VORWüRFE NACH NOTLANDUNG: URAL AIRLINES GIBT WEIZENFELD-AIRBUS ENDGüLTIG AUF

Die A320 von Ural Airlines, die auf einem sibirischen Kornfeld notlandete, wird definitiv nicht mehr abheben. Dafür "fliegen" womöglich bald zwei hochrangige Manager von Ural Airlines: Die Unfallbehörde übt harsche Kritik.

Lange hatte sich das Management von Ural Airlines alle Optionen offengehalten – und sogar ernsthaft erwogen, die auf dem Weizenfeld notgelandete A320 mit dem Kennzeichen RA-73805 vor Ort wieder starten zu lassen und nach Nowosibirsk auszufliegen. Eingehende Inspektionen sollten Aufschluss über die technische Fitness des Flugzeugs geben. Beinahe schien es, als wäre ein Evakuierungsflug tatsächlich machbar. Die weltweite Aufmerksamkeit wäre Ural sicher gewesen.

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Start "unpraktikabel"

Aber am Ende kam es doch, wie es kommen musste: Die RA-73805 wird nie wieder abheben. Stattdessen wird Ural den Airbus an Ort und Stelle abwracken und als Organspender für den Rest der Flotte nutzen. Das machte die Airline jetzt in einem Presse-Statement gegenüber der Zeitung Iswestija offiziell.

Man habe in den vergangenen sieben Monaten "mehrere Möglichkeiten in Betracht gezogen, das Flugzeug vom Feld zu transportieren", gab die Pressesprecherin der Airline, Wera Gasnikowa, zu Protokoll. Dazu seien auch entsprechende Berechnungen erfolgt. Ein angedachter Start vom gefrorenen Boden scheiterte demnach aber an zu geringer Bodendichte. Der Bau einer improvisierten Startbahn in Gestalt aneinander gelegter Betonplatten habe sich – wegen der räumlichen Entfernung zur nächsten Großstadt Nowosibirsk – als "unpraktisch und zu teuer" erwiesen. Nowosibirsk liegt Luftlinie 180 Kilometer vom Ort des Geschehens entfernt.

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Laufende Kosten

Um sich Zeit zu verschaffen, hatte Ural das Feld, auf dem die A320 landete, von der örtlichen Kollektivfarm "Lenin" für ein Jahr gepachtet. Laut der Ural-Sprecherin sind für den Jet seit September 2023 gut 10,5 Millionen Rubel (150.000 Euro) an Kosten angefallen – 1,2 Millionen für die Pacht und 9,3 Millionen für die Bewachung und Umzäunung des Flugzeugs sowie seine technische Instandhaltung. Letzten Endes lohnte sich der Aufwand also wohl eher nicht.

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Manager im Fadenkreuz

Derweil steht dem Management von Ural Airlines in diesem Zusammenhang aber noch weiterer Ärger ins Haus: Die russische Luftfahrtbehörde Rosawiawizija empfahl in ihrem Abschlussbericht zu dem Zwischenfall, veröffentlicht am 4. April, zwei hochrangige Vertreter der Fluggesellschaft zu entlassen. Konkret geht es dabei laut Iswestija um den Flugbetriebsleiter Sergei Glazkow und den Qualitätsdirektor Alexei Fomin.

Die Luftfahrtbehörde kam in ihrer Untersuchung zu dem Schluss, dass die Notlandung der A320 auf zahlreiche Fehler der Besatzung im Vorfeld zurückzuführen sei, die letztlich den Treibstoffmangel und die daraus entstehende Notsituation erst heraufbeschworen hätten. Diese Fehler wiederum seien letztlich den zuständigen Airline-Managern anzulasten. Rosawiawizija mahnt im Bericht "Mängel bei der Gewährleistung der Flugsicherheit, der Organisation der Flugarbeit und der professionellen Ausbildung der Besatzungsmitglieder" an.

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Piloten unter Druck?

So habe es bei Ural Airlines die Empfehlung gegeben, bei technischen Problemen bevorzugt Flughäfen mit entsprechend geschultem Wartungspersonal anzusteuern, um die Bodenzeit des Flugzeugs möglichst zu reduzieren. Diese Vorgabe wiederum sei ursächlich für die Entscheidung der Piloten gewesen, den Anflug auf den eigentlichen Zielflughafen Omsk abzubrechen und stattdessen das 430 Kilometer östlich gelegene Nowosibirsk anzusteuern – obwohl sich die Crew laut Unfallbericht darüber im Klaren war, dass infolge des konstatierten Hydraulikfehlers Fahrwerk und Klappen nicht eingefahren waren und der Kerosinvorrat an Bord dadurch zu schnell zur Neige ging.

Dass es mit dem Sprit knapp werden könnte, war der Crew laut Abschlussbericht durchaus bewusst. Eine genaue Berechnung unter Einbezug der gegebenen Faktoren sei jedoch nicht erfolgt. Laut Befragung für den Unfallbericht befürchteten die Piloten "eine negative Reaktion des Managements", sollten sie sich über die – vor jedem Flug wiederholten – Empfehlungen der Airline hinwegsetzen.

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Kommerz hat Vorrang

Die Flugunfallbehörde kritisierte folgerichtig, dass bei Ural Airlines "die kommerziellen Interessen des Managements Vorrang vor Fragen der Gewährleistung der Flugsicherheit" besäßen. Zugleich weist der Abschlussbericht auf die mangelhafte Pilotenausbildung der Fluggesellschaft hin und konstatiert, der Flugbetrieb bei Ural sei generell "schlecht".

Airline-Pressesprecherin Gasnikowa wollte das in dieser Schärfe nicht stehen lassen. Sie betonte, dass Ural 80 Prozent der Empfehlungen von Rosawiazija bereits umgesetzt habe und nahm auch ihre angezählten Kollegen Glazkow und Fomin in Schutz: "Die Entscheidung über ihre Eignung für ihre Positionen wird vom Vorstand der Fluggesellschaft getroffen", unterstrich Gasnikowa im Pressegespräch mit Iswestija.

2024-04-15T05:23:24Z dg43tfdfdgfd