RUSSLAND KüNDIGT ANGRIFFE AN – KIEW MACHT DRUCK AUF GEFLüCHTETE WEHRPFLICHTIGE

Der ukrainische Außenminister erklärt, dass der Auslandsaufenthalt Wehrpflichtiger diese nicht von ihren Pflichten befreie. Russland kündigt derweil verstärkte Angriffe auf die Lagerstätten westlicher Waffen in der Ukraine an. Ein Überblick.

Kurz nach Verabschiedung eines neuen verschärften Mobilisierungsgesetzes hat das ukrainische Außenministerium den Stopp von Konsulardiensten für ins Ausland geflüchtete wehrpflichtige Männer angeordnet. „Wenn diese Leute meinen, dass dort weit weg jemand an der Front kämpft und sein Leben für diesen Staat opfert und ein anderer sitzt im Ausland und erhält dabei Dienstleistungen dieses Staates, so funktioniert das nicht“, schrieb Außenminister Dmytro Kuleba beim Kurznachrichtendienst X. Er habe daher entsprechende Maßnahmen angeordnet, teilte Kuleba mit, ohne Details zu nennen. „Der Aufenthalt im Ausland befreit den Bürger nicht von seinen Pflichten gegenüber dem Vaterland“, unterstrich er. Das sei nur fair.

Vorher war in ukrainischen Medien ein Brief von Kulebas Stellvertreter Andrij Sybiha aufgetaucht, demzufolge ab Dienstag konsularische Dienstleistungen für Männer im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren vorläufig einzustellen sind. Ausnahme ist die Ausstellung von Dokumenten, die für eine Rückkehr in die Ukraine erforderlich sind.

Das neue Gesetz sieht dabei für die Erteilung von konsularischen Diensten die Vorlage eines aktuellen Wehrpasses für diese Männer vor, den diese nur im Land selbst erhalten können. Nach Bekanntwerden des Punktes in dem Gesetz hatten sich vor ukrainischen Konsulaten in den Hauptfluchtländern in der Europäischen Union lange Schlangen von Männern gebildet. Diese wollten vor Inkrafttreten noch neue Pässe beantragen.

Russland kündigt verstärkten Beschuss der Ukraine an

Russland kündigte indes verstärkte Angriffe auf die Lagerstätten westlicher Waffen in der Ukraine an. „Wir werden die Intensität der Schläge gegen logistische Zentren und Lager westlicher Waffen erhöhen“, sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu bei einer Besprechung hochrangiger Militärs am Dienstag. Die russische Armee werde auch Logistikzentren in der Ukraine mehr ins Visier nehmen.

Westliche Militärexperten hatten seit Tagen davor gewarnt, dass Russland das Zeitfenster bis zum Eintreffen der neuen Waffen und Munition für die Ukraine für eine Intensivierung seine Angriffe nutzen könnte.

US-Präsident Joe Biden hatte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zuvor schnelle Unterstützung in Aussicht gestellt. Biden habe am Montag mit seinem Kollegen telefoniert, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses. Selenskyj sagte später in seiner abendlichen Videoansprache, bei dem Gespräch seien Details zur Lieferung neuer reichweitenstarker Raketen vom Typ ATACMS „finalisiert“ worden. Bisher haben die USA ATACMS mit einer gedrosselten Reichweite von 165 Kilometern geliefert. Die Ukraine wünscht sich aber einen Raketentyp mit einer Reichweite von 300 Kilometern, um auch Ziele weit hinter der Front angreifen zu können. Selenskyj machte am Montag keine Angaben dazu, welches Modell ATACMS die USA liefern wollen.

Sobald der Senat das Gesetz verabschiedet und Biden es unterzeichnet habe, werde seine Regierung „schnell neue Sicherheitshilfen bereitstellen, um den dringenden Bedarf der Ukraine auf dem Schlachtfeld und in der Luftverteidigung zu decken“, teilte das Weiße Haus mit. Das US-Repräsentantenhaus hatte am vergangenen Samstag nach monatelangem Stillstand ein Hilfspaket von 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) gebilligt, das auch dringend benötigte Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen Russland enthält. Die nötige Zustimmung des Senats steht noch aus, gilt aber als sicher.

Ukraine bereitet sich auf russische Offensive vor

Die Ukraine warnt vor einer Sommer-Offensive der Russen. „Wir bereiten uns vor. Ja, der Feind wird uns unangenehme Überraschungen bereiten“, erklärt der Kommandeur der Nationalgarde der Ukraine, Olexandr Piwnenko, im Nachrichtenportal Liga.net. „Er wird in Gebieten agieren, in denen wir ihn nicht erwarten.“

Großbritannien verkündet großes Hilfspaket

Eine neue Hilfszusage kam derweil auch aus London: Großbritannien versprach der Ukraine sein bisher größtes Hilfspaket mit Dutzenden Kampfbooten, Hunderten Fahrzeugen, mehr als 1600 Raketen und Millionen Schuss Munition. „Die Verteidigung der Ukraine gegen die brutalen Ambitionen Russlands ist für unsere Sicherheit und für ganz Europa von entscheidender Bedeutung“, sagte der britische Premierminister Rishi Sunak einer Mitteilung zufolge vor einem Besuch in Polen. „Sollte Putin in diesem Angriffskrieg Erfolg haben, wird er nicht vor der polnischen Grenze Halt machen.“ Die Höhe der Militärhilfen wird sich 500 Millionen Pfund (knapp 580 Millionen Euro) betragen.

In der ostukrainischen Großstadt Charkiw wurde der Fernsehturm bei einem russischen Angriff stark beschädigt. Auf Videos in sozialen Netzwerken war am Montag zu sehen, wie die Spitze des 240 Meter hohen Turms in die Tiefe stürzte. Selenskyj forderte vor diesem Hintergrund in seiner Abendansprache erneut mehr internationale Hilfe bei der Luftverteidigung ukrainischer Städte. Er erklärte zudem, dass die Arbeiten zur Wiederherstellung des Fernsehempfangs bereits liefen.

Bei einem russischen Drohnenangriff auf die Schwarzmeer-Hafenstadt Odessa sind nach ukrainischen Angaben mindestens sieben Menschen verletzt worden. Mehrere Wohnhäuser in der Stadt seien beschädigt worden und in Flammen aufgegangen, teilt der Gouverneur der Region, Oleh Kiper, über den Kurznachrichtendienst Telegram mit. Mindestens 14 Wohnungen seien beschädigt worden, ergänzt die Stadtverwaltung.

Auch die Hauptstadt Kiew ist in der Nacht unter Beschuss geraten: Die ukrainische Luftabwehr habe aber alle von Russland auf Kiew abgefeuerten Drohnen zerstört, erklärt der Chef der Kiewer Militärverwaltung, Serhij Popko, auf Telegram. Es gebe keine Berichte über Schäden oder Verletzte. Die ukrainische Marine teilt mit, dass vier russische Drohnen über der südlichen Region Mykolajiw zerstört worden seien. Das Ausmaß des Angriffs auf die Ukraine ist zunächst unklar.

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