximilian Krah sowie dem auf Listenplatz zwei stehenden AfD-Politiker Petr Bystron zu finden. Krah teilte dem „Spiegel“ mit, er habe Voice of Europe zwei Interviews gegeben, eines davon in Prag. „Geld habe ich dafür selbstverständlich keines bekommen, weder für mich noch für die Partei.“ Bystron reagierte auf Anfragen zunächst nicht, ebenso wenig wie das nun sanktionierte Portal Voice of Europe.

„Russland unterwandert unsere Demokratie“

Der FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle warnte, Russland unterwandere unsere Demokratie. „Parteien und Politiker von Rechtsaußen werden aus Moskau geschmiert“, schrieb Kuhle auf der Plattform X. Mit gezielter Desinformation werde die Gesellschaft „mürbe“ gemacht.

Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz schrieb ebenfalls auf X: „Die russische Regierung finanziert antiwestliche Desinformation, um Demokratien zu schwächen, Vertrauen zu erschüttern und den Rechtsstaat auszuhöhlen.“ Diese Narrative und die der AfD seien „absolut deckungsgleich“.

Ebenfalls von tschechischen Sanktionen betroffen ist der ukrainische Staatsangehörige Artjom Machewskyj. „Das Netzwerk um Machewskyj übt im Auftrag Russlands illegitimen Einfluss auf das Europäische Parlament aus“, erklärte die Sprecherin des Bundesinnenministeriums. „Dazu benutzt es Politikerinnen und Politiker aus mehreren europäischen Ländern und stellt erhebliche Geldmittel zur Verfügung.“

Das Innenministerium sieht den Fall als weiteres Beispiel für die umfangreichen und breit gefächerten Aktivitäten zur Einflussnahme Russlands. Russland habe in den vergangenen Jahren ein komplexes Netzwerk aus entsprechenden Akteuren und Instrumenten aufgebaut, auf das es zurückgreifen könne, sagte die Ministeriumssprecherin.

„Es ist davon auszugehen, dass die Einflussaktivitäten vor allem darauf abzielen, Vertrauen in die Handlungsfähigkeit und Kompetenz europäischer Institutionen zu untergraben und vorhandene Spaltungspotenziale in der Gesellschaft zu vertiefen.“ Auch Deutschland bleibe weiterhin „ein wichtiges Ziel russischer Einflussbemühungen“. Die deutschen Sicherheitsbehörden würden weiter alles unternehmen, um solche Operationen aufzuklären und zu unterbinden.

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