BVB: STOß VOR DEN KOPF VON KEHL

Kommentar

BVB: Stoß vor den Kopf von Kehl

Die Personalrochaden bei Borussia Dortmund wecken zwangsläufig Begehrlichkeiten bei anderen Klubs - nun soll der HSV Interesse an Sebastian Kehl haben. Ein Kommentar.

Es dürfte wenig überraschen, dass es nicht lange gedauert hat, ehe der Name Sebastian Kehl fällt, wenn im hiesigen Profifußball irgendwo ein Krisenherd ausgemacht worden ist. Gerade ploppen Berichte auf, der Hamburger SV könnte an dem Dortmunder Sportdirektor interessiert sein. Nachdem die Hanseaten auch im sechsten Anlauf den Wiederaufstieg mit aller Wahrscheinlichkeit verpassen werden, wird im Volkspark die Personalie Jonas Boldt diskutiert. Boldt ist klug und realistisch genug, sich über eine solche Debatte nicht zu wundern. Er hat den zuvor latent aufgeregten Klub zwar zur Ruhe gebracht, aber eben nicht zurück ins Oberhaus.

Kehl würde selbstverständlich gar nicht zu einem öffentlichen Thema werden, wenn der ambitionierte 44-Jährige nicht unangenehm in die Woche gestartet wäre. Dass an seiner statt der bisherige Nachwuchschef Lars Ricken in die Geschäftsführung von Borussia Dortmund berufen wird, dass zudem Sven Mislintat als bekanntermaßen selbstbewusster Kaderplaner zurückkehrt, befördert Kehl ab 1. Mai in eine unvorteilhafte Sandwichsituation.

Kehl war schon als Spieler ein pfiffiger Kerl, der atmosphärische Großwetterlagen gut einzuschätzen wusste. Das dürfte er auch jetzt tun, da es sich um ihn herum mutmaßlich frostig anfühlt. Der BVB ließ in seiner Ad-hoc-Meldung über Rickens überraschende Beförderung ausdrücklich wissen, dass der neue Sport-Geschäftsführer im Sommer über eine „mögliche“ Vertragsverlängerung mit seinem Mitarbeiter Kehl verhandeln wird. „Möglich“ klingt verdächtig skeptisch. Die Formulierung ist, ebenso wie die Entscheidung für Ricken an sich, ein Stoß vor den Kopf von Kehl.

Eher, als dass Kehl mit einem neuen Vorgesetzten seine Zukunft am Rand des Borussia-Organigramm ausbaldowert, ist zu vermuten, dass er seinerseits Konsequenzen aus der Personalrochade ziehen wird. Während Mislintat und der durch das Erreichen des Halbfinals in der Champions League gestärkte Trainer Edin Terzic schon in ihrer gemeinsamen Vergangenheit in der zweiten Reihe des Klubs bestens miteinander konnten, verbindet Kehl mit Terzic eher eine Zweckgemeinschaft. Auch mit Berater Matthias Sammer gilt die Beziehung als geschäftsmäßig, derweil Sammer und Ricken, Teamkollegen aus ganz großen Tagen, nicht nur die gemeinsame Geschichte vereint.

Alle Beteiligten werden nun unter Oberaufsicht von Hans-Joachim Watzke sehr genau überprüfen müssen, ob sich unter diesen Umständen eine gedeihliche Zusammenarbeit noch bewerkstelligen lässt. Oder ob es nicht Sinn macht, sich sauber zu trennen. Denn jemand, der sich von seinem Arbeitgeber zurückgesetzt fühlt, dürfte eher nicht der Richtige sein, um im Team zu funktionieren. Natürlich spielen auch persönliche Befindlichkeiten dabei eine hervorgehobene Rolle.

Aki Watzke wird seine Arbeitsplatzbeschreibung zunächst nur um den von Ricken zu übernehmenden Bereich Sport verringern. Für Ende 2025 hat der 64-Jährige seinen Rückzug aus dem operativen Geschäft angekündigt. Auch er traut Kehl offenbar weniger als Ricken zu, einen Koloss wie den BVB sportlich anzuführen. Den Nachwuchs hat Ricken super gemanagt. Aber jetzt steht er unter besonderer Beobachtung des Bosses und der Öffentlichkeit. Wie sich das anfühlt, weiß am besten: Sebastian Kehl.

2024-04-24T13:24:29Z dg43tfdfdgfd