DFB-REGELEXPERTE WAGNER ERKLäRT DEN AUFREGER IN MADRID - UND WO TUCHEL IRRT

Schiedsrichter Szymon Marciniak machte sich bei Bayerns Gastspiel in Madrid eine starke Leistung spät zunichte. DFB-Regelexperte Lutz Wagner ordnet die Szene aus der Nachspielzeit für den kicker ein.

Widerspruch für Ancelotti

Ob Real Madrids Torhüter Andriy Lunin auch dann regungslos geblieben wäre? Ob der personell gebeutelte FC Bayern in einer Verlängerung überhaupt bestanden hätte? All das bleibt spekulativ. Und doch erboste der Pfiff, den Schiedsrichter Szymon Marciniak in der Nachspielzeit des Halbfinal-Rückspiels tätigte, die Münchner nach dem Champions-League-Aus aus gutem Grund.

Der erfahrene Pole hatte bei einem letzten langen Ball in den Real-Strafraum vorschnell abgepfiffen, nachdem sein Linienrichter vorschnell die Fahne gehoben hatte. Dadurch konnte der VAR nicht mehr überprüfen, ob tatsächlich ein Bayern-Spieler im Abseits gestanden hatte, bevor Matthijs de Ligt das vermeintliche 2:2 erzielte.

"Marciniak hätte trotz erhobener Fahne weiterlaufen lassen sollen"

"Bei dieser Abseitsszene handelt es sich nicht um einen Regelverstoß (wie ihn Trainer Thomas Tuchel nannte, Anm. d. Red.). Allerdings gibt es in den Schulungsunterlagen von UEFA und FIFA, die vor allem aus Beispielsszenen mit festgelegter Auslegung bestehen, klare Handlungsvorgaben zum so genannten 'Delay', also dem verzögerten Anzeigen von knappen oder sehr knappen möglichen Abseitssituationen", erklärt DFB-Regelexperte Lutz Wagner, der die Szene am Donnerstag im Gespräch mit dem kicker einordnete.

"Wenn Torgefahr besteht, sich die Szene zentral vor dem Tor abspielt oder ein klarer Zug zum Tor erkennbar ist, soll das Schiedsrichterteam die Szene weiterlaufen lassen, bis die Torgefahr vorüber oder ein Tor gefallen ist. Das VAR-Team kann die Szene bei Torerfolg dann im Nachhinein mit Hilfe der halb-automatischen Abseitstechnologie überprüfen."

Das sei "in dieser Szene leider nicht passiert", so Wagner. "Den ersten Fehler hat der Assistent durch das zu frühe Heben seiner Fahne begangen, den zweiten allerdings Schiedsrichter Marciniak durch seinen Abseitspfiff inmitten der Aktion. Nur sein Pfiff unterbricht das Spiel, er hätte bei Erkennen der Torgefahr trotz erhobener Fahne das Spiel weiterlaufen lassen sollen. Eine vor allem für Bayern bittere Entscheidung; wobei ein Torerfolg als nicht gesichert anzusehen ist, da zumindest Reals Torwart Lunin nach dem klaren Pfiff das Spielen eingestellt hatte. Dennoch war es auch für Marciniak bitter, der die Partie sonst sehr gut geleitet hat."

Wagner widerspricht Ancelotti

Angesichts der wütenden Bayern-Proteste hatte Real-Trainer Carlo Ancelotti nach dem 2:1-Sieg auf ausgleichende Ungerechtigkeit gepocht, weil in der 72. Minute das vermeintliche 1:1 nach Eingriff des VAR aberkannt worden war. Kapitän Nacho hatte Joshua Kimmich in der Entstehung zu Fall gebracht.

Wagner widerspricht Ancelotti deutlich: Der VAR habe Marciniak "zu Recht auf das Foul von Nacho an Kimmich hingewiesen. Der Ball war im Spiel, deshalb war Nachos Greifen und Drücken mit beiden Händen in den Hals- und Gesichtsbereich von Kimmich ein klares Vergehen, das Marciniak nach seinem On-Field-Review zu Recht geahndet hat."

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