VERBOTENE RüSTUNGSEXPORTE: BAUTEILE FüR PUTINS DROHNEN

Die 54 Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz und gegen die Exportsanktionen der EU, die sich gegen den kriegsführenden russischen Präsidenten Wladimir Putin richten, hat die Bundesanwaltschaft in einer umfangreichen Tabelle zusammengefasst. Beschuldigt werden der 59 Jahre alte Waldemar W. und, wegen Beihilfe in dieser Sache, seine 53 Jahre alte Lebensgefährtin Natalie S.

Über eine Stunde lang listet der Vertreter des Generalbundesanwalts im Stuttgarter Oberlandesgericht detailliert auf, was die beiden Angeklagten nach Russland zur Verwendung in der Rüstungsindustrie geliefert haben sollen: „PIC184 Microcontroller – 1000 Stück, 5000 Euro“ oder „Koaxialverbinder – 4000 Stück, geliefert für 33.680 Euro im Sommer 2023.“ Die Elektronikbauteile landeten am Ende bei einer russischen Firma, die für die russische Armee an der Herstellung der Drohne „Orlan 10“ beteiligt ist.

Der Export elektronischer Bauteile ist ein Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz und gegen die Russland-Embargo-Verordnung 833 der Europäischen Union. „Diese Bauteile unterliegen dem Verkaufs- und Ausfuhrverbot“, sagte der Anklagevertreter. „Der Angeklagte, der in der Nähe Karlsruhes wohnte, beschaffte sich die Teile über sein Unternehmen, es waren größtenteils Waren aus amerikanischer Produktion.“ Auch die Vorlieferanten in den Vereinigten Staaten habe der Angeklagte getäuscht; seine Lebensgefährtin Natalie S. habe die Lieferungen nach Russland billigend in Kauf genommen.

Den Gesamtwert der elektronischen Bauteile beziffert die Bundesanwaltschaft auf 875.000 Euro. Unmittelbar vor Beginn des Ukraine-Kriegs habe W. die letzte direkte Lieferung nach Russland auf den Weg gebracht, danach sei die Abwicklung über Drittstaaten organisiert worden – Hongkong etwa oder die Vereinigten Arabischen Emirate. „Der Angeklagte übergab die Ware teilweise persönlich an einen litauischen Kurier, sie wurden dann als Waren nach Kirgistan ausgezeichnet“, sagte der Staatsanwalt.

Der Angeklagte erklärte, er sei gegen den Krieg

Der tatsächliche „Endverwender“ sei die Firma „Spezial Technologie Zentrum“ gewesen. Die Firma sei an der Produktion der Drohne „Orlan 10“ beteiligt. „Diese Drohne“, sagte der Staatsanwalt, „hat für die Vitalität der russischen Angriffe auf die Ukraine eine herausragende Bedeutung.“

Schon am ersten Verhandlungstag am Freitag machten Waldemar W. und Natalie S. Angaben zu ihren Biografien – und auch zu den Tatvorwürfen: Waldemar W. sagte, er habe ein „bewegtes Leben“ hinter sich. Er sei im Nordkaukasus geboren, seine Vorfahren seien „deutschstämmige, protestantische Siedler“ gewesen. Nach dem Studium und dem Militärdienst habe er als Kraftfahrer in der Landwirtschaft gearbeitet. 1990 sei er nach Deutschland gekommen. „Wir waren jung, wir waren für Glasnost“, sagte der Beschuldigte. „Es war aber klar, dass daraus nichts werden würde.“ In Deutschland arbeitete W. im Saarland als Busfahrer. 2010 sei er in die Linkspartei eingetreten, weil diese Partei sich für Völkerverständigung eingesetzt habe.

Bei einem Haftprüfungstermin, sagte Waldemar W., habe er dann einen Fehler gemacht. „Ich habe gesagt, wir werden den Krieg in der Ukraine verlieren.“ Das habe man ihm offenbar als kriegsbejahende Aussage ausgelegt – deshalb sei er dann angeklagt worden. „Ich war aber nicht für den Krieg, ich habe immer für den Frieden gekämpft.“ Warum er dann mutmaßlich Bauteile für Rüstungsgüter nach Russland exportiert hat, erklärte der Angeklagte jedoch nicht.

Seine Lebensgefährtin Natalie S. wurde in Moskau geboren, sie kam 1993 als jüdischer Kontingentflüchtling nach Deutschland. Nach dem Scheitern ihrer Ehe lernte sie Waldemar W. kennen. „Er war sehr charmant. Ich war lange einsam“, sagte sie. Die derzeit an Krebs erkrankte Angeklagte sitzt nicht mehr in Untersuchungshaft. Am ersten Prozesstag wirkte es nicht so, als habe sie die kriegswichtigen Geschäfte ihres Partners bis ins Detail durchschaut.

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