„VIELLEICHT WAR ICH BLAUäUGIG“ – KRAH FORDERT PARTEIAUSSCHLUSS SEINES MITARBEITERS

Der AfD-Politiker Maximilian Krah will seinen festgenommenen langjährigen Mitarbeiter Jian G. aus der Partei werfen lassen. Dessen Kontakte zur chinesischen Botschaft und Opposition seien ihm teilweise bekannt gewesen. Darin sei ihm aber kein Widerspruch aufgefallen.

Nach der Festnahme seines langjährigen engen Mitarbeiters Jian G. fordert der Europa-Spitzenkandidat der AfD, Maximilian Krah, Konsequenzen für dessen Verbleib in der Partei. „G. sollte die AfD umgehend verlassen, schon um weiteren Schaden abzuwenden. Tut er das nicht, ist ein Parteiausschlussverfahren unvermeidlich“, sagte Krah WELT.

Der Generalbundesanwalt hatte G. in der vergangenen Woche festnehmen lassen, da er ihm geheimdienstliche Agententätigkeit für eine fremde Macht in einem besonders schweren Fall vorwirft. Der 43-jährige Deutsche chinesischer Herkunft soll für einen chinesischen Geheimdienst Informationen aus dem Europäischen Parlament beschafft und chinesische Oppositionelle in Deutschland ausspioniert haben. G. sitzt in Untersuchungshaft.

G. wurde nach eigenen Angaben im Jahr 2011 deutscher Staatsbürger, war bis 2015 für einige Jahre SPD-Mitglied und trat um das Jahr 2022 in die AfD ein. Krah und G. kennen sich bereits seit dem Jahr 2014 und waren zweimal zusammen in China, unter anderem beim Internationalen Verbindungsbüro der Kommunistischen Partei Chinas (IDCPC), das die deutschen Sicherheitsbehörden als Geheimdienst einstufen. Krah sagt, er habe sich dort mit „auf Deutschland spezialisierten Diplomaten“ getroffen.

Laut Recherchen von „t-online“ gab Krah im Jahr 2019 außerdem den Anstoß für einen China-Lobbyverein, den G. gründete. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete bereits im September vergangenen Jahres, dass der Verfassungsschutz prüfe, „ob Jian G. oder andere Personen im Dunstkreis des Vereins Neue Seidenstraße möglicherweise im Auftrag Chinas handeln“.

Krah hatte sich nach der Festnahme überrascht gezeigt und dem Mitarbeiter gekündigt. Er selbst habe sich kein Fehlverhalten vorzuwerfen, sagte er in der vergangenen Woche. Die AfD-Parteispitze entschied, an Krah als Spitzenkandidat für die Europawahl im Juni festzuhalten.

„Jian G. hat für mich hauptsächlich aus Brüssel gearbeitet und die Arbeit in den Ausschüssen für internationalen Handel, Verkehr und Tourismus sowie für regionale Entwicklung vorbereitet“, sagte Krah WELT. „Er arbeitete still und effizient. Seit seiner Festnahme hatten wir keinen Kontakt mehr.“ Krah behauptete außerdem, dass die Bundesanwaltschaft „weder G.s Büro im Parlament noch dessen Wohnung in Brüssel durchsuchen lassen“ habe.

Der Europaabgeordnete sagte zudem, dass er von G.s Kontakten zur taiwanesischen Vertretung, in die chinesische Botschaft und die chinesische Opposition gewusst habe. „Allerdings nicht in dem nun bekannten Ausmaß, ein Widerspruch ist mir daher nicht aufgefallen.“

Bereits im April 2023 hatte es Medienberichte über Zweifel an Krahs Mitarbeiter G. gegeben. Das in Budapest ansässige Magazin „The European Conservative“ thematisierte damals Vorwürfe einer „aggressiven Lobbyarbeit für die Kommunistische Partei Chinas“. G. biete AfD-Politikern zudem Reisen nach China an. Krahs AfD-Abgeordnetenkollege Nicolaus Fest sagte der Zeitschrift damals über G.: „Niemand weiß, was er tut, niemand hat Kontakt zu ihm, niemand glaubt ernsthaft, dass er hier ist, um die Ziele der AfD voranzutreiben.“

Krah und G. reagierten kurz darauf im Rechtsaußen-Onlinemagazin „Breitbart“ mit Rassismus-Vorwürfen. G. sei „wegen seines ethnischen Hintergrunds“ ins Visier genommen worden, behauptete Krah damals. „Ich nehme die Vorwürfe gegen Jian nicht ernst.“ G. beteuerte, nicht daran gearbeitet zu haben, „die Ziele der Volksrepublik China zu fördern“. „Ich bin schockiert, dass die Feinde von Dr. Krah offenbar bereit sind, mich aufgrund meiner Hautfarbe als chinesischen Spion darzustellen“, sagte er. „Das ist sehr traurig.“

Die „Bild“-Zeitung hatte am vergangenen Wochenende berichtet, dass G. im Dezember 2007 als Informant des sächsischen Landesamts für Verfassungsschutz eingetragen worden sei. Der Bundesnachrichtendienst habe ihn zuvor abgelehnt. G. soll Hinweise auf Aktivitäten chinesischer Geheimdienste in Deutschland geliefert haben. Aufträge habe man ihm nicht erteilt.

Acht Jahre später sei man sicher gewesen, dass G. für die Chinesen arbeitet und sich nur zum Schein deutschen Diensten als Informant angeboten habe. Laut dem Bericht wurde G. 2015 und 2016 überwacht, der Verdacht habe sich aber nicht erhärten lassen. Seit 2020 soll er erneut überwacht worden sein.

Krah nimmt dies zum Anlass für Kritik an den Verfassungsschützern. „Laut Medienberichten hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz Jian G. bereits seit 2020 systematisch überwacht“, sagte er WELT. „Vielleicht war ich blauäugig, aber die wussten es.“

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